»Er ist der Freund eines Arbeitskollegen und Geschäftsführer einer Firma, die Lebensmittelfarben herstellt. Wir sind vorgestern das dritte Mal zusammen beim Lunch gewesen. Und da ich Roger das Mittagessen ausgegeben habe, hat er mich gestern als Wiedergutmachung gefragt, ob ich mit meiner Frau nicht zum Brunch am Sonntag kommen würde.«
»Ich habe auf jeden Fall Lust.«
»Wunderbar.«
***
Diese Woche konnte Amanda an nichts anderes mehr denken, als an den Sonntag. Sie war innerlich nervös und nach außen hin fahrig. Jeff war morgens zum Glück so sehr auf seine Arbeit konzentriert und abends auf gemütliche Fernsehstunden aus, dass er die Anspannung seiner Frau nicht bemerkte.
Immer wieder versuchte Amanda sich mit dem Gedanken zu beruhigen, dass sie am Sonntag nicht den Roger treffen würde, mit dem sie fremdgegangen war. Auch versuchte Amanda, sich auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen, indem sie sich sagte, dass es hunderte, ja vielleicht sogar tausende von Rogers hier in der Umgebung gab.
Trotzdem malte sie sich aus, wie er reagieren würde, wenn er es wäre und sie sich beide gegenüberstünden. Automatisch setzte ihr Herzklopfen ein. Würde er nervös werden? Wo war Jeff zu dem Zeitpunkt? Würde er anhand der Reaktion Rogers erkennen, dass etwas zwischen Roger und seiner Frau gelaufen war? Wie würde dann Jeff reagieren?
Bald war Amanda soweit, dass sie gar keine Lust mehr hatte, zum Brunch zu gehen. »Jeff, würdest du es mir sehr übel nehmen, wenn ich am Sonntag nicht mitkomme?«
Amandas Mann ließ die Zeitung sinken. »Was? Aber wieso das denn?«
Amanda zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, ich kenne diese Leute doch gar nicht und außerdem ...«
»Manda, Darling, wir können da nicht einfach absagen. Beruflich hängt einiges davon ab.«
»Wir wollen ja auch gar nicht absagen. Es geht um mich. Ich möchte nur nicht mitkommen. Du kannst ja gerne fahren.«
»Aber, Liebling, wenn, dann kreuzen wir doch beide gemeinsam auf, ich möchte nicht ohne dich fahren. Wo ist denn das Problem? Nur, weil du die Leute nicht kennst? Ich bitte dich!«
»Tut mir leid, Jeff.«
»Aber, Schätzchen, woher kommt denn dieser plötzliche Sinneswandel? Du kannst nicht einfach wegbleiben. Es ist mir wichtig, dass er uns beide zusammen sieht. Du musst ja nicht mit ihm reden. Das Brunch findet übrigens im Hotel ›Sheraton‹ statt. Da werden wir kaum auffallen. Aber ich werde auffallen, wenn ich meine Frau nicht dabeihabe.«
Amanda schaute auf eine Topfpflanze, die Wasser brauchte. »Na schön, dann komme ich eben mit.«
»Wunderbar!« Strahlend stand Jeff auf und nahm seine Frau in den Arm.
»Jeff, ich möchte dir nur noch mal sagen, wie lieb ich dich habe und wie glücklich du mich in den vergangenen Jahren gemacht hast. Ich werde dich immer lieben, egal, was ist.«
Jeff schob Amanda ein Stückchen von sich ab und blickte ihr prüfend in die Augen. »Manda, was ist das jetzt wieder? Ist etwas vorgefallen?«
»Nein, ich wollte dir zwischendurch einfach sagen, dass ich dich liebe. Findest du das nicht richtig?«
»Doch, schon, aber es hat allerhöchsten Seltenheitswert und das macht mich ein wenig stutzig.«
»Soll ich es nicht mehr sagen?«
»Doch, doch, behalte es bei, es ist schön. So, nun möchte ich mir die News ansehen.«
»Ich gucke mit, man muss schließlich wissen, was um einen herum los ist.« Jeff blickte sie kurz von der Seite an und nahm dann langsamer als sonst die Fernbedienung in die Hand.
***
Das typische, alte Frauenproblem beschäftigte auch Amanda heute Morgen: Was sollte sie nur anziehen? Am Vorabend hatte sie versucht, ein paar Sachen herauszusuchen, doch sie war zu keiner Entscheidung gekommen, und hatte sie somit auf den heutigen Morgen vertagt. Sollte Roger es wirklich sein und sollten beide die Möglichkeit haben, aufeinanderzutreffen, dann wäre es angebracht, ihre schönste Unterwäsche aus dem Schrank zu holen. Oder sollte sie keine tragen?
Vor dem großen Spiegel im Schlafzimmer betrachtete Amanda lange ihren nackten Körper. Dann nahm sie die weiße Spitzenunterwäsche und zog sie an. Sie hob ihre Brüste in die Körbchen und ließ ihre Finger ein wenig länger als nötig auf den Knospen. Langsam, als wenn sie aus dem Schlaf erwachten, richteten sie sich auf und versuchten, sich durch die Spitze zu pressen. Von außen rieb Amanda ihre empfindlichen Warzen und stellte sich vor, es wäre Roger, während sie die Augen schloss. Ein verlangendes Gefühl nach Nähe, Berührung, Genommenwerden und Befreiung setzte ein.
Ihr Herzklopfen ließ nach und sie öffnete die Augen. Auf einmal wusste sie, was sie anziehen sollte. Den langen schwarzen Rock, darüber eine weiße Bluse, die der einer Piratenbraut glich. Ihre langen, braunen Haare ließ sie offen und locker darüber fallen. Die passenden hohen Riemchenschuhe durften nicht fehlen. Zufrieden betrachtete Amanda sich abermals. Ihre Wangen waren durchblutet und schimmerten rosig.
Sie ging ins Bad, um sich zu schminken, wo Jeff gerade aus der Dusche stieg. »Wow, Manda, du siehst ja toll aus!«
»Danke, Darling. Sag mal, wieso hat das Duschen heute so lange gedauert?«
Ihr Mann machte ein Gesicht, als fühlte er sich ertappt. Die schwarzen Haare im Abflusssieb sagten ihr, dass er sich rasiert hatte.
»Weil ich ...«
»Hab ich schon bemerkt.« Mit einem verführerischen Lächeln ging sie auf ihn zu. Sie mochte es, wenn ihr Mann sich für sie rasierte und es nicht zugeben wollte. Auch liebte sie das Gefühl, seinen seidigen Schwanz zu berühren. Mit einem Ruck zog sie ihm das weiße Handtuch von den Lenden.
»Manda, was hast du vor?«
»Wirst du gleich sehen!«, lächelte sie.
***
Nervös stieg Amanda neben ihrem Mann aus dem Auto. Dieses Hotel kam ihr sehr bekannt vor. Hier hatte sie es in Zimmer 217 mit Roger getrieben. Ihrem Mann gegenüber hatte sie ein sehr schlechtes Gewissen und kam sich wie eine Betrügerin vor.
»Alles in Ordnung mit dir, Darling?«, fragte Jeff mit besorgtem Blick.
»Ja, sicher. Ob wir die Ersten sind?«, fragte sie schnell, um von sich abzulenken.
»Das glaube ich weniger, denn wir haben uns um fünfzehn Minuten verspätet. Wahrscheinlich sind wir die Letzten.«
Seite an Seite betrat das Ehepaar die Eingangshalle. Suchend blickte Amanda sich um. Sie gingen an die Rezeption und fragten nach dem Restaurant, wo der Brunch stattfinden sollte. Ein Page wies ihnen per Handzeichen den Weg.
Warme Atmosphäre, leise Musik und ein angenehmer Duft nach gebratenem Frühstücksspeck schlug ihnen entgegen.
Eine Gruppe von gepflegten, gut gekleideten Leuten im mittleren Alter stand beisammen, redete und ließ ab und an einen Lacher hören. Eine Dame begutachtete Jeff. Ein Mann der Gruppe folgte ihrem Blick. War es Eifersucht? Er war ein schlanker, großer, gut aussehender Mann, der Amanda und Jeff zulächelte, und es war Roger – ihr Roger!
Für einen kurzen Augenblick setzte bei Amanda die Atmung aus, sie glaubte, ohnmächtig zu werden und hielt sich an Jeff fest. Dieser tätschelte ihr beruhigend den Arm. Mit ausgestreckter Hand kam Roger ihnen entgegen. »Mein lieber Jeff!«
Als er dicht genug heran war, um Amanda erkennen zu können, stutzte er. Verwundert blickte Jeff ihn an, dann Amanda und wieder zurück. »Was ist? Kennt ihr euch schon?«
»Aber ja! Ja, wir kennen uns«, nickte Roger langsam.
»Ach, wirklich? Woher?«, hakte Jeff nach.
Nachdenklich schüttelte Roger der schweigsamen und geschockten Amanda die Hand. »Tja, wenn ich das nur wüsste, wo