Eine Falle für Null. Джек Марс. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Джек Марс
Издательство: Lukeman Literary Management Ltd
Серия:
Жанр произведения: Шпионские детективы
Год издания: 0
isbn: 9781094310992
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      Ein geheimes CIA-Gefängnis in Marokko. Codename H-6. Bei den meisten unter ihrem Pseudonym bekannt - Hölle-sechs.

      Ein gefangener Iraner ist auf einen leicht geneigten Tisch gefesselt. Über seinem Kopf eine Kapuze. Du drückst ein Handtuch auf sein Gesicht.

      Reid erschauerte, als ein Frösteln ihm über den Rücken jagte. Die Erinnerung war eine, die er schon zuvor hatte. In seinem anderen Leben als CIA Agent Kent Steele, hatte er an gefangenen Terroristen „Verhör-Techniken” durchgeführt, um an Information zu gelangen. So hatte die Agentur sie genannt - Techniken. Dazu gehörte Waterboarding, Daumenschrauben und das Ziehen von Fingernägeln.

      Doch das waren keine Techniken. Es war ganz einfach nur Folter. Gar nicht so anders, wie bei Guy Fawkes im Tower of London.

      Du machst das nicht mehr, erinnerte er sich selbst. Das bist du nicht.

      Er räusperte sich erneut. „Drei Tage lang wurde er, äh, verhört. Dann rückte er schließlich die Namen sechs weiterer Verschwörer heraus und alle wurden zum Tod verurteilt. Der Komplott, das Parlament und King James I vom Untergeschoss aus zu sprengen, wurde vereitelt, und der fünfte November verwandelte sich in einen Tag, an dem man den gescheiterten Mordversuch feiert...”

      Eine Kapuze über seinem Kopf. Ein Handtuch auf seinem Gesicht.

      Wasser gießen. Nicht aufhören. Der Gefangene schlägt so fest um sich, dass er seinen eigenen Arm bricht.

      „Sag mir die Wahrheit!”

      „Professor Lawson?” fragte der braunhaarige Student in der ersten Reihe. Er starrte Reid an - sie alle starrten. Habe ich das gerade laut gesagt? Er dachte, dass dem nicht so sei, doch die Erinnerung war in seinen Kopf vorgedrungen und hatte sich vielleicht sogar bis zu seinem Mund ausgebreitet. Alle Augen waren auf ihn gerichtet, einige Studenten flüsterten zueinander, während er da verlegen stand und sein Gesicht rot wurde.

      Er blickte zum vierten Mal in ebenso vielen Minuten auf seine Uhr.

      „Ähm, Entschuldigung”, kicherte er nervös. „Sieht so aus, als wäre uns für heute die Zeit ausgegangen. Bitte lest über Fawkes und die Hintergründe bezüglich des Schießpulver-Komplotts nach. Am Montag besprechen wir dann den Rest der protestantischen Reformation und beginnen mit dem dreißigjährigen Krieg.”

      Im Hörsaal erklang das Geräusch von Schlurfen und Rascheln, als die Studenten ihre Bücher und Taschen aufsammelten und sich auf den Weg nach draußen machten. Reid rieb sich die Stirn, er spürte, wie Kopfschmerzen sich ankündigten. Das war etwas, das in letzter Zeit immer häufiger vorkam.

      Die Erinnerung des gefolterten Andersdenkenden hing wie ein schwerer Nebel über ihm. Auch das war in letzter Zeit öfter geschehen: wenige neue Erinnerungen kamen zurück, doch jene, an die er sich schon zuvor erinnert hatte, kehrten stärker, instinktiver wieder. Sie erschienen wie ein Déjà-vu, doch er wusste, dass er dort gewesen war. Es war nicht nur ein Gefühl, er hatte all diese Dinge und noch viel mehr wirklich getan.

      „Professor Lawson.” Reid blickte scharf auf wurde von einer jungen, blonden Frau aus seinen Gedanken gerissen, die sich ihm annäherte und dabei eine Tasche über ihre Schulter warf. „Haben Sie heute Abend ein Rendezvous oder so?”

      „Wie bitte?” Reid runzelte die Stirn, fühlte sich von der Frage überrumpelt.

      Die junge Frau lächelte. „Ich bemerkte, dass sie etwa alle dreißig Sekunden auf ihre Uhr starrten. Ich dachte mir, dass sie heute Abend vielleicht eine heiße Verabredung hätten.”

      Reid erzwang ein Lächeln. „Nein, nichts in der Art. Ich, äh, freue mich nur aufs Wochenende.”

      Sie nickte zustimmend. „Ich auch. Genießen Sie’s, Professor.” Sie drehte sich, um den Hörsaal zu verlassen, doch hielt inne, blickte über ihre Schulter und fragte: „Hätten Sie denn mal Lust, irgendwann?”

      „Wie bitte?” fragte er düster.

      „Auf eine Verabredung. Mit mir.”

      Reid blinzelte, war sprachlos. „Ich, äh...”

      „Denken Sie drüber nach.” Sie lächelte erneut und ging hinaus.

      Er stand einen langen Moment da, versuchte zu verarbeiten, was gerade geschehen war. Alle Erinnerungen an Folter oder geheime Gefängnisse, die noch da schwebten, wurden von der unerwarteten Einladung zur Seite geschoben. Er kannte die Studentin ziemlich gut. Sie war mehrmals zu seiner Sprechstunde gekommen, um die Arbeiten für die Vorlesung überprüfen zu lassen. Sie hieß Karen, sie war dreiundzwanzig und eine der Intelligentesten in seiner Vorlesung. Nach der High School hatte sie sich ein paar Jahre Zeit genommen, bevor sie mit der Universität begann und war währenddessen gereist, hauptsächlich durch Europa.

      Fast hätte er sich auf die Stirn geschlagen, als er plötzlich bemerkte, dass er mehr über die junge Frau wusste, als er sollte. Diese Besuche seiner Sprechstunde waren nicht gedacht, um Hilfe für ihre Aufgaben zu bekommen. Sie hatte sich in den Professor verliebt. Und sie war unbestreitbar schön, falls Reid es sich auch nur für einen Augenblick erlaubte, so zu denken - was er für gewöhnlich nicht tat, nicht seit er gelernt hatte, die körperlichen und geistigen Eigenschaften seiner Studenten zu trennen und sich auf ihre Bildung zu konzentrieren.

      Doch diese Studentin, Karen, war sehr attraktiv, blond, mit grünen Augen, schlank, doch athletisch, und...

      „Oh”, sprach er laut in den leeren Hörsaal.

      Sie erinnerte ihn an Maria.

      Vier Wochen waren vergangen, seitdem Reid und seine Mädchen aus Osteuropa zurückgekehrt waren. Zwei Tage später wurde Maria auf einen weiteren Einsatz geschickt, und trotz seiner SMS und Anrufe auf ihr persönliches Handy hatte er seitdem nichts mehr von ihr gehört. Er wunderte sich, wo sie war, ob es ihr gutging... und ob sie immer noch dasselbe für ihn verspürte. Ihre Beziehung zueinander war so komplex geworden, dass es ihm schwerfiel, zu wissen, wo er stand. Eine Freundschaft, die fast romantisch wurde, dann zeitweise durch Misstrauen versauerte und sie letztendlich zu zwei Verbündeten auf der falschen Seite einer Regierungsvertuschung machte.

      Doch jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um darüber nachzudenken, was Maria wohl für ihn fühlte. Er hatte geschworen, zu der Verschwörung zurückzukehren, zu versuchen, mehr über das herauszufinden, was er damals wusste. Doch seitdem er wieder unterrichtete, eine neue Position in der Agentur hatte und sich um seine Mädchen kümmerte, hatte er kaum die Zeit gehabt, darüber nachzudenken.

      Reid seufzte und blickte wieder auf seine Uhr. Vor kurzem hatte er eine teure Smart-Uhr gekauft, die per Bluetooth mit seinem Handy verbunden war. Selbst wenn sein Telefon auf seinem Pult oder in einem anderen Zimmer lag, würde er weiterhin über SMS oder Anrufe benachrichtigt. Ständig darauf zu starren wurde so instinktiv wie Blinzeln. So zwanghaft wie das Jucken, wenn es irgendwo kratzt.

      Er hatte Maya eine Nachricht geschickt, kurz bevor die Vorlesung begann. Normalerweise waren seine SMS scheinbar harmlose Fragen, wie etwa „Auf was hast du zum Abendessen Lust?” oder „Soll ich irgendwas auf dem Heimweg mitbringen?” Doch Maya war nicht dumm, sie wusste, dass er sich um sie sorgte, egal, auf welche Weise er es auch versuchte, zu verstecken. Besonders, weil er fast jede Stunde eine SMS schickte oder sie anrief.

      Er war intelligent genug, um sich dessen bewusst zu sein, was hier geschah. Die Neurose wegen der Sicherheit seiner Mädchen, sein zwanghaftes Überprüfen und die darauffolgende Nervosität, während er auf eine Antwort wartete. Selbst die Stärke und der Einfluss der Flashbacks, die ihm widerfuhren. Egal, ob er bereit war, es zuzugeben oder nicht, alle Zeichen deuteten darauf hin, dass er unter einem Grad von posttraumatischer Belastungsstörung litt, nach den ganzen Qualen, die er durchgemacht hatte.

      Dennoch, seine Herausforderung, das Trauma zu überwinden, wieder zu einem Leben zurückzukehren, das einer Art von Normalität glich, und zu versuchen, die Angst und Sorge über das Geschehene zu besiegen, war nichts im Vergleich zu dem, was seine Töchter gerade durchmachten.