“Sie wohnt in Rhode Island, stimmts?”
"Stimmt.”
“Wells war ein privater Bauunternehmer, oder? Haben wir einen Firmennamen?”
“Ja, aber keinen einfallsreichen. Wells Konstruktion und Design, Sitz in Eastbrook.”
Chloe wollte Rhodes gerade bitten, die Adresse ins Navi einzugeben, aber sie war schon dabei. Dies erinnerte Chloe an Johnsons Kommentar, dass er ihnen den Fall geben wollte, weil er so gut zu ihnen passen würde. Sie nahm an, dass Rhodes und sie eine bessere Einheit bildeten als alle anderen Paare ihres Polizeischul-Jahrgangs. Wenn sie manchmal diese fast hellsichtigen Episoden hatten, konnte man das gut glauben.
Sie kamen kurz vor 11 Uhr bei dem kleinen Büro von Wells Konstruktion und Design an. Das Büro lag in der sogenannten Hauptstraße von Eastbrook, einer Stadt, die, so vermutete Chloe, wohl nur von ihrer Nähe zu Baltimore lebte. Sie war einer dieser Orte, an denen man anhielt, um den Tank aufzufüllen oder um schnell etwas zu essen, bevor man in die große Stadt weiterfuhr.
Chloe parkte den Wagen vor dem Gebäude und sorgte sich, dass die Firma vielleicht wegen des Todes des Eigentümers geschlossen sein könnte. Sie fanden die Tür aber unverschlossen. Das Büro bestand aus einem großen Raum, der durch Trennwände in Arbeitsplätze unterteilt war. Ein großer Schreibtisch in L-Form erlaubte der daran sitzenden Dame, jeden, der durch die Tür kam, sofort zu begrüßen.
Sie schaute gelangweilt auf, als Chloe und Rhodes eintraten und Chloe stellte sich vor, wie merkwürdig es sein musste, ein kleines Unternehmen am Leben zu erhalten, wenn der Namesgeber so brutal ermordet worden war.
„Kann ich Ihnen helfen, meine Damen?”, fragte die Frau.
„Ja, bitte“, entgegnete Chloe. Sie stellte sie beide vor, beide zeigten ihre Ausweise. „Wir beschäftigen uns mit dem Mord an Richard Wells. Er hat keine Familie in der Gegend und es scheint, dass seine Arbeitskollegen ihnen am Nächsten standen.“
„Das stimmt“, bestätigte sie. “Schade eigentlich, man realisiert solche Umstände erst, wenn es zu spät ist, wissen Sie?“
„Können Sie mir sagen, ob die Firma plant, ohne ihn weiter zu machen?“
Die Dame zuckte die Achseln in einer Art, die zeigte, dass ihr die Antwort nicht nur unbekannt, sondern auch egal war. „Wir warten darauf, dass sein Anwalt das klärt. Richard hatte wohl kein Testament, also erbt keiner die Firma. Wir haben drei Arbeiter, die derzeit auf zwei Baustellen arbeiten und versuchen, die Projekte abzuschließen, bevor der juristische Kampf beginnt.“
„Darf ich Sie nach Ihrem Namen fragen?”, fragte Chloe.
„Klar. Ich bin Patty Marsh.”
„Frau Marsh, arbeiten Sie schon lange hier?”
„Seit sechs Jahren.”
„Was war ihr allgemeiner Eindruck von Richard Wells? Nicht als Chef, aber als Mensch?”
„Er arbeitete hart, das steht außer Frage. Aber ich glaube, er war einer dieser Typen, die ihren Höhepunkt in der Schule erreichen und das irgendwie weiter ausleben. Er trank viel, flirtete um sich rum, obwohl er bis vor sechs Monaten verheiratet war. Er war die Art Mann, die es immer schafften, eine Anekdote über seine glorreichen Tage im Schul-Footballteam einzubringen. Eigentlich traurig, aber es machte ihn glücklich.”
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