Sie kannten uns als diejenigen, die ihre Finger in die Mäuler steckten, um eine Uhr, ein Telefon, einen roten Fahrradreflektor herauszuholen, an dem der Hund lutschte wie an einem Hustenbonbon. Sie kannten mich als jemanden, der mit einem Schlauch stinkenden Kot aus Käfigen spritzte, der die metallenen Wände mit Scheuermittel reinigte und die Metallböden mit Trifectant perforierte, jener sirupartigen, gelben chemischen Lösung, die mit dem Dreck zusammen schäumte, und der dann den Zwinger trocken rieb, und die spürbare Verbesserung mochte – wie, wenn man einen Vorgarten mäht oder ein T-Shirt bügelt – und damit seine Unruhe in den Griff bekam.
Sie kannten mich als jemanden, der anfangs noch einem Tiermedizin-Techniker von der guten Nachricht erzählte, dass drei Hunde aus der morgendlichen Liste von zwölfen gerettet worden waren, worauf der Techniker erwiderte, »das kommt ungelegen – ich habe schon zwölf Spritzen vorbereitet«.
Sie kannten uns als diejenigen, die dem anderen Tiermedizin-Techniker vielfach dankten, dem, der abgemahnt wurde, weil er sich geweigert hatte Charlie zu töten, den Pitbull, der weniger als 24 Stunden später von einer Familie adoptiert wurde, die uns dann Bilder ihrer fünfjährigen Tochter schickten, schlafend auf Charlie. Es war eine Geschichte wie aus einem Kinderbuch, oder vielleicht einem deutschen Kinderbuch. Und wir dankten dem Techniker weiterhin, bis er gefeuert wurde, weil er zwei Hunde fälschlicherweise getötet hatte, in deren sechsstelliger ID-Nummer ein Zahlendreher war. Er bemerkte den Fehler nicht, doch ebenso wenig bemerkte es der Zwingerarbeiter, der die falschen Hunde gebracht hatte und seinen Job noch hatte.
Sie kannten uns als diejenigen, die sie großartig fanden mit ihren weit auseinander stehenden Augen und ihren kraftvoll muskulösen Körpern, ihrem Sinn für Humor und ihrem Temperament, mit der Art, wie sie selbst in diesem Haus des Horrors »die ersten, die tanzten, und die letzten, die gingen« waren, mit der Art, wie Ruhe über sie kam, wenn sie ihre Köpfe in unsere Bäuche drückten, wenn sie auf unseren Schößen saßen. Sie kannten uns als diejenigen, deren Begeisterung für sie spürbar war, Rebecca verliebte sich in sie »auf den ersten, den zweiten, den dritten Blick«, Yolanda pflegte sie auch mit ihren gebrochenen Fingern im Gips, Joy und die anderen kamen mit ihrer Fachkenntnis und Wärme. Sie kannten uns als diejenigen, die manchmal einen Chihuahua ausführen mussten – »wie mit einer Ameise spazierengehen«, sagte Laurie – als Abwechslung. Sie kannten uns als diejenigen, die es nicht kümmerte, wenn sie in unseren Kaffee sabberten, die Pappbecher ableckten, wenn wir kurz nicht hinsahen. Sie kannten uns als diejenigen, die ehrenamtlich arbeiteten, für die es eine sinnvoll verbrachte Stunde war, wenn sie einen in Decken gehüllten Hund streichelten, dessen Kopf nicht von unserem Knie wich, und der am nächsten Morgen getötet werden würde.
Sie kannten mich als diejenige, die am wenigsten Fachkenntnis besaß, und deren Fehler von jenen gesehen wurden, die es besser wussten.
Sie kannten mich als eine, die gerne den Ausdruck »die beste Version von« gebrauchte – etwa bei »Behandelt Chanels Räude und ihr werdet die beste Version von ihr sehen« –, aber die den Begriff »Komfortzone« nicht mochte und der Meinung war, dass man sich aus ihr heraus bewegen sollte.
Sie kannten mich als eine, die sich bei kleinen Hunden nicht sicher war, weil sie mit großen Züchtungen aufgewachsen war und wusste, wie man sie lesen musste, doch immer noch ängstlich war bei Presa Canarios, der Molosser-Züchtung der Kanarischen Inseln, mit ihren dunklen Bullaugen und dem blutunterlaufenen Schlafzimmerblick. Ich hatte in San Franscisco gelebt, als zwei von ihnen aus einem schicken Apartmentkomplex ausbrachen und eine Freundin von mir töteten, die gerade nach ihrer Post schaute und ihre Tür nicht schnell genug aufschließen konnte, bevor die Attacke begann.
Sie kannten mich als diejenige, die einen von dieser Sorte »Arschloch« nannte, als er mich umwarf und ich in einen Stahlbolzen fiel, was mir eine blutende Wunde direkt über einem Auge einhandelte. Sie kannten mich als jemanden, der sie über die Rolle aus dickem Schlauch in der vollgestopften Garage laufen ließ, der einmal die Woche von einem der Direktoren im Vorstand benutzt wurde um sein Auto zu waschen, für das die Stadt bezahlte. Er kam nie ins Gebäude hinein.
Sie kannten uns als diejenigen, die einen lebensgroßen Pferdekopf aus Plastik an einen Baum im eingezäunten Dreckshof Hinterhof aufhängten, wo man die Hunde einzeln von der Leine und frei laufen lassen konnte, damit sie erst an dem Pferdekopf schnüffeln konnten, bevor sie ihr Bein gegen ihn erhoben. Sie kannten uns als diejenigen, die Fotos von zwei Wurfgeschwistern eines Pitbullwurfs herumzeigten, die unter den Decken eines Bettes rauften, um näher an die großherzige Frau heranzukommen, die sie beide adoptiert hatte.
Sie kannten uns als diejenigen, die mit ihnen spazieren gingen, mit den »keine Bedenken« und »mild« eingestuften, aber auch mit den »moderat« und sogar als »schwierig« benannten, jedoch nie mit den rot und mit »Achtung« markierten Hunden. Einige der freundlichsten Hunde waren als »moderat« eingestuft, was uns verwunderte, bis wir begriffen hatten, dass der Persönlichkeitstest gemacht wurde, wenn ein Streuner von der Polizei gebracht wurde oder ein Hund von seinem Besitzer eingeliefert wurde, also dann, wenn sie am ängstlichsten waren. »Ängstlich« ist das neue »moderat«. Wie, denkt ihr, wird ein ausgehungerter Hund die Aufgabe »Reserven Bewachen« bewältigen, wenn man versucht, ihm seine Futterschüssel wegzunehmen! Sie kannten mich als diejenige, die nie die »fragwürdigen« Hunde pflegte, weil das bedeutete, dass sie sich in jeder Sekunde gegen Dich wenden konnten, Du konntest nicht absehen, was als Nächstes käme, und einige von uns hatten davon schon außerhalb des Tierheims genug.
Sie kannten mich als diejenige, die Enrique auf dem Kieker hatte, den Zwingerarbeiter, der mich gebeten hatte, einen 75 Kilo schweren Cane Corso auszuführen, und als ich fragte »Ist er nicht ›schwierig‹?«, erklärte er mir, »Nee, er ist ein guter Junge«, aber als ich seine Karte anschaute, stand da nicht nur »schwierig«, sondern auch, dass er wegen Beißens von Menschen vom Ordnungsamt als »Listenhund« eingestuft worden war. Er hatte seinen Besitzer gebissen.
Sie kannten mich als eine, die Enrique verzieh, als er auf dem neu verlegten Boden ausrutschte, während er einen verängstigten Mastiff bändigte, hinfiel und sich die Lunge durchbohrte. Nachdem sie dafür gestimmt hatten, fast Fünfzigtausend Dollar auszugeben, um den Boden der Einrichtung neu zu machen, musste der Vorstand dann weitere Mittel bereitstellen, um ein Team mit Schleifmaschinen anzuheuern, die dann den teuren neuen Boden aufrauen mussten. Die bereitgestellten Mittel wurden aus der Versorgung genommen, und so musste das Zwingerpersonal uns, die Ehrenamtlichen, nach Futter fragen, wenn es zur Neige ging, denn die Hunde zu füttern hatte bei der Vorstandsentscheidung keine Rolle gespielt.
Sie kannten mich als diejenige, die die verängstigte Hundeschnauze einer langschnäuzigen Promenadenmischung im Krankentrakt hielt und »There is a nose in Spanish Harlem« sang, bis sie eingeschlafen war.
Sie kannten mich als diejenige, die sich weigerte, die Vorhängeschlösser an ihren Zwingern zu schließen, die Schlösser waren eine neue Vorschrift, nachdem jemand einen Welpen aus dem Trakt »Kleine Hunde zur Adoption« gestohlen hatte, die garantiert, dass die Hunde bei einem Brand sterben würden.
Sie kannten mich als diejenige, die ihnen dumme Fragen stellte – »Wie bist Du nur so niedlich geworden?« – und die diese Frage dann dümmlich beantwortete, indem sie für den aufgedrehten Hund antwortete, »Ich wurde niedlich geboren und dann nur noch niedlicher«. Sie kannten mich als diejenige, die in Babysprache mit Babys redete, aber mit normaler Stimme über aktuelle Ereignisse mit denjenigen sprach, die diese Art von Diskurs bei Unterhaltungen zu zweit schätzten. Ich erzählte einem ältlichen Pitbull von einem Helden des Zweiten Weltkriegs, der in diesem Jahr mit über 90 in Florida in einem Krankenhaus gestorben war, nachdem er in einer emotionalen Notlage in einem Metallkäfig fixiert worden war, der über seinem Bett angebracht wurde. Der Posey-Käfig war in Osteuropa schon lange verboten, doch irgendwie immer noch in Florida nutzbar. Eingesperrt auf der Fläche seines Bettes, »ist er wie ein