Unter TRUMPISMUS kann man also durchaus auch bösartige und rachsüchtige Charaktereigenschaften eines selfish Superegos subsumieren.
2018 gab es wieder ein »White House Correspondents Dinner«, diesmal ohne die Anwesenheit des amtierenden Präsidenten: »I sort of feel like the press so bad, it’s so fake, it’s so made up« (Donald Trump am 5. April 2018 in einem Gespräch mit WABC Radio). Donald Trump tat gut daran, nicht zu erscheinen. Eingeladen war eine der jüngsten, bissigsten Komödiantinnen der USA, Michelle Wolf. Sie griff mit ihrer unnachahmlichen Quietschstimme alle frontal an und begrüßte erst einmal die versammelte Presse mit »Pussies«. Von Anfang an war klar: Da weiß eine, wovon sie spricht. »Was niemand in diesem Raum zugeben möchte, ist, dass Trump euch allen genutzt hat. Er hat euch geholfen, eure Zeitungen, eure TV-Stationen und Bücher zu verkaufen. Ihr habt dieses Monster erschaffen und profitiert jetzt davon.«
II.Seifenopern und Selfie-Medien
Was Kim Kardashians Hintern mit Donald Trumps Wahlerfolg zu tun hat, wie sich »cogito ergo sum« in ein »in media ergo sum« verwandelt hat und weshalb das Krawallpotenzial bei Sport und Politik so hoch sind. Über den Aufstieg der Supermarken in der Umfragedemokratie. Die Welt als Selfie-Wille und Seifenopern-Vorstellung.
»Putin has become a big hero in Russia with an all time high popularity. Obama, on the other hand, has fallen to his lowest ever numbers. SAD« — Donald J. Trump@realDonaldTrump 22.3.2014
Viele Wege führten zu Donald Trump, aber keiner war so eindrucksvoll wie Kim Kardashians Hintern: Demokratie und Popkultur sind buchstäblich auf den Arsch gekommen. Kim Kardashians Allerwertester und Donald Trumps Frisur spucken Mediengold wie einst der Grimm’sche Goldesel. Kardashians Kehrseite bricht alle Internetrekorde – Trumps Tweets sind ähnlich erfolgreich. Willkommen im Selfie-Zeitalter! »Keeping Up with the Kardashians« gibt es seit 2007 und ist die Reality-TV-Show des »famous for being famous«. Die Soap machte selbst aus der peinlichsten Entblößung Cash, Trumps Reality-TV-Show »The Apprentice« nicht unähnlich. Die mediale Schlacke von schiefgegangenen Botox-Behandlungen, abartig aufgespritzten Lippen, lächerlich großen Silikonbrüsten verweist darauf, wie wichtig es in der multikulturellen Warengesellschaft ist, sich zu jeder Zeit zu zeigen oder sich wie Donald Trump twitternd mitzuteilen. Jede Epoche hat ihre stilbildenden Ikonen: Mit Kim Kardashian zogen Trash und Freakshow in den Pop und die diversen Feuilletons ein – weshalb also nicht auch ins Weiße Haus? Kanye West, Ehemann der omnipräsenten Kardashian und bekannter Rapper, ist folgerichtig ein wichtiger Trump-Unterstützer. Ein Hintern und harter Rap machen zusammen sogar schon Politik: Kim Kardashian erreichte im Juni 2018, zusammen mit anderen It-Girls, die Begnadigung von Cyntoia Brown, einer unschuldig zu lebenslänglich verurteilten Gefangenen. Donald Trump hatte sich persönlich um die Angelegenheit gekümmert.
Eine präsidiale selfish-Demokratie kann eben gleichzeitig vieles und ist unvorhersehbar. Ein Präsidialerlass vermag gleichzeitig Eltern von ihren minderjährigen Kindern trennen und eine Unschuldige aus lebenslanger Haft befreien. Entscheidend ist dabei die Tagesform des Präsidenten und nicht etwa die geltenden Gesetze. Politik ist im TRUMPISMUS nicht Ausdruck von Regeln, sondern von persönlichen Präferenzen. Demokratie verkommt so zum erratischen Prozess.
Diese Art von Selfie-Politik wurde schon von Silvio Berlusconi erfolgreich praktiziert. »Die Welt« titelte kurz nach der Wahl von Donald Trump zum 45. Präsidenten: »Rotzfrech – So erklärt sich das Phänomen TRUMPUSCONI« (10.11.2016). Die Parallelen zwischen Trump und dem ehemaligen italienischen Medienmogul sind offensichtlich: Sie dienen einer einzigen Vision, der von sich selbst. Sie formulieren einfache Lösungen für komplexe Probleme, sind aber Meister darin, es nie zur Probe aufs Exempel kommen zu lassen. Sie sind quasi von Amts wegen unverantwortlich. Beide spielen perfekt auf der Klaviatur der Medien. Die Kombination von Vulgarität, undurchsichtigen Geschäften, Marken- und Selfie-Ideologie ist unschlagbar: Berlusconi kündigte seinen Einzug in die Politik an mit »Ich muss jetzt in die Politik gehen, weil ich keinen Paten mehr habe. Ich muss jetzt mein eigener Pate werden« (zitiert nach Alexander Stille) und gewann die Wahlen. Der Italiener war zwar um vieles geschickter, gewiefter als der Amerikaner, dennoch: Berlusconi gab einen Vorgeschmack aufs politische und mediale Selfie-Zeitalter des 21. Jahrhunderts. Quoten, Frauen wie Puppen und Informationspornografie machten fortan Politiker im demokratischen Medien- und Umfragezirkus. Berlusconi inszenierte TRUMPISMUS avant la lettre: Sex, Lügen und Macht sind seitdem aus dem normalen Politik-, Umfrage- und Mediengeschäft nicht mehr wegzudenken. Es fehlt lediglich die Selbstkritik der Medien und Experten, die unter kritischer Öffentlichkeit vorwiegend eine Re-Skandalisierung von lügenden Politikern verstehen.
»Beim Nachdenken über Berlusconis seltsames Verhältnis zur Faktenwahrheit dämmerte mir, dass die Begegnung mit ihm, mir eine tief reichende anthropologische Diskrepanz vor Augen geführt hatte. Dass für mich