Marc verspürte eine plötzlich aufsteigende Übelkeit. Seine Stiefschwester ließ sich in aller Öffentlichkeit wie eine Hure begrapschen. Er wollte sich abwenden, aber er schaffte es nicht. Sie war schön, ihr Körper so verdammt begehrenswert, die perfekte Mischung aus Engel und Teufel gab sich vor seinen Augen der Lust hin. Er wünschte, seine Hände könnten sie so berühren wie – ein Stöhnen bahnte sich den Weg aus seiner Kehle empor, als Vicky nun selbst auch ihre andere Brust entblößte und den Kopf des Mannes hinüber schob. Ihre Schultern und ihre Brüste lagen bloß und obwohl es in der Nische vergleichsweise dunkel war, so sah Marc doch alles. Ihre Brustwarze war steil und prall vom Saugen, glänzte vom Speichel des Mannes, und Marc fühlte, wie ihn dieser Anblick abstieß und gleichzeitig weiter erregte. Beide Männerhände hielten nun besitzergreifend Vickys wundervolle Brüste, zwirbelten ihre Brustwarzen zwischen zwei Fingern, und sie selbst drückte ihren Kopf mit geschlossenen Augen zurück an die Wand, stöhnte hemmungslos voller Lust, presste seinen Kopf mit einer Hand fester auf ihre Brust, wand sich voller Erregung und verschaffte sich nun mit einer Hand unter ihrem Rock selber zusätzliche Lust.
Marc starrte sie wie paralysiert an. Sie war verdammt aufreizend in ihrer Erregung. Der metallische Geschmack in seinem Mund brachte ihn zur Besinnung. Er hatte sich auf die Lippe gebissen.
Vickys Mund war in einem stummen Aufschrei geöffnet, sie bewegte ihren Unterleib rhythmisch vor und zurück, bäumte sich in ihrem Orgasmus auf – und im nächsten Moment stieß sie den Mann roh von sich und zog den Stoff ihres Kleides wieder über ihre Brüste. Der Mann taumelte zurück, schaute sie fassungslos an, machte dann einen Schritt nach vorn, um Vicky erneut zu umarmen und zu entblößen, aber sie holte aus, gab ihm eine schallende Ohrfeige und stieß ihn heftiger als zuvor zurück.
Abrupt wandte Marc sich ab. Er hatte genug gesehen und er ertrug diesen Anblick nicht eine Sekunde länger. Fluchtartig verließ er die Bar. Sie spielte also mit den Männern. Wie das Spiel weiterging, wollte er nicht wissen. Ob es zu ihrer Strategie gehörte, den Fremden zu reizen, um von ihm mit Gewalt erobert zu werden. Vielleicht mochte sie es härter?
Ihm genügte jedenfalls, was er gesehen hatte. Es war ekelerregend. Seine Stiefschwester war durch und durch schamlos.
Marc konnte sich kaum entsinnen, welchen Weg er durch die Straßen genommen hatte. Viel zu aufgewühlt und blind vor Wut, unbewusst eine bestimmte Richtung einzuschlagen, stand er doch plötzlich vor dem richtigen Haus. Ungeduldig fischte er den Hausschlüssel aus der Innentasche seines Jackets und riss sich im Fahrstuhl die Krawatte herunter.
Er zwang sich, die Jacke ordentlich auf einen Bügel zu hängen, obwohl er am liebsten einfach alles von sich geworfen hätte. Aber er wusste, dass er sich am Morgen über die Unordnung ärgern würde. Zuletzt nahm er das Mobiltelefon aus der Jackentasche, schaltete es ein und legte es auf den Nachttisch.
Im Badezimmerschrank suchte er erfolglos nach einer Kopfschmerztablette und entschloss sich kurzfristig zu einer Dusche. Das Wasser schoss in kaltem Strahl auf ihn herab, bis er es nicht mehr ertrug. Er brauste sich warm ab, dann setzte er sich im Pyjama vor den Fernseher. Was er jetzt brauchte, war Ablenkung. Vickys Bild schien vor seinem inneren Auge wie eingebrannt. Ihre vollen nackten Brüste, ihre prallen Brustwarzen, der enge Stoff um ihre Taille, ihre langen schlanken Beine … es war eine Erlösung, als auf einmal das Handy klingelte.
»Ja?«
»Na endlich nimmst du mal ab, Marco – natürlich wollten sie mir am Telefon nicht allzu viel sagen, aber ich habe gleich heute einen Termin erhalten und bin hingefahren.«
»Wovon sprichst du, Antonio? Weißt du eigentlich, wie spät es ist?«
Antonio überging Marcs vorwurfsvollen Unterton. »Na – das Heiratsinstitut. Ich habe dort angerufen, nachdem du den Verdacht geäußert hast, sie könnten illegalen Mädchenhandel mit Asiatinnen betreiben. Aber es ist alles in Ordnung. Stell dir vor …«
Die neuesten Informationen sprudelten in einem ungebremsten Wortschwall aus Antonio heraus und mit jedem Satz wurde Marc hellhöriger. Dieses Heiratsinstitut war in der Tat anders als alle anderen, mit äußerst interessanten Aspekten. Etwas völlig Neues, Ungewohntes, und auf einmal reifte in Marc eine Idee. Das war es! Jetzt wusste er, was er zu tun hatte. Er würde Vicky auf den rechten Weg bringen und ihr den Ehemann verschaffen, den sie verdiente. Ihrem liederlichen Treiben würde er ein Ende bereiten.
Ein zynisches Lächeln spielte um seine Lippen und er fühlte sich mit einem Schlag besser und ruhiger. Seine Kopfschmerzen waren wie weggeblasen. Vicky brauchte eine gehörige Portion Erziehung, damit sie ihrem Künftigen nicht auf der Nase herumtanzte, und er wusste jetzt, wo sie die erhalten würde. Sie würde ihren bisherigen Lebenswandel noch bereuen.
»Das sind hervorragende Nachrichten, mein Freund. Morgen, Antonio, ich komme morgen nach Hause«, war seine Antwort auf Antonios abschließende Frage, ehe er zufrieden auflegte.
Der Verlust der Freiheit
Der Abend war amüsant gewesen, ganz nach Vickys Geschmack. Marc hatte sie nicht wiedergesehen, obwohl sie sich nach ihrer Begegnung vor einer Woche instinktiv immer wieder umgeschaut hatte, ob er sie noch mal heimlich observierte. Amüsiert hatte sie seinen plötzlichen Abgang in der Disco zur Kenntnis genommen und ging erleichtert davon aus, dass er abgereist war. Es war unvorstellbar, wie nahe sie sich einmal gestanden hatten. Jetzt war es ihr lieber, er war fort, weit fort. Für immer und ewig fort aus ihrem Leben. Sie musste ihn endlich vergessen, auch wenn das leichter gesagt als getan war.
Ihre augenblickliche Arbeitslosigkeit gab Vicky mehr Zeit als sonst, die nächtlichen Ausflüge auszudehnen und zu genießen. Schließlich musste sie nicht früh aufstehen, sondern durfte solange schlafen, wie sie wollte. Sie hatte ein paar Absagen erhalten, die sie aber gelassen hinnahm, da weitere Bewerbungen unterwegs waren und die Aussicht bestand, zum nächsten Ersten bei einer Airline als Stewardess engagiert zu werden. Sicher war es zwar noch nicht, aber ihr ungebrochener Optimismus hatte sich bislang immer bewährt.
Sie genoss den ausgedehnten Schönheitsschlaf, ein ausgiebiges Bad, das Eincremen und Pflegen ihres Körpers, ihre Nägel zu maniküren und in den Tag hinein zu träumen. Jedenfalls galt es, die freie Zeit bis dahin zu nutzen, hauptsächlich damit, des Abends Männer zu verführen und zu demütigen. Wie eingebildet die meisten doch waren! Sobald eine hübsche Frau auf ihre Flirtversuche einging, glaubten sie, sie würden von ihr angehimmelt und wären die Götter auf Erden. Vickys Mund nahm einen verächtlichen Zug an. Sie zeigte ihnen, dass sie allesamt Trottel waren. Es war ihre persönliche Rache …
Und dann war plötzlich alles anders. Die Demütigung begann bereits kurz nach Vickys Ankunft. Mehr als einmal hatte sie das Gefühl, ihr Herz müsse jeden Moment vor Angst und Schamgefühl aussetzen und sie ohnmächtig zu Boden sinken lassen. Aber diese Gnade wurde ihr nicht gewährt. Ihr Kreislauf war viel zu stabil, um zusammenzubrechen.
Es musste sich um eine Verwechslung handeln, was sonst. Wer sollte auf die Idee kommen, sie zu entführen? Zwar berichteten die Medien immer wieder mal, dass Mädchen oder junge Frauen verschleppt wurden, ihr Leben in einem Bordell fristeten oder im Ausland auf Nimmerwiedersehen verschwanden. Nein, ihr Leben war voller Verdrängung unangenehmer Gedanken, sie wollte darüber nicht nachdenken. Allenfalls die Rache eines verschmähten Liebhabers käme in Frage, aber sie traute keinem dieser Männer zu, dass sie eine Entführung inszenieren würden. Niemand kannte ihren vollen Namen oder ihre Adresse. Sie selbst wollte doch nur Spaß haben, das Leben genießen, solange und so intensiv wie nur möglich. Ihr ganzes bisheriges Dasein war leicht und vergnügungsreich gewesen. Warum sollte sich dies jemals ändern? Das Missverständnis würde sich bestimmt bald aufklären lassen.
Wie so oft in letzter Zeit war Vicky ausgegangen, in den Bars herumgebummelt, hatte geflirtet