Mami Staffel 5 – Familienroman. Eva-Marie Horn. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Eva-Marie Horn
Издательство: Bookwire
Серия: Mami Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740920852
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so leer, so dumpf. Wie sollte man damit leben, den Mann verloren zu haben, mit dem man sein Leben verbringen wollte, dessen Kind man erwartete?

      Ihr Frauenarzt machte sich Sorgen um Corinna. Sie hatte immer noch nicht zugenommen, obwohl sie nun schon Ende des dritten Monats war. Er wollte sie krankschreiben, doch Corinna wußte, daß sie ohne die Uni oder ihre Arbeit überhaupt nicht mehr zurechtkommen würde. Sie durfte sich nicht gehenlassen – wenn sie es nicht für sich tat, dann doch zumindest dem Kind zuliebe.

      Als ihre Eltern endlich erfuhren, daß sie ein Kind erwartete, waren sie zuerst entsetzt, doch als sie Corinna dann besuchten und sahen, wie schlecht es ihr ging, änderten sie ihr Verhalten. Ihre Mutter hätte sie am liebsten sofort mitgenommen, um sie zu pflegen und aufzumuntern, doch auch das konnte Corinna nicht. Sie brauchte ihre eigenen vier Wände, in die sie sich bei Bedarf verkriechen konnte und wo niemand sie ständig fragte, wie es ihr ging. Auch Melanie hatte sie verboten, dauernd einfach vor der Tür zu stehen.

      Nachdem Corinna wieder ein scheinbares Gleichgewicht durch Rückzug und Teilnahme am Studium und bei der Arbeit gewonnen hatte, ging es aufwärts. Sie hatte sich sehr verändert. Aus der leicht zu begeisternden, romantischen Corinna war eine nachdenkliche, ruhige Frau geworden, die sich nun genau überlegte, wie es weitergehen sollte. Sie wollte gut für das Kind sorgen können, was bedeutete, daß sie ihr Studium schnellstens zum Abschluß bringen mußte. Das Lernen half ihr auch weiter, denn sie hatte das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun. Melanies Onkel hatte ihr inzwischen eine Festanstellung angeboten, jetzt erst einmal als Apothekenhelferin, dann als Apothekerin. Sie begann, sich nach einer Tagesmutter umzuschauen. Ihre Eltern waren bereit, diese erst einmal zu bezahlen, damit sie ihr Studium auch nach der Geburt des Kindes weiterführen konnte. Allerdings bestanden sie darauf, daß der Vater des Kindes seinen Anteil beitrug. Melanie lag ihr auch ständig damit in den Ohren.

      »Du bist jetzt schon fast im siebten Monat. Du kannst den Kerl nicht ungeschoren lassen. Ruf noch einmal an, damit er seinen Verpflichtungen nachkommt!«

      Corinna wollte nicht mehr mit Bernd sprechen müssen. Sie wollte ihn nie wiedersehen, weil er ihr so weh getan hatte. Aber schließlich half Melanies Argument, daß sie das Geld ja nicht für sich forderte, sondern daß das Baby ein Recht darauf hatte. Sie schrieb einen Brief an Bernd.

      Zwei Wochen später bekam sie einen Anruf von Julia Thomsen.

      »Es tut mir leid, Frau Schmale, aber Bernd hat es abgelehnt, den Brief, den Sie an meine Adresse geschickt haben, anzunehmen. Ich habe ihn hier immer noch liegen.«

      Corinna war dadurch nicht mehr zu erschüttern. Sie hatte Bernds Charakter inzwischen erkannt.

      »Dann muß ich auf rechtlichem Wege versuchen, ihn zur Zahlung für das Kind zu verpflichten. Können Sie mir seine Adresse geben?«

      »Ja, er wohnt noch immer hier in Berlin. Übrigens arbeitet er auch noch für meinen Vater. Sie sehen also, seine Gründe, mir nichts von Ihnen zu erzählen, waren vorgeschoben. Ich habe kein Interesse daran, mich an ihm zu rächen. Inzwischen habe ich einen anderen Freund.«

      »Wie schön für Sie«, entgegnete Corinna gleichgültig.

      Sie wollte das alles nicht hören. Was ging sie diese Frau an?

      Nachdem sie die Adresse notiert hatte, verabschiedete sie sich. Sie schrieb einen weiteren Brief an Bernd, ein letzter Versuch, ohne Anwalt auszukommen. Da sie auch jetzt keine Antwort erhielt, blieb ihr jedoch keine andere Wahl. Bei dem Anwalt erfuhr sie, daß sie erst einmal die Geburt abwarten müsse. Sie ließ die Unterlagen bei ihm.

      Natürlich gab es andere Männer, die sich für Corinna interessierten. Trotz ihrer deutlich sichtbaren Schwangerschaft versuchten Kommilitonen mit ihr zu flirten oder sie einzuladen. Sie lehnte alles ab und verhielt sich damit noch rigider als Melanie, die mit ihrem Kunden auch noch keinen Schritt weitergegangen war.

      Die Geburt rückte immer nä-her. Corinna fühlte sich schwerfällig wie ein gestrandeter Wal. Das Baby bewegte sich so lebhaft, daß sie oft keinen Schlaf fand, weil sie auch nicht wußte, wie sie liegen sollte. Überall drückte und zerrte und schmerzte es in ihrem Rücken. Melanie war immer noch ihre Vertraute und half ihr, so gut das möglich war, indem sie Corinna zuhörte und sie tröstete.

      »Du hast es ja bald geschafft. Dann wird alles besser.«

      »Ich habe mich jetzt für eine Tagesmutter entschieden. Beate Zander hat selbst zwei Kinder. Sie ist sehr nett.«

      »Ist sie verheiratet?«

      »Ja, sie ist Hausfrau, und mein Baby wird das erste sein, das sie zu sich nimmt. Ihr Sohn Jan ist vier und Lorina zwei.«

      »Da hat sie sich ja allerhand vorgenommen.«

      »Du kannst ja mal mitkommen, wenn ich sie besuche. Ich gehe morgen wieder hin.«

      Melanie nickte. Sie machte sich noch immer Sorgen um Corinna, die jetzt so still und ergeben wirkte. Konnte das wirklich so bleiben? Oder war es nur eine Schutzhaltung, die Corinna eingenommen hatte, bevor der große Zusammenbruch kam? Sie rechnete stets damit und fürchtete sich immer mehr, je länger er auf sich warten ließ.

      Beate Zander empfing sie mit einem Kind auf dem Arm und einem an der Hand.

      »Wenn ich die beiden nicht ständig im Auge habe, stellen sie mir das Haus auf den Kopf. Kommt doch herein. Ich habe schon Kaffee gekocht.«

      Ihr Mann war an diesem Sonnabendnachmittag nicht da, er spielte Handball. Melanie fühlte sich sofort wohl in dem leicht chaotischen Haushalt. Hier würde das Baby es guthaben, denn die junge Mutter ließ auch einmal fünfe gerade sein, was bei den wirklich temperamentvollen Kindern gar nicht anders möglich war.

      Jan kletterte Melanie sofort auf den Schoß. Er stellte ihr tausend Fragen auf einmal. Melanie beantwortete sie so gewissenhaft, daß Beate Zander lachen mußte.

      »Glauben Sie bloß nicht, daß Sie ihn jetzt noch loswerden. Er wird an Ihnen kleben wie eine Klette. Nein, Lorina, die Torte kannst du nicht haben. Hier, da ist ein Keks für dich.«

      Lorina wollte keinen Keks, sie patschte energisch in das Tortenstück auf dem Teller ihrer Mutter und leckte dann hingebungsvoll ihre Hand ab.

      »Du kleines Monster! Wir müssen die Hände waschen, bevor du sie an mir abwischst.«

      Auch dazu war es zu spät, Lorina schien die Idee zu gefallen und setzte sie sofort in die Tat um. Beate Zander seufzte und sah Corinna an.

      »Sehen Sie, worauf Sie sich da einlassen, wenn Sie ein Kind bekommen? Aber es macht ja auch Spaß, vor allem, wenn ich sie beim Schlafen betrachte. Da sehen sie aus wie die Engelchen.«

      Corinna lächelte und legte die Hände auf ihren Bauch. Melanie setzte Jan neben sich und überlegte, wie Corinna es wohl schaffen wollte, Studium, Arbeit und Baby unter einen Hut zu bekommen. Ihr erschien das ganz unmöglich.

      »Wie gefällt dir Beate?« wollte Corinna wissen, als sie wieder im Auto saßen.

      »Sehr gut. Sie wird gut für das Baby sorgen.«

      »Ja, ich glaube auch. Sie wird eine gute Mut… Ersatzmutter sein.«

      Melanie zuckte zusammen. Corinnas Stimme klang merkwürdig, und die Art, wie sie geantwortet hatte, gefiel ihr ebensowenig. Was plante Corinna? Was war los mit ihr?

      »Ist alles in Ordnung?«

      Corinna schaute sie mit diesem Blick an, der durch Melanie hindurchzugehen schien und ihr noch mehr Angst machte.

      »Ja, natürlich ist alles in Ordnung. Mir geht es gut.«

      Dabei blieb sie. Melanie glaubte keine Sekunde daran. Sie beschloß, mit Bernd Verbindung aufzunehmen. Corinna behauptete zwar, daß sie nichts mehr von ihm wissen wollte, doch Melanie ahnte, daß sie Bernd trotz seines grausamen Verhaltens noch immer liebte.

      Melanie wunderte sich etwas darüber, daß er sich nicht gemeldet hatte, wenigstens, um Corinna Vorwürfe zu machen. Konnte das vielleicht bedeuten, daß er sich schämte? Auch wenn sie das nicht wirklich glaubte, wollte sie sich überzeugen, um