MÜLLER
Oh.
MUTTER
Sie tanzen wohl gerne?
MÜLLER
Manchmal. Wichtig. Ich behandle gegenwärtig auf Grund intuitiver Beobachtungen das Ketzer- und Hexenwesen mit besonderer Berücksichtigung der Schwangerschaft. Seit frühester Kindheit reizt mich nämlich das Verbrecherische irgendwie. Es dämmert stark. Ilse dreht das Licht an. Mutter starrt ihn an. Es ist sehr interessant. Mutter nickt.
MÜLLER
weicht ihrem Blicke aus, betrachtet seine Schuhspitzen; dann die Lampe.
MUTTER
erhebt sich: Sie müssen mich entschuldigen. Es ist sehr interessant. Doch: wenn Ilse noch essen will bevor Sie tanzen gehen –
MÜLLER
verabschiedet sich: Versteht sich! Dann: in einer guten Stunde hole ich Fräulein Ilse ab. Gnädigste!
ILSE
begleitet ihn ins Vorzimmer; schließt die Türe. Mutter allein; denkt nach, nickt, murmelt; setzt sich.
MUTTER KLAMUSCHKE
ist schwanger im siebenten Monat; tritt von linksher ein; leise: Ist er fort?
MUTTER
erhebt sich wie geweckt: Ja.
MATHILDE
Wo nur Paul so lange bleibt?
MUTTER
Monatsende, Abschluß: das gibt Arbeit. – Hast du die Kartoffeln schon geschält?
MATHILDE
Alle Kartoffeln?! Ilse soll doch auch –
ILSE
ist wieder eingetreten; unterbricht sie: Ich tu schon! Tu schon.
MATHILDE
Aber nichts Richtiges! Bücher lesen und so!
ILSE
Du Kuh!
MUTTER
Schweigt! Der Müller hört das noch ins Treppenhaus! Stille.
ILSE
Ich zieh mich jetzt um.
MATHILDE
Und ich soll die Kartoffeln schälen.
ILSE
Ach, du Aschenbrödel!
MATHILDE
reißt sich die Schürze vom Leibe: Eher verhunger ich!
ILSE
Einmal geht man aus.
MUTTER
Zieh dich nur um. Ilse ab durch die linke Türe.
MATHILDE
Was ist denn dieser Müller für ein Mensch?
MUTTER
Er scheint recht klug zu sein.
MATHILDE
Klüger als Ilse?
MUTTER
ruhig: Sag: kannst du klagen, daß ich mein eigenes Kind besser behandle?
MATHILDE
boshaft: Welches Kind?
MUTTER
starrt sie an: Bist ein schlechter Mensch, Thilde.
MATHILDE
Vielleicht bin ich einer geworden. Gewesen bin ichs nicht. Doch, wenn man sieht – und ständig diese Leichenhausmiene seit das Kind unterwegs –
MUTTER
unterbricht sie: Das ist nicht wahr!
MATHILDE
Doch, das ist wahr. Niemand kennt Rücksicht: muß genau so kochen, räumen, schuften –
MUTTER
Wer übernahm die Führung meines Hauses?
MATHILDE
Nie wollt ich dich verdrängen.
MUTTER
Aber du hast es getan.
MATHILDE
Glaub: auch ich könnt mich beklagen.
MUTTER
Dann nörgle nicht! Sondern tus!
MATHILDE
Nein. Es ist ja zwecklos: er ist den ganzen Tag über in der Bank – und ich hätte die Hölle.
MUTTER
Die haben wir alle.
PAUL KLAMUSCHKE
tritt in Hut und Mantel verstört von rechtsher ein; läßt die Vorzimmertüre offen.
MATHILDE
Endlich! – Was ist dir denn?
PAUL
zur Mutter: leise: Er steht drunten.
MUTTER
Wer? Begreift, verstummt; dann leise: Hast ihn gesprochen?
PAUL
barsch: Nein, das weißt du! – Nur gesehen: unten am Gitter. Schien zu überlegen ob er uns beehren soll.
MATHILDE
Daß er immer wieder kommt!
PAUL
Als hätten wir Geld! Als hätt er uns noch zuwenig bestohlen!
MATHILDE
Still!
Die Drei lauschen. Stille; dann ertönt kurz die Glocke.
MUTTER
Laßt mich allein.
PAUL
unterdrückt: Aber gib ihm nichts!
MUTTER
nickt nein: Mathilde: die Kartoffeln.
MATHILDE
Nein. Ich werde Wurst aufschneiden. Ab mit Paul nach links.
MUTTER
allein; geht langsam durch das Vorzimmer und öffnet die Haustüre.
WENZEL KLAMUSCHKE
verwahrlost; tritt ohne Gruß an ihr vorbei in das Wohnzimmer; geht umher; bleibt manchmal vor einem Gegenstande stehen und lächelt.
MUTTER
folgte ihm mit den Blicken: Was willst du?
WENZEL
Ja –
MUTTER
Geld hab ich keins.
Wenzel fixiert sie. Stille.
WENZEL