Gesammelte Werke. Джек Лондон. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Джек Лондон
Издательство: Bookwire
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783962813475
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Au­gen und hel­lem Ge­sicht. Ja, er sei der Fähr­mann, sag­te er, aber für heu­te hät­te er die Ar­beit nie­der­ge­legt. Fün­f­und­zwan­zig Dol­lar nahm er sonst für die Über­fahrt, aber heu­te fuhr er nicht mehr.

      »Bei die­sem Sau­wet­ter, was den­ken Sie denn?«

      »Aber mich set­zen Sie doch noch über?«

      »Dort drü­ben ist es noch schlim­mer, als man von hier aus glaubt. Nicht ein­mal die großen Holz­boo­te kom­men durch; das letz­te hat der Sturm an die West­küs­te ge­wor­fen. Eine gan­ze La­dung von Trä­gern ist an Bord, von hier aus hat man al­les se­hen kön­nen. Von da, wo sie jetzt lie­gen, kom­men sie nicht wei­ter. Da müs­sen sie la­gern, bis der Sturm vor­bei ist. Das ma­chen wir nicht, Fräu­lein.«

      »Aber mein La­ger­ge­rät ist schon in Hap­py Camp, hier kann ich doch nicht blei­ben«, sag­te Fro­na mit ver­füh­re­ri­schem Lä­cheln. »Sei­en Sie ein Mann und brin­gen Sie mich hin­über.«

      »Nein.«

      »Ich gebe Ih­nen fünf­zig.«

      »Nein, sage ich.«

      »Ich bin ein Mä­del, aber ich habe kei­ne Angst!«

      Der Bur­sche fuhr auf und kehr­te sich ge­gen sie mit zorn­fun­keln­den Au­gen. Die Wor­te, die ihm auf der Zun­ge la­gen, be­hielt er für sich, aber Fro­na konn­te sie von sei­nem Mun­de le­sen. Ge­gen den Sturm ge­beugt, stan­den sie ne­ben­ein­an­der wie See­leu­te auf schwan­ken­dem Deck und sa­hen ein­an­der trot­zig in die Au­gen. Ihm kleb­te das Haar in nas­sen Lo­cken um die Stirn; das ihre peitsch­te in trie­fen­den Sträh­nen um ihr Ge­sicht.

      »Also los!«

      Der Bur­sche schob mit ei­nem wü­ten­den Ruck sein Boot ins Was­ser und warf die Rie­men hin­ein.

      »Stei­gen Sie ein! Aber nicht für fünf­zig Dol­lar. Sie be­zah­len den­sel­ben Preis wie alle an­de­ren.«

      Ein Wind­stoß pack­te die Nuss­scha­le. Die Breit­sei­te vor­aus, flog sie sechs Me­ter weit über das Was­ser. Fro­na nahm die Schöpf­kel­le zur Hand, schwe­re Sprit­zer klatsch­ten den bei­den in die Ge­sich­ter, sta­chen und brann­ten in ihre Haut.

      »Hof­fent­lich trei­ben wir nicht an Land«, keuch­te er und beug­te sich über die äch­zen­den Rie­men. »Wäre kein Ver­gnü­gen für Sie.«

      Da­bei sah er sie wü­tend an.

      »Wir wer­den schon nicht«, sag­te Fro­na und lä­chel­te.

      Sie tra­ten auf schlüpf­ri­ge Fel­sen, als das Boot sein Ziel er­reicht hat­te. Zu bei­den Sei­ten er­ho­ben sich trie­fen­de Stein­wän­de, der Re­gen braus­te im­mer noch nie­der wie aus un­er­schöpf­li­chen Mul­den.

      Fro­na woll­te hel­fen, das Boot zu ber­gen.

      »Ma­chen Sie lie­ber, dass Sie vor­wärts kom­men«, brumm­te der Fähr­mann. »Von hier bis Hap­py Camp sind es noch zwei Mei­len, aber ein Weg für Zie­gen oder Af­fen. Kein Wald mehr. Sie wer­den noch Ihr Wun­der er­le­ben. Also vor­wärts! Auf Wie­der­se­hen!«

      Fro­na drück­te ihm die Hand und sag­te: »Sie sind ein tap­fe­rer Kerl!« Dann mar­schier­te sie drauf­los. Und der tap­fe­re Kerl sah ihr be­wun­dernd nach.

      *

      Hap­py Camp be­stand aus ei­nem Dut­zend Zel­ten, die sich am äu­ßers­ten Ran­de der Baum­gren­ze mit spit­zen Pfäh­len wie ver­zwei­felt in den Bo­den krall­ten. Fro­na ging, aus­ge­pumpt von den wil­den Stra­pa­zen die­ses Ta­ges, von Zelt zu Zelt. Der Wind stieß sie vor sich her; ihr nas­ser Rock hing wie Blei an den Hüf­ten. Ein­mal hör­te sie durch die Lei­nen­wän­de einen Mann un­ge­heu­er­lich flu­chen und dach­te be­se­ligt: das ist Bi­shop! Aber als sie hin­einsah, hat­te sie sich ge­irrt. Erst das letz­te Zelt des La­gers schi­en ihr ein­la­dend. Sie lüf­te­te die Zelt­tür: drin­nen lag ein Mann auf den Kni­en und blies mit al­ler Kraft in die Glut ei­nes rau­chen­den Öf­chens.

      Fro­na trat ein. Nas­ser Rauch schlug ihr in den Mund, sie muss­te hus­ten. Da erst be­merk­te der Mann, dass er einen Gast be­kom­men hat­te.

      »Bin­den Sie die Klap­pe wie­der zu, und ma­chen Sie sich’s be­quem«, sag­te er, ohne sei­ne Be­schäf­ti­gung zu un­ter­bre­chen.

      Ein Hau­fen Zwerg­kie­fern­zwei­ge lag, in pas­sen­de Stücke zer­hackt, aber nass, ne­ben dem Ofen. Fro­na sah, dass er nicht ge­nü­gend ge­füllt war, hock­te sich nie­der und leg­te sach­ver­stän­dig die feuch­ten Schei­ter auf. Der Mann er­hob sich, hus­te­te den Rauch aus und sah Fro­na mit ge­röte­ten Au­gen an.

      »Trock­nen Sie Ihr Zeug«, sag­te er. »Ich sor­ge für Abend­brot.«

      Er goss Was­ser aus ei­nem Ei­mer in die Kaf­fee­kan­ne und stell­te sie auf den Ofen. Dann ging er mit dem Ei­mer hin­aus, um ihn neu zu fül­len. Als er ver­schwun­den war, griff Fro­na nach ih­rem Ran­zen, und als er wie­der­kam, stand sie in ei­ner tro­ckenen Blu­se da und wrang die nas­se aus. Wäh­rend er in der Pro­vi­ant­kis­te nach Tel­lern und Be­stecks kram­te, spann­te sie eine Lei­ne zwi­schen den Zelt­stan­gen aus und häng­te ihre Wä­sche zum Trock­nen auf.

      Die Tel­ler wa­ren schmut­zig. Wäh­rend der Mann ge­bückt da­stand und sie wusch, wech­sel­te sie auch noch die St­rümp­fe und zog ein Paar fei­ner, wei­cher Mo­kass­ins an. Das Feu­er brann­te jetzt. Bis­her hat­ten die bei­den kaum ein Wort ge­spro­chen. Der Mann be­nahm sich, als sei es das Na­tür­lichs­te von der Welt, dass ein jun­ges Mäd­chen in Nacht und Un­wet­ter zu ihm her­ein­ge­schneit kam. Fro­na nahm ein- oder zwei­mal einen An­lauf, um et­was zu sa­gen, aber er schi­en ihre An­we­sen­heit ver­ges­sen zu ha­ben, und so schwieg sie.

      Nach­dem er mit der Axt eine Dose Pö­kel­fleisch ge­öff­net hat­te, warf er ein Dut­zend Speck­schei­ben in die Pfan­ne. Dann koch­te er Kaf­fee und hol­te aus der Pro­vi­ant­kis­te einen kal­ten schwe­ren Pfann­ku­chen her­vor. Die­se De­li­ka­tes­se prüf­te er zwei­felnd und sah da­bei Fro­na an. Dann schmiss er das klit­schi­ge Ding zum Zelt hin­aus und warf eine Hand­voll Schiffs­zwie­back auf ein Wachs­tuch, das auf dem Bo­den lag und als Ess­tisch die­nen soll­te. Die Zwiebä­cke wa­ren zer­krü­melt, vom Re­gen auf­ge­weicht; sie bil­de­ten einen schmut­zig wei­ßen Brei.

      »Mehr habe ich nicht, das da muss als Brot gel­ten.«

      »Ei­nen Au­gen­blick!« Ehe er pro­tes­tie­ren konn­te, hat­te Fro­na die Schiffs­zwie­ba­cke auf das sie­den­de Fett und den Speck in der Pfan­ne ge­wor­fen. Sie goss ein paar Tas­sen Was­ser dazu und ver­rühr­te al­les über dem Feu­er. Als es ei­ni­ge Mi­nu­ten lang aus der Pfan­ne ge­schluchzt und ge­seufzt hat­te, schnitt sie das Pö­kel­fleisch in Schei­ben und tat es zu dem üb­ri­gen, salz­te und pfef­fer­te. Ein an­ge­neh­mer Duft stieg aus der Pfan­ne auf. Als er nun sei­nen Tel­ler auf dem Knie ba­lan­zier­te und das Ge­richt kos­te­te, sag­te er:

      »Das schmeckt, Don­ner­wet­ter, wie das schmeckt! Wie nen­nen Sie das?«

      »Gold­grä­ber­sa­lat«, sag­te sie kurz, und dann aßen sie bei­de wie hung­ri­ge Wöl­fe.

      Nach und nach hat­ten Fro­nas Au­gen sich an den Rauch und das Halb­dun­kel ge­wöhnt, schwei­gend stu­dier­te sie das Ge­sicht ih­res Wir­tes. Es lag Kraft und Aus­druck dar­in, aber selt­sam, das war ein Ge­lehr­ten­kopf … Sol­che Au­gen kann­te sie bei Män­nern, die vie­le Näch­te lang über Bü­chern ge­ses­sen hat­ten. Die Au­gen wa­ren braun, es wa­ren schö­ne,