Die Sache machte Aufsehen. Frau Margret ließ sich erzählen und die bemalten Bogen nebst übrigen Trümmern zeigen und fand alles höchst bedenklich. Sie befürchtete, daß ich am Ende in ihren Büchern gefährliche Geheimnisse geschöpft hätte, welche bei ihrem mangelhaften Lesen ihr selbst unzugänglich wären, und verschloß die bedenklichsten Bücher mit höchst bedeutungsvollem Ernste. Jedoch konnte sie sich einer gewissen Genugtuung nicht erwehren, da es sich zu bestätigen schien, wie hinter diesen Sachen mehr stecke, als man geglaubt habe. Sie war der festen Meinung, daß ich auf dem besten Wege gewesen sei, durch ihre Bücher ein angehender Zaubermann zu werden.
Über solchen Mißgeschicken verleidete mir die einsame Beschäftigung im Hause, und ich schloß mich nun einigen Knaben an, welche sich gut zu unterhalten schienen, indem sie in einem großen alten Fasse Komödie spielten. Sie hatten einen Vorhang davorgezogen und ließen eine begünstigte Anzahl Kinder respektvoll harren, bis sie ihre geheimnisvollen Vorbereitungen geendet. Dann wurde das Heiligtum geöffnet, einige Ritter in papiernen Rüstungen führten ein gedrängtes Zwiegespräch tüchtiger Schimpfreden, um sich darauf schleunigst durchzubleuen und unter dem Fallen des durchlöcherten Teppichs tot hinzustrecken. Ich wurde bald eingeweiht als ein anstelliger Junge und brachte vor allem aus einen bestimmtern Stoff in das Faß, indem ich kurze Handlungen aus der biblischen Geschichte oder den Volksbüchern auszog und die vorkommenden Reden wörtlich abschrieb und durch einige Wendungen verband. Ich fand auch, daß es wünschbar wäre, wenn die Helden einen besondern Eingang hätten, um vorher ungesehen auftreten zu können. Deshalb wurde in die Hinterwand ein Loch gesägt, geschnitten und gekratzt, bis ein Wohlgewappneter bescheiden durchkriechen konnte, was sehr possierlich aussah, wenn er mit seinen donnernden Reden begann, ehe er sich völlig aufgerichtet hatte. Sodann wurden grüne Zweige geholt, um das Innere des Fasses in einen Wald umzuwandeln; ich nagelte sie ringsherum fest und ließ nur oben das Spundloch frei, durch welches überirdische Stimmen herniederzuschallen hatten. Ein Junge brachte eine ansehnliche Düte Theatermehl und hiemit ein neues prächtiges Element in unsere Bestrebungen.
Eines Tages wurde David und Goliath gegeben. Die Philister standen auf dem Plane, führten sich heidnisch auf und traten vor das Faß hinaus in das Proszenium. Dann krochen die Kinder Israel herein, lamentierten und waren verzagt und traten auf die andere Seite des Einganges, als Goliath, ein großer Bengel, erschien und übermütige Possen machte zum großen Gelächter beider Heere und des Publikums, bis David, ein unterwachsener bissiger Junge, plötzlich dem Unfug ein Ende machte und dem Riesen aus seiner Schleuder, die er trefflich führte, eine große Roßkastanie an die Stirne schleuderte. Darüber wurde dieser wütend und hieb dem David ebenso derb auf den Kopf, und sogleich waren beide im heftigsten Raufen ineinander verknäuelt. Die Zuschauer und die beiden Chöre klatschten Beifall und nahmen Partei; ich selbst saß rittlings oben auf dem Fasse, ein Lichtstümpfchen in der einen und eine tönerne Pfeife mit Kolophonium in der andern Hand, und blies als Zeus Donnerer gewaltige, ununterbrochene Blitze durch das Spundloch hinein, daß die Flammen durch das grüne Laub züngelten und das Silberpapier auf Goliaths Helm magisch erglänzte. Dann und wann guckte ich schnell durch das Loch hinunter, um dann die tapfer Kämpfenden ferner wieder mit Blitzen anzufeuern, und hatte kein Arges, als die Welt, welche ich zu beherrschen wähnte, plötzlich auf ihrem Lager wankte, überschlug und mich aus meinem Himmel schleuderte; denn Goliath hatte endlich den David überwunden und mit Gewalt an die Wand geworfen. Es gab ein großes Geschrei, der Eigentümer des Fasses kam heran und schloß kraft höhern Machtspruches das rollende Haus, nicht ohne Schelten und ausgeteilte Püffe, als er die willkürlichen Veränderungen entdeckte, welche angebracht waren. Insbesondere mißfiel ihm die Art, wie wir ein umgekehrtes Faß des Regulus hergestellt hatten, indem eine Anzahl Nägel mit den Spitzen nach außen ragten, gleich den Borsten eines Stachelschweines, und hingegen die Köpfe gemütlich nach innen streckten.
Jedoch vermißten wir dies verbotene Paradies nicht allzusehr, da bald darauf eine deutsche Schauspielergesellschaft in unsere Stadt kam, um mit obrigkeitlicher Bewilligung vor den Bewohnern die Bretter, welche die Welt bedeuten, in einem vollkommenern Maße aufzubauen, als bisher von Liebhabern und Kindern geschehen war. Der wandernde Künstlerverein schlug seinen Sitz im größten Gasthause der Stadt auf, wandelte den geräumigen Tanzsaal in ein Theater um und füllte zugleich alle bescheideneren Zimmer und Räume mit seinem häuslichen Leben. Nur der Direktor bewohnte vornehm ein glänzenderes Gemach.
Überdies zog uns das belebte Haus nicht nur während der abendlichen Vorstellungen an, sondern wir hatten auch während des Tages genug vor demselben zu stehen und zu beobachten, teils um die bewunderten Helden und Königinnen in ihrer verwegenen und anmutigen Tracht und Haltung aus- und eingehen zu sehen, teils um keine Maschine, keinen Korb mit roten Mänteln und Degen, kein Requisit aus den Augen zu verlieren, welches hineingetragen wurde. Vorzüglich hielten wir uns auch vor einem offenen Hintergebäude auf, wo ein kühner Maler inmitten einer Anzahl auf Kohlen stehender Töpfe, aufrechtstehend und die eine Hand in der Hosentasche, mit