»Parker …?« fragte einer der beiden Männer, ein untersetzter, stämmiger Beamter mit eisgrauem Haar und kalten, prüfenden Augen.
»In der Tat, mein Name ist Parker«, erwiderte der Butler höflich. »Was kann und darf ich für Sie tun …?
»Klopfen Sie ihn nach Waffen ab«, sagte der Eisgraue zu seinem wesentlich jüngeren Begleiter. Dieser junge Mann besorgte das mit Routine und nur mühsam gebändigtem Eifer. Er bekam fast Stielaugen, als er die beiden Beuteschußwaffen des Butlers hervorzog.
»Sie sind erst mal verhaftet«, meinte der Eisgraue, der sich innerlich etwas entspannte. »Alles, was Sie jetzt Vorbringen, Parker, kann später gegen Sie verwendet werden.«
»Ich bedanke mich für diesen liebenswürdigen Hinweis«, entgegnete der Butler höflich. »Doch möchte ich gleich betonen, daß ich nichts zu verheimlichen habe, Leutnant Canters …!«
»Sie … Sie kennen mich?« Leutnant Canters hüstelte überrascht.
»Vorerst leider nur dem Namen nach, Sir«, gab der Butler zurück. »Aber ich möchte meiner ehrlichen Hoffnung Ausdruck verleihen, daß sich das noch ändern wird.«
»Dafür garantiere ich, Parker …!«
Leutnant Canters’ Stimme nahm einen drohenden Unterton an. Seine Augen wurden so kalt wie das Tieffrosterfach in einem Kühlschrank.
*
»Eine miesere Geschichte konnten Sie mir wohl nicht auftischen, wie?« Leutnant Canters schüttelte verächtlich den Kopf, als Parker geendet hatte. »Sie erwarten doch nicht, daß ich Ihnen glaube, oder?«
»Ich bin nicht sicher«, gab Parker höflich zurück. Er befand sich seit gut einer Stunde im Büro des Kriminalleutnants und hatte seine Geschichte erzählt.
»Gestehen Sie schon, daß Sie Paul Adams niedergeschossen haben.«
»Mr. Paul Adams ist also jener Unglückliche, der vor meinem und in meinem Hotelzimmer ermordet wurde?«
»Warum fragen Sie noch? Sie müssen ihn ja schließlich gekannt haben. Ich möchte nur wissen, Parker, warum Sie es getan haben …! Ohne Grund schießt man doch keinen Menschen nieder.«
»Vielleicht hängt der Mord an Paul Adams mit seinem Beruf zusammen?« Parker wußte nicht, wohin diese Unterhaltung trieb, doch er versuchte, dem Gespräch eine neue Wendung zu geben. Dazu gehörte es eben, daß er verschiedene Möglichkeiten antippte,
Leutnant Canters nahm einen Schnellhefter hoch, in dem er nachdenklich herumblätterte.
»Paul Adams war technischer Zeichner«, meinte Leutnant Canters dann beiläufig. »Wo sehen Sie da einen Zusammenhang, Parker? Wenn es einen gibt, dann können nur Sie ihn genau kennen.«
»Erlauben Sie mir eine weitere Frage? »
»Schön, schießen Sie los, Parker.«
»Darf ich fragen, in welchem Betrieb Mr. Adams als technischer Zeichner gearbeitet hat?«
»Bei Professor Manfield …!« Canters schien erst jetzt so etwas wie einen inneren Zusammenhang bemerkt zu haben. Ruckartig hob er den Kopf und sah den Butler aus zusammengekniffenen Augen an.
»Ich freue mich ehrlich, daß auch Sie gewisse Dinge bemerkt haben«, sagte Parker freundlich. »Nach meinen bisherigen Informationen sind gewisse Konstruktionsunterlagen dieses Professors ohne sein Wissen fotokopiert worden. Wenn mich nicht alles täuscht, sollten diese Unterlagen über den inzwischen ermordeten Henry Manters einem gewissen James Henderson in die Hände gespielt werden, der sie seinerseits an eine andere Agentengruppe weiterleiten wollte …!
»Sie glauben doch nicht, daß ich Ihnen dies glaube, oder?«
»Es steht Ihnen frei, Sir, mir zu glauben«, erwiderte Parker höflich. »Doch möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, daß Sie, je länger Sie sich mit mir beschäftigen, desto mehr Zeit verlieren werden.«
Leutnant Canters zündete sich eine Zigarette an. Er schob den Schnellhefter zurück auf den Schreibtisch, ging zum Fenster seines Büros und sah nach unten auf die Straße. Dann, Parker den Rücken zuwendend, faßte er noch einmal zusammen.
»Sie behaupten also, daß wir es mit zwei Agentengruppen zu tun haben, die beide hinter Professor Manfields Unterlagen her sind, ja?«
»Sie sehen die Dinge vollkommen richtig …!«
»Sie behaupten weiter, daß die geheim aufgenommenen Fotokopien von einem Verräter der ersten Gruppe an einen Mittelsmann der zweiten Gruppe weiterverkauft werden sollten, ja?«
»Vollkommen richtig, Sir. Ich weiß, Sie meinen jetzt Henry Manters und James Henderson.«
»Schön, bleiben wir mal bei Ihrer Geschichte, Parker. Manters, der seine eigene Agentengruppe übers Ohr hauen wollte, verwechselte Sie mit diesem Henderson und wollte Ihnen die Unterlagen aushändigen, ja?«
»Bis auf Kleinigkeiten stimmen Ihre Bemerkungen, Sir.« Parker drückte sich absichtlich etwas vorsichtig aus, zumal er Leutnant Canters nichts davon gesagt hatte, daß er nun die Unterlagen besaß.
»Weiter, Parker … Paul Adams erschien in Ihrem Hotelzimmer, um mit Ihnen über die Fotokopien zu verhandeln. Er gehört also zur Gruppe Joe-Mike, oder?«
»Ich freue mich ehrlich, Sir, wie klar Sie die Zusammenhänge erkennen«, sagte Parker.
»Joe und Paul Adams wurden Ihren Worten zufolge von einem gewissen Walt erschossen. Der Begleiter und Partner dieses Walt soll Butch heißen, stimmt das immer noch?«
»Sir, ich möchte mir erlauben, Sie zu dieser Zusammenfassung zu beglückwünschen«, freute Parker sich laut. »Mit wenigen, präzisen Worten haben Sie den Stand der Dinge genau Umrissen.«
»Aber eben noch nicht von Ihrer Rolle gesprochen …!« Leutnant Canters sah den Butler grimmig an. »Was ich hier zusammengefaßt habe, sind doch nur Behauptungen von Ihnen … Sie verlangen doch nicht, daß ich Ihre Geschichte für wahr halte, oder?«
»Sie sollten sich über meine bescheidene Wenigkeit informieren, Sir«, schlug der Butler vor. »Ein mehr oder weniger kurzes Telefongespräch in und nach Chikago wird zeigen, daß ich tatsächlich Josuah Parker heiße und als Butler für Mr. Mike Rander tätig bin.«
»Das braucht Sie doch nicht zu hindern, sich als Agent und Mörder zu betätigen, wie?«
»Grundsätzlich pflichte ich Ihnen natürlich bei, Sir, doch in diesem speziellen Fall nicht …! Ich bin wider Willen, ich wiederhole es noch einmal, in diese Geschichte hineingeraten. Während Sie sich darauf versteifen, daß ich der Mörder von Mr. Paul Adams bin, sollten Sie doch lieber versuchen herauszubekommen, wie es möglich war, daß man Professor Manfields Unterlagen fotokopieren konnte.«
»Und wie war das Ihrer Ansicht nach möglich?«
»Nun, Sir, sehr einfach, wenn ich mir diesen bescheidenen Hinweis gestatten darf. Im Büro des Professors muß sich ein Spitzel oder ein Agent befinden …!«
*
Es war Abend geworden.
Josuah Parker hielt sich in seinem Bungalow auf und räumte sein Gepäck ein. Stundenlang hatte sich seine Unterhaltung mit Leutnant Adams hingezogen, doch er hatte es geschafft, als freier Mann das Kriminalbüro zu verlassen. Er hatte Leutnant Canters davon überzeugt, daß er ein harmloser, müder, alter und überforderter Mann war. Ob Canters ihm letztlich glaubte, stand auf einem anderen Blatt. Parker rechnete natürlich fest damit, daß Canters ihn überwachen ließ, doch das störte ihn kaum. Hauptsache, er konnte sich wieder frei bewegen.
Zuerst galt es, den Bungalow gegen ungebetene nächtliche Gäste abzusichern. Dazu hatte Parker sich auf der Rückfahrt einige zusätzliche Spezialitäten besorgt.
Es handelte sich um ordinäre Schmierseife, wie sie in jedem Seifengeschäft zu erhalten war, um Reißnägel, um Knallerbsen und schließlich noch um