Butler Parker Paket 1 – Kriminalroman. Günter Dönges. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Серия: Butler Parker
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740943073
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die Polizei? Die wird doch sicher davon erfahren?«

      »Wenn schon …! Die können doch nicht jeden Bau hermetisch ab riegeln. Wir werden noch ein paar Wochen arbeiten, dann haben wir genug, um uns zur Ruhe setzen zu können. Du darfst nur nicht trinken, Sammy. Du weißt, daß du dann quasselst.«

      »Keine Sorge, ich bleibe trocken wie ’ne Wüste. Wenn wir Schluß gemacht haben, kann ich ja alles nachholen.«

      »Na schön, dann wollen wir mal, Sammy. Ist die Spritze klar?«

      »Ich brauche nur noch das Rohr anschrauben.«

      »Das machen wir vor dem Zimmer.« Clive, der knochig aussehende Mann mit den verwaschenen grauen Augen, sah sich die Spritze noch mal genau an. Obwohl der Verschluß gut abgedichtet war, verbreitete er runde, walzenförmige Behälter unterhalb der Spritzdüse und der Luftpumpe einen penetranten Geruch nach Chloroform.

      Sammy, der rundliche Gangster mit der randlosen Brille, wog ein kleines Blasrohr in der Hand. Es konnte an der Spritzdüse befestigt werden und war so dünn, daß es durch jedes Astloch oder Schlüsselloch paßte.

      Die beiden Gangster verließen ihr Hotelzimmer. Sie trugen über ihren Straßenanzügen Morgenmäntel. Sie sahen völlig unverdächtig aus. Nacheinander pirschten sie sich an eine Hoteltür heran und setzten dort die Spritze zusammen.

      Sie schienen diese Arbeit schon häufiger getan zu haben. Jeder Handgriff saß. Innerhalb weniger Sekunden war das Blasrohr an der Spritzdüse befestigt worden.

      Clive schob das dünne Blasrohr durch das Schlüsselloch. Sammy setzte die kleine Luftpumpe in Tätigkeit. Mit stetigem Druck preßte er das sofort gasförmig werdende Betäubungsmittel in das Hotelzimmer hinein. Außer einem feinen Quietschen, das vom Kolben herrührte, war auf dem kaum erleuchteten Korridorgang nichts zu hören.

      Sammy hielt ein und sah seinen Partner fragend an. Für sein Gefühl hatte er bereits genügend Chloroform versprüht. Doch Clive, der knochige Gangster, war noch nicht zufrieden. Er nickte und deutete damit an, daß Sammy weitermachen sollte.

      »Mann, das ist doch zuviel«, flüsterte Sammy schließlich. Ohne die Reaktion seines Begleiters abzuwarten, setzte er die Spritze ab und zog das biegsame Blasrohr aus dem Schlüsselloch. Clive sagte nichts. Er horchte in den Gang hinein, holte dann eine schmale Zange aus der Tasche und setzte sie ans Schlüsselloch an. Er umfaßte damit das Schlüsselende und drehte den Schlüssel im Schloß um. Sekunden später ließ sich die Tür bereits öffnen.

      Blitzschnell verschwanden sie in dem dunklen Zimmer, schlossen die Tür hinter sich und setzten sich Gasmasken auf. Wie unheimliche Wesen einer anderen Welt sahen sie darin aus.

      Sammy trat an das Bett und leuchtete die schlafende Frau an. Sie mochte 50 Jahre alt sein. Ihr Atem ging tief und fest. Als der Lichtschein ihre Augen traf, reagierte sie nicht. Sie hatte bereits das betäubende Chloroform eingeatmet.

      Die beiden Gangster arbeiteten schnell und geschickt. Sie wußten aus Erfahrung, wo Geld und Schmuck zu finden waren. Sie fanden einen Schmuckkoffer, der Perlenketten, Ringe und Armbänder enthielt. Sie hielten sich nicht damit auf, den Wert des Schmuckes abzuschätzen. Dazu hatten sie später genügend Zeit.

      In der Handtasche der schlafenden Frau entdeckten sie eine Rolle Banknoten, die von einer kleinen Spange festgehalten wurden. Sammy genierte sich anschließend nicht, der schlafenden und betäubten Frau auch noch die beiden Ringe von den Fingern zu ziehen.

      Sie brauchten nur knapp zehn Minuten, um die Frau vollkommen auszuplündern. Als Clive bereits an der Tür war, ging der rundliche Sammy noch mal zurück und öffnete das Fenster spaltweit. Dann folgte er seinem Begleiter auf den Korridorgang. Clive schloß das Zimmer wieder ab.

      »Weiter, weiter«, drängte Clive. Er sah kurz auf einen Zettel, der einige Zimmernummern enthielt. Das nächste Zimmer, das sie besuchen wollten, lag am Ende des Korridors. Anschließend wollten sie noch ein drittes und viertes Zimmer auf dem Quergang ausrauben. Sie hatten sich sehr viel vorgenommen. Sie wußten aber auch, daß sich der Besuch in diesen Zimmern lohnen würde. Die Vorarbeiten waren ausgezeichnet erledigt worden. Sie konnten wie nach einem genau aufgestellten Fahrplan arbeiten.

      Nach knapp einer Stunde standen sie wieder in ihrem Zimmer. Clive und Sammy häuften die Beute auf dem Tisch und untersuchten sie flüchtig.

      »Ein toller Fischzug«, meinte Sammy anerkennend. »Nur verdammt schade, daß wir’s abliefern müssen.«

      »Laß die Finger davon«, warnte Clive, als er die gierigen Augen seines Partners sah. »Kann sein, daß der Chef jedes Stück kennt, das wir aus den Zimmern geholt haben.«

      »Glaubst du wirklich?«

      »Ganz sicher, Sammy. Ich möchte kein Risiko eingehen. Wir kommen ja auch so zurecht.«

      »Aber wer trägt das Risiko, he?«

      »Ohne die Tips könnten wir nicht einen einzigen, richtigen Coup landen, vergiß das nicht. Los, pack schon ein. Und vergiß die Chloroformflasche nicht.«

      Die dickwandige Glasflasche, die Insektenspritze, Schmuck und Bargeld verschwanden in einer großen Ledertasche. Sammy schob das dreiteilige Blasrohr zusammen, bis es nur noch die Größe eines normalen Tafelmessers hatte. Die vollgepackte Tasche bot jetzt einen unverdächtigen und harmlosen Anblick. Clive überprüfte sie noch mal, bevor er auf die Klingel für das Zimmermädchen drückte.

      Nach wenigen Minuten wurde leise angeklopft. Sammy öffnete. Er grinste einer schwarzhaarigen, jungen Frau entgegen, die die übliche Hoteltracht trug.

      »Alles in Ordnung?« fragte sie sachlich. Als Sammy kicherte, sah sie ihn kalt und abschätzend an. »Du hast doch nicht etwa getrunken, wie?«

      »Nein, nein, bestimmt nicht«, antwortete Sammy schnell und fast ängstlich.

      »Wir haben alle Räume durchsucht«, berichtete Clive und reichte der jungen Frau die schwere Ledertasche. »Wir werden das Hotel gegen 9.00 Uhr verlassen.«

      »Gut, ich werde es dem Chef sagen. Wartet in der Pension auf ihn!«

      Ohne sich zu verabschieden, verließ sie das Zimmer. Sie war stark, denn die schwere Tasche behinderte sie nicht. Als sich die Tür hinter ihr schloß, stieß Sammy einen leisen Pfiff aus.

      »Sie hat Augen wie ’ne Schlange«, sagte er gereizt. »Ich wette, die ist giftig …!«

      »Möglich, aber das soll unsere Sorge nicht sein.« Clive zündete sich eine Zigarette an und warf sich auf sein Bett. Dann zeigte er zur Tür. »Du könntest jetzt auch verschwinden, Sammy.«

      »Ich gehe ja schon.« Sammys Stimme war immer noch verärgert. Er wollte noch etwas sagen, doch er verschluckte seine Worte. Bald darauf befand er sich in einem gegenüberliegenden Zimmer. Er trat an das Fenster und sah auf die nachtleere Straße hinunter.

      Obwohl er doch gut verdiente und nach einem genauen Fahrplan arbeiten konnte, fühlte er sich nicht wohl in seiner Haut. Vielleicht lag es daran, daß er nicht so leben konnte, wie er es gern wollte. Vielleicht hatte er aber auch nur Angst vor dem Chef, der Clive und ihn kontrollierte. Im Unterbewußtsein spürte er, daß es eines Tages zu einer Katastrophe kommen mußte …!

      *

      Der breitschultrige Seemann hatte sich den beißenden Senf aus den Augen entfernt. Seine Laune befand sich weit unter dem Nullpunkt. Er hörte das Gelächter um sich herum und spürte, daß er hier in der Kellerbar restlos verspielt hatte. Durch seine bereits leicht entzündeten Augen suchte er nach seinem Gegner. Er entdeckte ihn in der Nische. Josuah Parker hatte keineswegs das Weite gesucht, sondern war sitzen geblieben.

      Der Angetrunkene beging den Kardinalfehler, das Blatt noch mal wenden zu wollen. Diesmal aber wollte er vorsichtiger sein. Er hatte keine Lust, sich noch mal mit Senf anstreichen zu lassen. Er brannte darauf, diesen schwarz gekleideten Burschen zusammenzuschlagen. Die kalte Wut in ihm war im Moment sogar stärker als die Trunkenheit. Der Mann wollte Blut sehen.

      Ohne sich um die prustenden und lachenden Gäste im Lokal zu kümmern,