Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre. Henryk Sienkiewicz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Henryk Sienkiewicz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788026828167
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Fürstin, und ich verlange, daß jene beiden absteigen, die Helme abnehmen und auf der Erde, mit entblößtem Haupte, mich um Verzeihung bitten.‹ Schwer ist dies für Männer aus edlem Geschlechte, das begreife ich sehr wohl,« fügte Powala hinzu, indem er prüfend auf Zbyszko blickte, »aber ich rate Euch, die gestellte Bedingung zu erfüllen. Wer weiß, was sonst des jungen Burschen harret: wohl gar das Schwert des Henkers.«

      Ein peinvolles Schweigen trat ein. Die Gesichter von Macko und Zbyszko sahen mit einem Male wie versteinert aus.

      »Nun, was gedenkt Ihr zu thun?« fragte Powala.

      Da antwortete Zbyszko so ruhig und mit solcher Würde, als ob er in einem einzigen Augenblick um zwanzig Jahre gealtert wäre: »Wie dem nun auch sein mag, der Wille des Menschen ist auch eine Macht.«

      »Was soll das heißen?«

      »Selbst wenn ich zwei Köpfe hätte, könnte man sie nur von dem Henker abschlagen lassen – meine Ehre kann mir aber ohne meinen Willen niemand beschimpfen.«

      »Nun, und was sagt Ihr?« wandte sich daraufhin Powala fragend an Macko.

      »Ich sage,« erwiderte Macko finster, »daß ich diesen Burschen von klein an aufzog … Auf ihm beruht unser Geschlecht, denn ich bin alt – aber das vermag er nicht zu thun, wenngleich er unrecht hatte.«

      Und die Liebe zu seinem Bruderssohn brach nun bei ihm mit solcher Kraft hervor, daß er ihn mit seinen starken Armen umfing, während er mit bebenden Lippen fortwährend rief: »Zbyszko, Zbyszko!«

      Staunen überkam den jungen Ritter bei dieser unerwarteten Liebesbezeugung, und sich der Umarmung des Ohms überlassend, meinte er: »Ei, fürwahr, ich wußte gar nicht, daß Ihr mich so sehr liebt!«

      »Immer mehr sehe ich, daß Ihr echte Edelleute seid,« warf hier Powala bewegt ein, »und da mir der junge Bursche gelobt hat, sich selbst dem Gerichte zu stellen, werde ich ihn nicht gefangen nehmen. Solchen Rittern wie Euch kann man vertrauen. Seid übrigens guten Mutes. Der Deutsche beabsichtigt kurze Zeit in Tyniec zu verweilen, ich werde daher den König vor ihm sehen, und ich gedenke, diesem den Vorfall in einer Weise darzustellen, daß er nicht gar zu ausgebracht darüber sein wird. Ein Glück ist es indessen, daß es mir gelang, den Spieß zu zerbrechen – ein großes Glück ist es!«

      »Ei, wenn ich schließlich doch den Kopf lassen muß,« bemerkte hier Zbyszko, »so wünschte ich wenigstens, ich hätte dem Kreuzritter die Knochen zerschlagen.«

      »Wenn Du auch wohl im stande bist, Deine Ehre zu schützen,« warf hier Powala ungeduldig ein, »so verstehst Du doch nicht, Dich selbst und Deinen Mund im Zaume zu halten.«

      »Einen Ausspruch zu thun, maße ich mir wohl an!« rief Zbyszko erregt, »die Knochen hätte ich ihm zerschlagen sollen.«

      Und ohne ihn weiter zu beachten, richtete jetzt Powala wieder das Wort an Macko und sagte: »Glaubt mir, o Herr, Euch bleibt nichts anderes übrig, so sich dieses Menschlein aus der Schlinge herauszuziehen versteht, als ihm eine Haube über den Kopf zu stülpen, wie man es bei den Falken zu thun pflegt. Sonst endigt Euer Bruderssohn keines gewöhnlichen Todes.«

      »Er könnte gerettet werden, wenn Ihr, o Herr, vor dem Könige verschweigen wollt, was sich ereignet hat.«

      »Doch, was fangen wir mit dem Deutschen an? Die Zunge kann ich ihm doch nicht festbinden.«

      »Das ist wahr, das ist wahr!«

      Düsteren Blickes, fast zögernd, machten sich nun Macko und Zbyszko auf den Rückweg zu der Fürstin. Powala schloß sich ihnen an, und ihm folgten seine Leute, die bis jetzt mit den Mannen des Deutschen geritten waren. Deutlich war in der Ferne zwischen den masovischen Kopfbedeckungen des Kreuzritters glänzender Helm zu sehen, dessen Pfauenbusch vom Winde hin und her bewegt ward.

      »Welch merkwürdige Natur doch ein solcher Kreuzritter besitzt!« begann schließlich nachdenklich der Ritter von Taczew. »Sobald es ihm schlecht geht, ist er so sanft wie ein Franziskaner. Demütig wie ein Lamm, süß wie Honig, zeigt er sich einem jeden gegenüber, als der nachsichtigste, beste Mensch erscheint er. Kaum ist er sich jedoch seiner Macht bewußt, tritt er aufs hochmütigste auf, erweist er sich erbarmungslos, so daß man glauben könnte, der Herr Jesus habe ihm einen Kieselstein, statt eines Herzens verliehen. Unter den verschiedensten Völkern habe ich doch schon Umschau gehalten, und stets überzeugte ich mich, daß der echte Ritter dessen schonte, welcher der Schwächere war, indem er sich sagte, es könne ihm nicht zur Ehre gereichen, den vor ihm Liegenden völlig darnieder zu treten. Starr und unbeugsam sind die Kreuzritter. Haltet Euere Faust über sie, sonst ergeht es Euch schlimm! Nicht nur Abbitte forderte der Gesandte von Euch, nein, Schimpf wollte er Euch anthun. Gar froh bin ich darüber, daß ihm dies nicht gelang.«

      »Das wird ihm niemals gelingen!« rief Zbyszko.

      »Laßt es ihn auch nicht merken, so Euch Sorge bedrückt, denn sonst würde er Euch rücksichtslos verlachen.«

      Nunmehr waren die Drei wieder zu dem Hofstaate der Fürstin gestoßen. Kaum nahm jedoch der Kreuzritter die beiden Edelleute aus Bogdaniec wahr, so verfolgte er sie mit seinem hochmütigen, verächtlichen Blicke, sie aber thaten, als ob sie ihn nicht beachteten. Zbyszko hielt sich an der Seite Danusias, mit der er fröhlich über Krakau zu plaudern begann, das von der Höhe aus bereits zu sehen war, während Macko einem der fahrenden Schüler erzählte, daß der Herr von Taczew mit einer Hand Zbyszkos Spieß wie dürres Rohr am Schafte geknickt habe.

      »Weshalb hat er denn dies gethan?« fragte der fahrende Schüler.

      »Weil Zbyszko ihn, freilich nur zum Spaße, auf den Deutschen anlegte.«

      Den Schüler dünkte zwar ein solcher Scherz nicht angemessen, doch da er sah, wie leichthin Macko darüber sprach, legte er ihm keine große Bedeutung bei. Die Stimmung des Kreuzritters ward eine immer gereiztere. In der Erwartung, daß ihm Macko und Zbyszko Abbitte leisten würden, sah er sich schmählich getäuscht, seine Augen blitzten mit einemmale zornig auf, und mit der Miene eines schwer Gekränkten verabschiedete er sich von der Fürstin.

      Da vermochte der Herr von Taczew nicht länger an sich zu halten, sondern rief ihm zu: »Seid getrost, tapferer Ritter. Das Land ist ruhig und niemand wird Euch feindlich überfallen, wennschon ein gewisser junger Bursche zum Spaße …«

      »Seltsam sind zwar die Sitten in diesem Lande,« entgegnete Lichtenstein, »allein nicht Schutz suchte ich bei Euch, nein, mir war es um Eure Gesellschaft zu thun. Doch voraussichtlich werden wir uns noch einmal treffen, sei es an dem hiesigen Hofe oder an einem andern …«

      Die letzten Worte klangen wie eine unterdrückte Drohung, weshalb Powala feierlich erwiderte: »Das gebe Gott!«

      So antwortend, neigte er sich leicht, wandte sich achselzuckend ab und sagte halblaut vor sich hin, doch so, daß die ihm Zunächststehenden es hören konnten: »Gelbschnabel! Am liebsten möchte ich Dich mit der Spitze meines Speeres aus dem Sattel heben und während dreier Vaterunser frei in der Luft halten.«

      Unverweilt begann er hierauf eine Unterhaltung mit der Fürstin, die ihm wohl bekannt war. Anna Danuta fragte ihn, was denn seines Amtes sei, und er setzte ihr auseinander, daß er auf königlichen Befehl die Ordnung in der Umgegend aufrecht zu erhalten habe, die Sicherheit auf der Landstraße sei durch die große Zahl der Gäste gefährdet, die nach Krakau zogen. Gar leicht könnte sich unter ihnen ein Zwist erheben, erklärte er weiter, just eben sei er selbst Zeuge eines solchen gewesen. Er erzählte den ganzen Hergang, wennschon er aber anfänglich daran gedacht hatte, die Fürstin um Fürsprache für Zbyszko zu bitten, verschob er das nun schließlich doch auf eine spätere Zeit und vermied es, dem Streite irgend welche Bedeutung beizulegen, um die frohe Laune der Fürstin nicht zu trüben. Anna Danuta lachte sogar herzlich über den Eifer Zbyszkos, die Pfauenbüsche zu erlangen – die andern jedoch, welche der Erzählung lauschten, erkundigten sich eingehend über den Vorfall und äußerten laut ihre Bewunderung des Herrn von Taczew, der mit einer Hand den Spieß des Zbyszko zerbrochen hatte.

      Der etwas prahlerisch angelegte Herr von Taczew freute sich jedoch in seinem Herzen über das Lob, das man ihm zollte, und wurde nicht müde, verschiedene