Karin Bucha Staffel 5 – Liebesroman. Karin Bucha. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karin Bucha
Издательство: Bookwire
Серия: Karin Bucha Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740930264
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ihnen gewechselt. Sie gehen zusammen mit Eva-Maria hinüber zur Bar, und Karsten läßt das Lieblingsgetränk Charly Harris’ in die Gläser füllen.

      »Ich danke Ihnen herzlich für Ihr Kommen«, sagt Karsten aus einem ehrlichen Herzen heraus. Schon immer fühlte er sich seltsam zu dem hageren Engländer mit den weißen Haaren und den blitzenden hellen Augen hingezogen. Seine Gefühle für ihn sind wie die für einen Vater.

      Später sitzen Onkel und Nichte sich allein gegenüber. Er betrachtet sie mit wacher Aufmerksamkeit. »Du gefällst mir nicht recht, Kind.«

      »Wie – meinst du das?«

      »Bist du noch nicht weitergekommen?«

      Eva-Maria errät sofort, was der Onkel meint. Glühendes Rot ergießt sich in ihre Wangen. »Es ist alles so schwer, Onkel Charly«, klagt sie leise.

      »Komm mit zu mir, Eva-Maria«, bittet er sie inständig. »Jetzt ist doch sowieso nicht viel los – oder doch?«

      »Ich habe einige Salons einzurichten«, berichtet sie eifrig, zu eifrig, wie ihm scheint. »Weißt du, mit alten, kostbaren Möbeln, Leuchtern und Bildern.«

      »Ist das so wichtig?« erkundigt er sich zweifelnd. »Tom Bradley liebt dich. Er fragt immerzu nach dir. Er wäre der glücklichste Mensch, wenn du seine Frau würdest. Du hättest es bestimmt gut bei ihm.«

      »Onkel!« Sie sieht ihn aus entsetzten Augen an. »Wie kannst du mir dazu raten? Hast du jemals meine Mutter vergessen können?«

      »Nein«, muß er ehrlich und kleinlaut zugeben. »Verzeih, Liebling.«

      Sie legt ihre schlanken Finger auf seine Hand. »Wir wollen nicht mehr davon sprechen, bitte, Onkel Charly.«

      Er seufzt tief auf. »Gut, wenn es dir weh tut.«

      Ein Schatten fällt in den Lichtkreis der Leselampe, unter der sie sitzen. »Darf ich wohl um diesen Tanz bitten?«

      Sie erschauert und erhebt sich bereitwillig, winkt dem Onkel leicht zu und geht beglückt an Karstens Arm ins Nebenzimmer, wo fleißig getanzt wird. –

      Indessen sieht Charly Harris sich um. Sein Blick fällt auf Lieselotte Reincke und deren Nichte Marlies.

      Ein reizendes Kind – überlegt er –, da steuert Lieselotte Reincke schon auf ihn zu, und er springt ehrerbietig auf.

      »Gnädige Frau, meine Verehrung.«

      »Das ist meine Nichte Marlies Ehrhardt«, sagt sie, und Marlies macht, von der imponierenden Erscheinung des alten Herrn beeindruckt, einen tiefen Knicks.

      Nicht lange dauert es, und Marlies hat ihre Munterkeit wiedergefunden. Man lacht viel und herzlich in der gemütlichen Ecke, wo sich die drei Menschen zusammengefunden haben.

      »Wie halten Sie es eigentlich hier aus«, spricht indessen Ulrich Karsten während des Tanzes zu Eva-Maria. »Sie sind doch zum größten Teil auf dem Lande aufgewachsen, sozusagen auf einem Pferderücken.«

      »Ach, der alte Ahlers hat mir eines seiner Reitpferde zur Verfügung gestellt. Davon mache ich hin und wieder Gebrauch«, antwortet sie. »Außerdem kann ich nicht gut ohne Arbeit sein. Vor allem liebe ich meine Selbständigkeit.«

      »Unsere Großmütter fanden ihre Erfüllung in der Ehe, im Kreise der Familie mit ihren Kindern«, sagt er gedankenvoll.

      »Das sagen ausgerechnet Sie?« fährt sie ihn betroffen an.

      »Können Sie es mir verdenken?« gibt er ironisch lächelnd zurück. »Gebranntes Kind scheut das Feuer.«

      »Nicht alle Frauen sind schlecht«, wirft sie ihm empört entgegen.

      »Warum wollen Sie mir durchaus eine bessere Meinung beibringen?« forscht er spöttisch.

      »Weil Sie verallgemeinern und damit den wirklichen wertvollen Frauen bitteres Unrecht tun«, bebt es von ihren Lippen. Ordentlich erregt ist sie. Ihre Augen sind dunkel, tiefdunkel, wie Samt, und es glitzert darin vor Empörung.

      Schlagartig erkennt er, daß diese Frau ihn liebt. Diese Erkenntnis wirft ihn völlig um. Er strafft sich ordentlich, als müsse er sich wappnen.

      »Geben Sie sich keine Mühe, mir eine bessere Meinung beizubringen«, sagt er, aber seine Stimme ist unsicher und tonlos. »Ich werde mir die Frauen immer ein paar Schritte vom Leibe halten. Zu sehr hat eine einzige sich gegen die Liebe versündigt.«

      Eva-Maria ist blaß bis in die Lippen. »Sie tun es ja auch«, stößt sie, außer sich, hervor. »Sie spielen auch mit Frauenherzen. Sie sind nicht ein bißchen besser.«

      »Aber – Fräulein Eva-Maria«, stammelt er betroffen.

      Ruckartig löst sie sich von ihm. Sie bebt am ganzen Körper.

      »Ja, einmal muß ich es Ihnen sagen. Sie liebäugeln mit dem Mitleid, das Sie mit sich selbst haben. Dabei gehen Sie an wahrer Liebe kalt vorüber. Sie fragen auch nicht danach, ob neben Ihnen ein anderer Mensch zugrunde geht.«

      »Eva-Maria!« wiederholt er noch­mals, und auch aus seinen Zügen ist die Farbe gewichen. »Sie tun mir – unrecht.«

      »Nein!« Das klingt eiskalt. »Das ist die reine Wahrheit, und nun bringen Sie mich bitte zu meinem Onkel. Ich möchte nach Hause, da ich müde bin.«

      »Bitte!« Er reicht ihr den Arm, verstört, bis ins Innerste getroffen.

      Sie flüchtet sich an des Onkels Seite. »Wir wollen gehen, Onkel Charly, bitte«, flüstert sie und zerrt ihn fast aus dem Sessel.

      »Aber Kind, wo ich eben erst gekommen bin.« Er schaut sich verwundert nach Ulrich Karsten um. Der steht mit finster gerunzelter Stirn im Türrahmen. Da hat es etwas gegeben – schießt es ihm durch den Kopf, und bereitwillig geht er mit.

      In Eva-Marias Wohnung empfängt sie friedliche Stille. So wie sie ist, im kostbaren Abendkleid, wirft sie sich auf die Couch, legt das Gesicht in die Hände und schluchzt und weint bitterlich.

      Tröstend, aber wortlos, streicht Onkel Charly über ihren Kopf.

      Nach einer Weile, als das wehe Weinen leiser geworden ist, bricht er die Stille.

      »Habe ich es dir nicht gesagt, Eva-Maria? Diese Liebe bringt dir nur Leid – vielleicht sogar Unglück.«

      *

      »Warst du eigentlich schon einmal in der Bar ›Zum Blauen Engel‹?« fragt William Reincke, nachdem die Gäste gegangen sind und sie allein noch gemütlich zusammen sitzen. William Reincke ist aufgeschlossen und angeregt. Ulrich Karsten zerstreut und fahrig.

      Er raucht ununterbrochen und kippt ein Glas nach dem anderen von dem guten Cognac hinunter.

      Ruckartig hebt er den Kopf. »Ich werde auch nur einmal den Fuß hineinsetzen, nämlich um die Bar zu verkaufen.«

      William schüttelt im Nichtbegreifen den Kopf. »Aber das ist doch eine Goldgrube.«

      »Frank Bendler hat sich haltlos dem Trunk ergeben. Ich fürchte, der Laden wird zurückgehen.«

      »Der arme Kerl«, sagt Reincke mitleidig. »Laß uns doch nächstens mal hingehen? Wir sehen uns den Betrieb mal an, das heißt, ich kenne ihn ja, aber du kennst ihn noch nicht.«

      »Einverstanden«, erklärt Karsten sich dazu bereit.

      »Hattest du etwas mit Eva-Maria?« fragt er nach einer Weile. Karsten will sich zuerst in sich verschließen, dann entschließt er sich zur Offenheit.

      »Ich glaube, sie liebt mich.«

      »Hast du es endlich gemerkt«, unterbricht Reincke ihn erfreut.

      »Sie braucht sich gar keine Hoffnungen zu machen«, sagt Karsten schroff und unnachsichtig gegen sich selbst, denn eine Stimme will sich in ihm erheben, die für Eva-Maria spricht.

      »Ach, du lieber Gott«, stöhnt Reincke tief auf. »Wie können sich zwei Menschen das Leben so schwer machen.«

      »Verzeih!«