I. Die Menschenseele und die substanziale Form des Menschen
III. Eigentümlichkeit der Seele als Geistwesen
IV. Zusammenfassende Darstellung des menschlichen Individuums
VIII. Das soziale Sein der Person
A. Zugehörigkeit der sozialen Bestimmtheit zum Sein der Person
I. Soziologische Grundbegriffe
III. Analyse des Volkes und der Volkszugehörigkeit
IX. Überleitung von der philosophischen zur theologischen Betrachtung des Menschen
I. Ergänzungsbedürftigkeit der philosophischen Betrachtung des Menschen
II. Pädagogische Bedeutung der eucharistischen Wahrheiten
III. Aufgabe einer theologisch-pädagogischen Anthropologie
I. Die Idee des Menschen als Grundlage der Erziehungswissenschaft und Erziehungsarbeit
A. Theorie und Praxis – Metaphysik, Erziehungswissenschaft, Erziehungsarbeit
Hinter allem Tun des Menschen steht ein Logos, der es leitet. Wie schwer es ist, in einem deutschen Wort das wiederzugeben, was der Name »Logos« umschließt, das hat uns Fausts Bemühen um eine treffende Übersetzung anschaulich klar gemacht. Es bezeichnet einmal eine objektive Ordnung des Seienden, in die auch das menschliche Tun eingefügt ist. Es bedeutet sodann eine im Menschen lebendige Auffassung dieser Ordnung, die es ihm möglich macht, in seiner Praxis dieser Ordnung gemäß (ist gleich »sinngemäß«) zu verfahren. Der Schuster muß mit der Natur des Leders vertraut sein und mit den Mitteln, mit denen es zu behandeln ist, und muß wissen, was von brauchbaren Schuhen zu verlangen ist, um sachgemäß arbeiten zu können. Aber diese lebendige Auffassung, die der Arbeit zugrunde liegt, braucht nicht immer zu einem klaren geistigen Bild, d. h. zu einer »Idee« der Sache, und erst recht nicht zu einer begrifflichen Fassung vorgedrungen zu sein. Alles, was wir mit den Worten auf »-logie« oder »-ik« bezeichnen, sind Versuche, den Logos eines Sachgebiets in ein auf klare Erkenntnis gebautes begriffliches System, in eine Theorie einzufangen. – Alle Erziehungsarbeit, die sich bemüht, Menschen zu formen, ist geleitet von einer bestimmten Auffassung des Menschen, seiner Stellung in der Welt, seiner Aufgaben im Leben, sowie der Möglichkeiten praktischer Menschenbehandlung und Formung. Die Theorie der Menschenformung, die wir Erziehungswissenschaft nennen, gehört organisch in den Zusammenhang eines Gesamtbildes der Welt hinein, d. h. in eine Metaphysik, und die Idee des Menschen ist der Teil des Gesamtbildes, an den sie am unmittelbarsten gebunden ist. Es ist sehr wohl möglich, daß jemand Erziehungsarbeit leistet, ohne eine Metaphysik als durchgedachtes System und ohne eine entfaltete Idee des Menschen zu haben. Aber irgendeine Auffassung der Welt und des Menschen liegt seinem Tun zugrunde. Und es ist möglich, von seinem Tun her zu der Idee vorzudringen, die ihm objektiv entspricht. Ebenso ist es möglich, daß pädagogische Theorien in metaphysische Zusammenhänge hineingehören, über die sich die Vertreter dieser Theorien, evtl. selbst ihre Urheber nicht klar sind. Es kann auch vorkommen, daß jemand eine Metaphysik »hat« und zugleich eine pädagogische Theorie aufbaut, die einer ganz andern Metaphysik entspricht. Und es kann jemand in der Erziehungspraxis ganz anders verfahren, als es seiner pädagogischen Theorie und seiner Metaphysik entspricht. Dieser Mangel an Logik und Konsequenz hat auch eine gute Seite: Er ist ein gewisser Schutz gegen die radikale Auswirkung verfehlter Theorien. Ganz unwirksam aber werden Ideen oder Theorien, die man hat, niemals sein. Wer sie vertritt, wird sich bemühen, nach seinen Ideen zu handeln, oder auch unwillkürlich von ihnen beeinflußt sein, wenn auch tieferliegende und nicht klar bewußte gegensätzliche Auffassungen seine Praxis mitbestimmen.
Man könnte nun, um die Bedeutung der Idee des Menschen für Erziehungswissenschaft und Erziehungsarbeit umfassend zu zeigen, von den Haupttypen pädagogischer Theorien und pädagogischen Verfahrens in Vergangenheit und Gegenwart ausgehen und die metaphysischen Zusammenhänge aufdecken, in die sie hineingehören. Dazu würde aber viel mehr Zeit gehören als uns zur Verfügung steht. Es können hier nur einige anregende Hinweise gegeben werden, und das möchte ich auf dem umgekehrten Wege versuchen: von einigen Typen der Menschenauffassung ausgehen, die für unsere Zeit bedeutsam sind, und sie in ihre pädagogischen Konsequenzen verfolgen.
I. Pädagogisch wirksame Menschenbilder der Gegenwart
1. Das Menschenbild des deutschen Idealismus (Humanitätsideal) und seine pädagogische Bedeutung
Als einen wesentlichen und charakteristischen Vorgang im deutschen Geistesleben der Gegenwart betrachte ich den Zusammenbruch des deutschen Idealismus, der in der Mitte des 19. Jahrhunderts durch materialistische und positivistische Strömungen zurückgedrängt war, aber in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts eine Renaissance erlebte und noch einmal siegreich vordrang; etwa von der Jahrhundertwende an setzten die Strömungen ein, die ihn allmählich zurückdrängten, bis er im Krieg sein großes Fiasko erlebte. In der Pädagogik wirkt er bis heute noch mächtig nach. Es kann hier nicht die Aufgabe sein, ihn in seinem allgemeinen philosophischen Charakter zu zeichnen. Nur einige Züge aus seinem Menschenbild sollen hervorgehoben werden, dem Menschenbild, das uns allen aus unsern klassischen Dichtern vertraut ist.
Der Mensch, wie ihn Lessing, Herder, Schiller und Goethe (ungeachtet aller Verschiedenheiten, die sich bei ihnen aufweisen lassen) übereinstimmend sehen, ist frei, er ist berufen zur Vollkommenheit (die sie »Humanität« nennen), er ist Glied in der Kette des gesamten Menschengeschlechtes, das sich fortschreitend dem Vollkommenheitsideal annähert; jeder Einzelne und jedes Volk hat kraft seiner Eigenart eine besondere Aufgabe im Gang der Menschheitsentwicklung zu erfüllen. (Diese eigentlich schon über den Klassizismus hinausgehende Idee ist Herders spezieller Beitrag zum Humanitätsideal.) Diese Auffassung des Menschen enthält starke Impulse zu einem freudigen pädagogischen Optimismus und Aktivismus, wie er sich in den lebhaften pädagogischen Reformbewegungen um die Wende des 18. ebenso wie seit der Wende des 19. Jahrhunderts tatsächlich zeigt. Das Humanitätsideal bedeutet für den Erzieher ein hohes Ziel, zu dem er den Zögling heranbilden muß. Die Freiheit macht es möglich und nötig, den Zögling zur Arbeit auf das Ziel hin aufzurufen. Seine Selbsttätigkeit