Jeremias: Eine dramatische Dichtung in neun Bildern. Стефан Цвейг. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Стефан Цвейг
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 4064066116149
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sagt, es sei nicht wahr?

      EINE STIMME:

      Ich sage es. In Babel bin ich gewesen und habe Nabukadnezarn gesehen. Er ist gewaltig und sein Kriegsvolk ohne Makel.

      STIMMEN:

      Du Schurke, lobpreisest du unsere Feinde ... ein Gekaufter ist er ... sein Weib ist eine Chaldäerin ... sie hat gehurt mit allen Knechten Babels ... Verräter ...

      DER KRIEGER (vortretend zu den Sprechenden):

      Willst du sagen, wir könnten ihrer nicht obsiegen?

      DIE STIMME:

      Ich sage, daß sie mächtig sind, die Chaldäer.

      DER KRIEGER (auf ihn eindringend):

      Meine Faust sieh hier und sage noch einmal, sie seien besser denn Israel.

      STIMMEN:

      Sag es noch einmal ... zerreißt ihn ... Verräter ... Verräter ...

      DER SPRECHER (von allen gefaßt, eingeschüchtert):

      Nicht das sagte ich ... ich meinte ... ich meinte, daß ihrer viele sind.

      ABIMELECH:

      Immer waren unserer Feinde viel, und immer haben wir sie geschlagen.

      STIMMEN:

      Wer kann an wider uns ... alle haben wir geschlagen ... Moab zerschmettert und Ammon ... Sanherib und seine Tausendmaltausend ... die Philister und Amalek ... Wer kann uns widerstehn ... Tod über den, der uns schmäht ...

      (EINIGE BOTEN eilen aus dem Palast.)

      DIE MENGE (sie umdrängend):

      Wohin eilet ihr ... was bringt ihr ... wen suchet ihr ... was ist ...

      EIN BOTE:

      Der König hat den Rat berufen.

      STIMMEN:

      Krieg ... er beschließet den Krieg ... Krieg ...

      ABIMELECH:

      Wen hat er berufen?

      DER BOTE:

      Imre, den Ältesten, Nachum, den Verwalter; und auch an dich ergehet sein Ruf.

      ABIMELECH:

      Zauderern bin ich gesellt und Klüglern, die das Wort wägen und schauern vor der Tat. Aber ich bringe mein Schwert, und ich will es von mir werfen, darf ich es nicht zücken wider Assur. Dein ist die Stunde, ich kämpfe für sie, Volk von Jerusalem!

      DIE MENGE:

      Heil Abimelech ... Heil Abimelech ... heil dir, du Gottesstreiter ... heil ...

      (ABIMELECH eilt in den Palast.)

      BARUCH:

      Ihm nach, ihm nach! Der König soll unsere Stimme hören, er höre unsern Willen erdonnern vor seinem Palast.

      SEBULON:

      Ich verstoße dich, wenn du nicht schweigest. Der König will beraten, und Ruhe muß sein um den Ratschluß.

      BARUCH:

      Er soll nicht beraten. Er beschließe! Er beschließe den Krieg! Wir alle wollen den Krieg.

      STIMMEN:

      Ja, wir alle ... wir alle ... schreit auf zu ihm ...

      EINE STIMME:

      Nein, ich will keinen Krieg ... ich will keinen Krieg ...

      STIMMEN:

      Schweige ... Verräter ... noch ein Gekaufter ... wer bist du ... nieder mit ihm ... wer bist du ...

      DER SPRECHER:

      Ein Bauer bin ich, und nur im Frieden blüht mein Feld. Aber der Krieg stampft meine Äcker und zerstößt mir die Scholle. Ich will keinen Krieg, ich will nicht!

      BARUCH (wild):

      Schmach über dich! Schmach über dich! Daß du doch faultest in deinem Acker und ersticktest an deinen Früchten! Fluch denen, die am Gewinn ihren Mut messen und an ihrem Leben des Landes Geschick! Israel ist unser Acker, und wir wollen ihn düngen mit unserm Blute, denn, ihr Brüder, es ist Seligkeit, zu sterben für den alleinigen Gott.

      DER SPRECHER:

      So stirb und lasse mich leben. Die Erde liebe ich, auch sie ist Gottes, und er hat sie mir zu eigen gegeben.

      BARUCH:

      Nichts ist uns zu eigen gegeben, Lehen ist alles vom lebendigen Gotte, daß wir es wiedergeben an ihn auf seinen Ruf. Und sein Ruf ist erschollen, oh, daß wir ihn hörten! Erfüllet sind die Zeichen! Oh, wo sind die Künder der Worte, wo sind sie, die seines Geistes sind, daß sie die Trägen entflammen und hören machen die Tauben. Wo sind die Priester, wo sind die Profeten? Was schweigt ihre Stimme in dieser Stunde zu Jerusalem?

      STIMMEN:

      Ja ... die Profeten ... wo sind sie, die Priester ... wecket sie auf ... sie versäumen die Stunde ... wo ist Hananja ...

      BARUCH:

      Zum Tempel empor! Nichts ohne Gottes Wort! Sie mögen entscheiden, die Gottesmänner!

      STIMMEN:

      Ja ... wo sind unsere Hirten ... in ihnen ist die Wahrheit ... Hananja ... Pashur ... wo sind sie ... tut auf den Tempel ... tut auf das Tor ... Hananja ... Pashur ...

      (EINIGE sind die Stufen hinaufgeeilt und schlagen an die erzene Tür. Die Tür tut sich auf, und es erscheint im Ornat:)

      PASHUR (der Hohepriester):

      Was ist dein Begehr, Volk von Jerusalem?

      BARUCH:

      Erfüllt ist die Verheißung, aufstehet das Volk! So säume nicht. Sprich den Fluch über unsere Widersacher, denn die Stunde der Freiheit winket deinem Volke.

      STIMMEN:

      Tu den Tempel auf, daß Gott über uns sei ... den Profeten rufe, daß er uns Wahrheit sage ... aus den Büchern lies die Weissagungen ... zum Könige sprich und zum Volke ...

      PASHUR:

      Was ist geschehen? Was glühet ihr mit einem Male?

      BARUCH:

      Ein Bündnis ist geboten von Ägypten wider Assur, und der König zaudert. Krämer und Knechte sind seine Vertrauten. Doch das Volk verlanget eurer Stimme.

      STIMMEN:

      Die Profeten rufe, daß sie uns Weisheit lehren ... Hananja ... Hananja ... wann waren sie vonnöten, die heiligen Worte, wenn nicht zu dieser Stunde?... Ihrer sei die Entscheidung ... Hananja ...

      PASHUR:

      Was begehret ihr des Profeten?

      BARUCH:

      Sein Wort falle in unser Herz, er segne Israel, er verfluche Nabukadnezar und seine Knechte ... Sein Wort soll wie Feuer über uns fahren, daß wir entbrennen. Hananja rufe, Hananja, es fordert ihn die Stunde, Gott fordert ihn.

      DIE MENGE:

      Hananja ... wo ist unser Profet ... Gott fordert ihn ... Er erscheine ... wir dürsten nach seinem Worte ... Hananja ... Hananja ...

      (HANANJA tritt aus der Tür des Tempels.)

      (DIE MENGE bricht bei seinem Anblick in wilde Jubelrufe aus.)

      BARUCH (zu ihm empor):

      Hananja, Gottes Gesandter, siehe, dein Volk dürstet nach deiner Rede! Gieß aus die Welle deines Wortes über sie, daß Kraft ihnen entbrande, mache fruchtbar unsern Ingrimm und ziele unsern Zorn. In deinen Händen liegt Jerusalems Schicksal!

      DIE MENGE:

      Gieß aus Gottes Wort über uns ...