1. Acuera (Timucua), um 1540
Textvorlage: Henry M. Schoolcraft: Historical and Statistical Information respecting History, Condition and Prospects of the Indian Tribes of the United States. Vol. III, Philadelphia 1854, S. 37f. und Francis S. Drake: The Indian Tribes of the United States. Volume II. Philadelphia 1884, S. 34; ebenfalls zu finden ist der Text in: Theodore Irving: The Conquest of Florida by Hernando de Soto. Vol. I, Philadelphia 1835, S. 104
Hintergrund: Die Timucua waren ein Stamm amerikanischer Ureinwohner im Norden Floridas, der aus Teilstämmen und insgesamt 35 Siedlungsgruppen mit in der Regel zwei bis zehn Siedlungen bestand, in denen jeweils etwa 300 Menschen lebten. Die östlichen Timucua siedelten entlang des St. Johns River und an der Atlantikküste, die westlichen im Landesinneren der Halbinsel bis zum Aucilla River. Sie besaßen eine eigene Sprache mit zehn Dialekten, die sie zumindest mehrheitlich gebrauchten und aufgrund derer sie als eine kulturelle Einheit betrachtet werden, während sie keinen engeren politischen Zusammenschluss bildeten. Die ältesten ihnen zugewiesenen archäologischen Funde reichen in die Zeit um 1100 bis 1300 zurück. Bei ihnen konnten Männer und Frauen als Leiter des Gemeinwesens fungieren.
Die Acuera, die zur östlichen Gruppe gehörten, lebten entlang des Ocklawaha River und am Lake Apopka und besaßen einen eigenen Dialekt.
1513 wurde die Halbinsel Florida durch Juan Ponce de León entdeckt, als er in der Nähe des späteren St. Augustin landete. 1539 kam Hernando de Soto, der zuvor an der Eroberung des Inkareiches in Peru mitgewirkt hatte, mit einer Armee von etwa 500 Spaniern nach Florida. Er trieb seinen Vormarsch eilig bis zu den Orten Ocale, Potano, Nord-Utina und Yustaga voran, denn sein eigentliches Zielgebiet war das Land der Apalachen, ebenfalls eines Stammes von Ureinwohnern, die nördlich der Timucua siedelten. De Sotos Männer nahmen viele einheimische Bewohner gefangen: Frauen als persönliche Sklavinnen, junge Männer als Träger und ortskundige Führer. Zwei heftige Gefechte mit den Timucua kosteten die Indianer viele Opfer. Durch Stammesmitglieder, die er hatte festnehmen lassen, nahm De Soto Kontakt mit Acuera, dem Häuptling des gleichnamigen Teilstammes auf. Er forderte ihn auf, sich mit den Spaniern zu arrangieren, andernfalls würde es den Ureinwohnern übel ergehen. Acueras Antworten aus dem sich entwickelnden Wortgefecht sind in der folgenden Rede zusammengefasst. Man einigte sich nicht.
Die Timucua führten von da an einen Guerillakrieg gegen die Besatzer, bei dem sie zwar selbst relativ wenige Opfer zu beklagen, aber auch keinen langfristigen Erfolg zu verbuchen hatten. Schon am Ende des 16. Jahrhunderts war die Urbevölkerung um etwa drei Viertel geschrumpft, unter anderem durch Epidemien. Bis 1800 war der Stamm durch Auseinandersetzungen mit weißen Einwanderern – darunter die Timucua-Rebellion von 1656 – und Nachbarstämmen, aber auch als Leidtragender der Auseinandersetzungen zwischen den spanischen, englischen und französischen Kolonialherren ausgelöscht. Die wenigen Überlebenden gingen in anderen Stämmen, wie z.B. den Creek, auf.
Die Rede: In den vergangenen Jahren waren bereits andere eures verfluchten Volkes hier und haben unsere friedlichen Gestade vergiftet. Sie haben mich gelehrt, wer ihr seid. Was ist euer Beruf? Wie Vagabunden von Land zu Land zu ziehen, die Armen zu berauben, diejenigen zu betrügen, die euch vertrauen, und die Schutzlosen kaltblütig zu ermorden! Nein! Mit solchen Menschen will ich keinen Frieden, keine Freundschaft. Krieg, Krieg ohne Ende, Krieg bis zum Letzten, das ist das einzige Entgegenkommen, das ich will.1
Ihr rühmt euch, gute Kämpfer zu sein, und das mögt ihr sein. Meine treuen Krieger jedoch sind nicht weniger tapfer – und ihr werdet eure Kampfkraft eines Tages unter Beweis stellen müssen, denn ich habe geschworen nicht zu ruhen, solange sich noch ein weißer Mann auf meinem Land befindet, und zu kämpfen, nicht im offenen Kampf – obzwar wir auch das nicht fürchten – sondern mit Kriegslist, aus dem Hinterhalt und durch Überfälle mitten in der Nacht.
Ich bin König meines eigenen Landes, und ich werde nie der Vasall eines Mannes werden, der sterblich ist wie ich selbst. Schimpf und Schande über den, der sich unter das Joch eines anderen beugt, wenn er frei sein kann. Was mich und mein Volk betrifft, so wählen wir eher den Tod, ja hundert Tode, als die Freiheit zu verlieren und unser Land unterjochen zu lassen.
Nur weiter so, ihr Räuber und Betrüger: Wir Acuera und Apalachee2 werden euch behandeln, wie ihr es verdient. Jeden Gefangenen werden wir vierteilen und am höchsten Baum am Straßenrand aufhängen.
2. Wahunsonacock (Powhatan), um 1609
Textvorlage: Samuel G. Drake: Biography and History of the Indians of North America, from its first Discovery. Boston 111851, S. 353
Hintergrund: Die Powhatan waren ein Algonkin-Stamm, der in der Gegend der späteren US-Bundesstaaten Virginia und Maryland siedelte. Ihr berühmtester Häuptling war Wahunsonacock oder Wa-hun-sen-a-cawh, bekannt unter dem Namen seines Stammes Powhatan. Wahunsonacock wurde um 1547 in der Nähe von Richmond/Virginia geboren. Sein Vater soll von den Spaniern aus der Gegend von Florida nach Norden vertrieben worden sein und hatte einen Verband mehrerer Algonkin-Stämme gegründet, den Wahunsonacock erheblich erweiterte und schließlich auf über 100 Dörfer mit etwa 9000 Einwohnern ausdehnte. (Die Zahlenangaben schwanken.) Zentraler Ort der Powhatan war Werowocomoco am York River.
Wahunsonacock soll elf Frauen und 20 Kinder gehabt haben, darunter einen Sohn Namontack und eine später berühmt gewordene Tochter: Pocahontas.
Es war Powhatan, der englischen Neuankömmlingen gestattete, ihre erste ständige Kolonie Jamestown im Gebiet seines Stammes zu gründen. Obwohl er wahrscheinlich von der ersten Begegnung an bis zu seinem Tod misstrauisch gegen die Weißen war, bemühte er sich um ein friedliches Zusammenleben und hielt die radikalen Kräfte in seinem Stamm zurück. Wahunsonacocks Sohn Namontack (1585–1610) verschaffte den Neusiedlern Nahrungsmittel und lernte seinerseits die britische Lebensweise kennen, reiste sogar nach England und wurde auf der Rückkehr in einem Streit an Bord getötet. 1608 wurde Wahunsonacock von den englischen Siedlern zum König von Virginia ernannt, bald darauf wich er aber weiter ins Landesinnere zurück, vermutlich wegen zunehmender Entfremdung von den Weißen. Im selben Jahr nahmen die Powhatan einige Engländer gefangen, darunter den Abenteurer und Mitbegründer von Jamestown, John Smith. Diesen rettete nach der Überlieferung Pocahontas durch ihre Fürsprache vor der Hinrichtung. Anlässlich eines Streites mit Smith, der den Häuptling heftig beschimpft hatte, hielt Wahunsonacock die unten stehende Rede.
Pocahontas heiratete 1610 den sonst nicht bekannten Häuptling Kocoun. Bei einem Austausch von Nahrungsmitteln gegen Gefangene, den die Häuptlingstochter 1613 begleitete, wurde sie selbst von den Weißen gefangen genommen. Sie wurde mit dem Christentum bekannt und ließ sich auf den Namen Rebecca taufen. Mit der Genehmigung ihres Vaters heiratete sie 1614 den Engländer John Rolfe, 1615 wurde der gemeinsame Sohn Thomas geboren. Die Verbindung beruhigte für einige Zeit die Spannungen zwischen Einheimischen und Weißen. 1616 reisten Pocahontas/Rebecca und John Rolfe nach England, wo sie am Königshof empfangen wurden. Kurz vor der Heimreise starb sie 1617 und wurde in einer Kirche in England bestattet.
Wahunsonacock starb 1618. Er hatte mehrere Brüder, darunter Opitchapan, den er offenbar kurz vor seinem Tod zu seinem Nachfolger machte, und Opekankanough (gest. 1644 in hohem Alter), der hinter dem nominellen Häuptling Opitchapan der eigentliche Anführer der Powhatan wurde und die Engländer aus dem Gebiet des Stammes vertreiben wollte. Am 22. März 1622