Mami Staffel 6 – Familienroman. Claudia Torwegge. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Claudia Torwegge
Издательство: Bookwire
Серия: Mami Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740926427
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ins Zimmer strömte, dumme Gedanken und Vorhaltungen, die sie da durch ihren Kopf gewälzt hatte. Doch ein paar Überlegungen ließen sich nicht so einfach vertreiben.

      Doch sie wollte nicht schon wieder beginnen, sich den Kopf zu zermartern. Also warf sie Steffi aus ihrem Bett und stand ebenfalls auf.

      Zum Glück war der Samstagmorgen pickepack mit Arbeit angefüllt, so daß Nathalie keine Zeit blieb, ständig an Clemens zu denken. Aber als gegen Mittag das Telefon klingelte, durchzuckte sie ein solch freudiger Schrecken, daß ihr die Tasse, die sie gerade in den Schrank räumen wollte, entglitt und am Boden zerschellte.

      »Für dich!« schrie Sandra aus der Diele. »Dein Brillenkönig!«

      Dafür hätte Nathalie ihr auf der Stelle den Hals umdrehen können. Wutentbrannt stürzte sie in den Flur und riß Sandy den Hörer aus der Hand.

      »Hallo?«

      »Hallo«, klang ihr Clemens’ dunkle, melodische Stimme ans Ohr. »Wie geht es dir? Hast du heute schon mal an mich gedacht?«

      Pausenlos, dachte Nathalie sehnsüchtig, aber laut antwortete sie:

      »Offen gesagt, nein. Hier tobt das Chaos. Samstags ist bei uns Großputztag.«

      Clemens war nicht beleidigt. Sein Lachen klang fröhlich und ansteckend.

      »So, dann störe ich wohl eher«, erwiderte er fröhlich. »Ich mach’s besser kurz. Hast du heute nachmittag Zeit? Ich wollte dich und, falls deine Kinder Lust haben, euch alle zum Apfelblütenfest nach Neurod einladen.«

      Nathalies Herz vollführte lauter kleine, groteske Hüpfer. Clemens wollte sie wiedersehen: Hurra!

      »Hallo?« rief Clemens in den Hörer, als sie nicht antwortete. »Bist du noch dran?«

      »Ja, ja!« Nathalie stieß die angestaute Luft aus den Lungen und umklammerte den Hörer so fest, daß die Knöchel weiß hervortraten. »Ja, ich bin noch da, natürlich. Du, ich komme gerne mit«, beteuerte sie eilig. »Ob die Kinder mitgehen, weiß ich nicht, das heißt, Steffi wird bestimmt begeistert sein, aber Dennis und Sandra…«

      »Frag’ sie einfach«, riet Clemens nachsichtig. Nathalie wurde das Gefühl nicht los, daß er sich ein bißchen über sie amüsierte. »Wäre dir drei Uhr recht?«

      »Drei Uhr?« Nathalie warf einen verzweifelten Blick zur Uhr. Ihr blieben noch genau zwei Stunden, um das Haus auf Hochglanz zu bringen, die Kinder abzufüttern und sich selbst ansehnlich herzurichten. Wie sollte sie das bloß schaffen? »Ist in Ordnung, drei Uhr paßt mir.«

      »Ich hole euch ab«, versprach Clemens. »Bis dann.«

      Bevor Nathalie noch etwas erwidern konnte, hatte er aufgelegt. Die Stirn in nachdenkliche Falten gelegt, kehrte sie in die Küche zurück. Was erledigte sie jetzt als erstes?

      Ihre Blicke wanderten über den halbausgeräumten Geschirrspüler, Putzeimer und Staubsauger, die mitten im Raum standen und das Fensterleder, das über einer Stuhllehne hing.

      »Dennis, Sandra, Steffi!« Nathalies Stimme durchdrang mühelos sämtliche Wände des Einfamilienhauses.

      Eine halbe Stunde später sah man die ganze Familie Reinke mehr oder weniger einträchtig den wöchentlichen Hausputz erledigen.

      *

      Dennis murmelte etwas von »muß noch Hausaufgaben machen«, als Nathalie ihn fragte, ob er mit ihnen nach Naurod fahren wollte. Sandra und Steffi hingegen waren begeistert. Die Aussicht auf Popcorn, Liebesäpfel und Autoscooterfahren versetzte die beiden in eine solche Hochstimmung, daß sie ohne zu murren ihre Zimmer blitzblank aufräumten.

      Als Clemens dann punkt drei Uhr an der Haustür klingelte, standen die beiden in ihren schicksten Sachen abmarschbereit in der Diele und begrüßten ihn beinahe stürmisch.

      »Na, das lasse ich mir gefallen«, freute er sich, als er die beiden sah. »In Begleitung dreier junger, hübscher Damen gehe ich am liebsten aus.«

      Sie kamen auf ihre Kosten. Obwohl Nathalie mehrfach warnte, erfüllte Clemens alle Wünsche, die die beiden »Damen« äußerten. Beladen mit Popcorntüten, Süßigkeiten aller Art und zwei großen Stoffhunden, die er für sie am Schießstand errungen hatte, kehrte die Truppe abends todmüde nach Hause zurück.

      Sie schreckten Dennis auf, der es sich im Wohnzimmer gemütlich gemacht hatte. Bei ihrem Eintreffen sahen sich die vier einem unbekannten jungen Mädchen gegenüber, das gerade Tee in große Becher schüttete.

      »Oh, hallo.« Dennis Gesicht war hochrot angelaufen. »Mutti – äh – Sandra…« Er schluckte nervös. »Da – da – das ist Bille«, stammelte er verlegen. »Wir haben zusammen Hausaufgaben gemacht.«

      Nathalie ging ein ganzer Kronleuchter auf. Also deshalb hatte sich Dennis in den letzten Wochen so seltsam verhalten! Er war verliebt!

      Rasch trat sie vor und reichte dem Mädchen die Hand.

      »Hallo, Bille«, begrüßte sie die Kleine, Nathalie schätzte sie nicht älter als höchstens fünfzehn Jahre, mit einem freundlichen Lächeln. »Ich bin Nathalie, Dennis’ Mutter.«

      »Und ich bin Steffi«, drängelte sich Stephanie in den Vordergrund. »Du siehst hübsch aus.«

      Damit hatte sie zweifelsohne recht. Bille besaß ein süßes, noch kindliches rundes Gesicht, in dem zwei große, blaue Augen neugierig in die Welt blickten. Um den weichen Mund spielte ein verlegenes, aber zugleich zutrauliches Lächeln.

      »Hey, ich bin Sandra«, meldete sich nun auch Sandy. »Sieh da, sieh da, mein großer Bruder. Ich dachte, der würde bloß für seinen Computer Augen haben.«

      »Halt die Klappe, blöde Kuh!« fuhr Dennis sie erbost an. Der Auftritt war ihm schrecklich peinlich.

      Nathalie eilte ihm zu Hilfe.

      »Wir haben beschlossen, eine kleine Grillparty zu veranstalten«, verkündete sie gewollt fröhlich. »Bille, wenn Sie Lust haben, sind Sie herzlich dazu eingeladen.«

      Das Paar wechselte einen raschen Blick miteinander, dann nickte Bille.

      »Gerne.« Das Leuchten in ihren Augen verriet, daß sie sich wirklich über die Einladung freute. »Kann ich irgendwie bei den Vorbereitungen helfen?«

      »Au ja!« Nathalie hielt nichts von falscher Zurückhaltung. »Sie und Dennis können in der Küche Zwiebeln und Gurken für den Salat schneiden. Du, Sandra, kümmerst dich um die Getränke und deckst den Tisch, Clemens spielt am Grill den Küchenchef und ich bereite die Würzsoßen fürs Fleisch.«

      »Und ich, was mache ich?« meldete sich Steffi, die auch mit von der Partie sein wollte.

      »Du zeigst Clemens, wo er den Anzünder und die Kohle findet, und bringst ihm das gewürzte Fleisch raus«, lautete Nathalies Order, womit Steffi zufrieden war.

      Die ganze Familie stürzte sich begeistert in die Vorbereitungen. Als sie schließlich alle zusammen um den großen, runden Gartentisch auf der Terrasse saßen und die Steaks auf dem Grill brutzelten, konnten Dennis und Bille mit einer reichhaltigen Salat- und Gemüseplatte glänzen, die sie in gemeinsamer Schäl- und Schnipselarbeit zusammengestellt hatten.

      Es wurde ein schöner, harmonischer Abend, an dem sie alle viel lachten, interessante Gespräche miteinander führten und sich ganz einfach irgendwie unheimlich wohl fühlten. Als Sandra irgendwann zufällig auf die Uhr blickte und erstaunt feststellte, daß die mitternächtliche Stunde bereits überschritten war, sahen sie sich alle erstaunt an. Wo war die Zeit geblieben?

      Aufbruchstimmung machte sich breit.

      Bille bot noch an, beim Aufräumen zu helfen, aber Nathalie lehnte ab und beauftragte Dennis, seine Freundin nach Hause zu begleiten.

      Steffi, die auf ihrem Stuhl schon beinahe einschlief, wollte unbedingt von Clemens ins Bett gebracht werden. Er übernahm die Aufgabe gerne und las ihr sogar noch drei Sätze aus ihrem Lieblingsmärchen vor. Drei Sätze deshalb, weil Steffi schon bei den ersten Worten tief und fest eingeschlafen