Edgar Wallace-Krimis: 78 Titel in einem Band. Edgar Wallace. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Edgar Wallace
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788026872146
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kann.«

      »Wer ist denn jetzt der Erbe?«

      »Den Titel erbt niemand. Das Vermögen geht an die Schwester des Jungen. Sie ist ein recht hübsches Mädchen.«

      Black sah ihn unter halbgeschlossenen Augenlidern hervor an.

      Sir Isaac drehte nachdenklich an seinem Schnurrbart und wiederholte noch einmal: »Wirklich – ein hübsches Mädchen.«

      »Dann haben Sie also … Aussichten?« fragte Black langsam.

      »Was meinen Sie damit?« Sir Isaac richtete sich auf.

      »Genau das, was ich sage. Der Mann, der sie einmal heiratet, bekommt einen ganz schönen Sack voll Geld. So ist es doch?«

      »Ja, so ähnlich«, antwortete Sir Isaac düster.

      Der Oberst stand auf und faltete seine Serviette sorgfältig.

      Er brauchte so notwendig bares Geld, daß er sich nicht viel darum kümmern konnte, was die City dazu sagte. Wenn Sandford seinen Plänen wegen der Fusion der Hütten im Norden entgegentrat, so war das allerdings eine andere Sache; aber er hoffte, mit ihm fertig zu werden, obwohl er schwer zu beeinflussen war.

      Er schaute seinen Geschäftspartner nachdenklich an.

      »Ikey«, sagte er dann, »in letzter Zeit legen Sie wenig Wert auf unsere gegenseitigen Beziehungen, ja Sie fangen sogar an, sich ihrer zu schämen. Ich habe plötzlich einen tugendhaften Charakterzug an Ihnen entdeckt, und ich muß sagen, daß mir das leid tut.«

      Er sah Sir Isaac gerade in die Augen.

      »Ach, Unsinn!« sagte der Baronet sorglos. »Sie wissen doch ganz genau, daß ich meine Stellung in der Gesellschaft wahren muß.«

      »Sie sind mir aber auch verschiedenes schuldig.«

      »Es sind nur viertausend Pfund. Und die sind gedeckt durch eine Lebensversicherung über fünfzigtausend Pfund, die für mich abgeschlossen ist.« »Die Prämie muß ich aber selbst zahlen«, brummte der Oberst bissig. »Ich dachte freilich im Augenblick nicht an Geld.«

      Er maß Sir Isaac von Kopf bis Fuß mit seinen Blicken.

      »Fünfzigtausend Pfund«, sagte er dann belustigt. »Mein lieber Ikey, wenn man Sie ermordet, sind Sie mehr wert als lebendig.«

      »Machen Sie doch nicht so gräßliche Witze!«

      Der Oberst nickte.

      »Nun gut, wir wollen nicht weiter darüber sprechen«, sagte er.

      Er schlug seinen Hausmantel zusammen, ging durch die Wohnung zu seinem Arbeitszimmer und schloß die Tür hinter sich.

      *

      Die tugendhaften Anwandlungen seines Geschäftspartners gaben Oberst Black zu denken. Diese Symptome waren mehr als unangenehm, sie begannen ihn zu beunruhigen. Black gab sich keinen Illusionen hin. Er traute Sir Isaac Tramber ebensowenig wie anderen Menschen, ja vielleicht noch weniger.

      Der Baronet hatte sich nur durch Blacks Geld bis zu einem gewissen Grade in der Gesellschaft rehabilitieren können; mit Blacks Geld hatte er wieder Rennpferde gekauft.

      Der Oberst hatte jedoch auch hier nicht etwa aus dem menschenfreundlichen Grund gehandelt, einem anderen zu helfen, den die Gesellschaft geächtet hatte und mit dem anständige Leute nichts mehr zu tun haben wollten.

      Als Ausgestoßener konnte Sir Isaac ihm nicht nützlich sein.

      Black hatte seine Ansicht über sein Verhältnis zu dem Baronet einmal in einem Satz von epigrammatischer Kürze zusammengefaßt: ›Er war das heruntergekommenste Werkzeug, das mir jemals unter die Hände kam; aber ich habe ihn wieder auf die Beine gestellt und schön herausgeputzt, und heute ist er, wenn auch gerade keine anziehende Schönheit, so doch ein ganz erträglicher Gentleman.‹

      Und Sir Isaac hatte sich wirklich als nützlich erwiesen. Das Geld, das Black auf ihn verwandt hatte, rentierte sich, ebenso der Anteil des Baronets an dem Geschäft, das er offensichtlich verachtete.

      Sir Isaac Tramber fürchtete Black. Hauptsächlich aus diesem Grunde konnte der Oberst seine Macht über den schwächeren Partner ausüben. Tramber hatte schon in mancher schlaflosen Nacht überlegt, wie er sich von Blacks Tyrannei befreien könnte; seine Versuche waren jedoch alle mißglückt. Im Laufe der letzten Woche hatte sich nun aber etwas ereignet, was den Baronet schlechterdings zwang, sich von dem Oberst zu trennen. Sir Isaac hatte nämlich Aussicht, seine gesellschaftliche Lage in jeder Beziehung zu verbessern.

      Eine Verlobung mit Lady Mary Cassilirs war in greifbare Nähe gerückt. Und diese Dame hatte, wie Oberst Black so vulgär sagte, ›einen ganz schönen Sack voll Geld‹.

      Ihr Onkel, Lord Verlond, hatte ihm zu verstehen gegeben, daß er seinen Antrag nicht ungern sehen würde. Lady Mary war sein Mündel; allerdings ließ sie sich von dem alten Mann keineswegs terrorisieren. In Anfällen von Wut und Launenhaftigkeit konnte dieser grimmige Herr nämlich manchmal unausstehlich sein, und vielleicht bekam er wenigstens einen gewissen Respekt vor ihr, wenn sie seine Zornesausbrüche und Vorwürfe unbeachtet ließ.

      Sir Isaac begab sich nachdenklich in seine Wohnung. Es war ihm klar, daß er sich von Black lösen mußte, und da er skrupellos war, fragte er nicht danach, daß er seine ganze jetzige Stellung eigentlich dem Oberst verdankte.

      Der Gedanke, daß er bald frei sein würde, brachte ihn in gute Stimmung. Er hatte sich zu einem Spaziergang im Hydepark umgezogen und war in der besten Laune, als er Lord Verlond und seine schöne Nichte traf.

      Es gab böse Leute, die Lord Verlond und Lady Mary nur ›die schöne Dame mit dem häßlichen Alten‹ nannten.

      Lady Mary war schlank und eine typische Engländerin von vornehmer Haltung. Ihre Schönheit wurde betont durch einen zarten Teint und strahlende, lebensvolle Augen. Reiches kastanienbraunes Haar umrahmte ihr ebenmäßiges Gesicht; hochgeschwungene Brauen und ein entschlossenes, schöngeformtes Kinn gaben ihren Zügen darüber hinaus besondere Anziehungskraft.

      Sie überragte ihren Begleiter fast um Haupteslänge. Verlond war niemals eine schöne Erscheinung gewesen, und das Alter hatte seine scharfen Züge noch kantiger und eckiger gemacht. Sein Gesicht sah so hart und unnahbar aus, als ob es aus Granit gemeißelt wäre.

      Er grüßte Sir Isaac kurz.

      »Setzen Sie sich, Ikey«, sagte er mit einem Lächeln.

      Lady Mary hatte dem Baronet nur kaum wahrnehmbar zugenickt und ihre Aufmerksamkeit sofort wieder der vorbeiflutenden Menschenmenge zugewandt.

      »Sind Sie heute nicht zu Pferd?« fragte Sir Isaac.

      »Aber ganz gewiß«, erwiderte der Lord. »Ich reite im Augenblick auf meinem grauen Streitroß an der Spitze meiner Kavalleriebrigade.«

      Sein Humor erschöpfte sich darin, unnötige Fragen durch solche Antworten lächerlich zu machen.

      Aber plötzlich verfinsterte sich sein Gesicht wieder. Nachdem er sich durch einen kurzen Seitenblick vergewissert hatte, daß Marys Aufmerksamkeit durch andere Dinge in Anspruch genommen war, lehnte er sich zu Tramber hinüber.

      »Ikey, ich fürchte, Sie werden Schwierigkeiten mit ihr haben«, sagte er leise.

      »Ich bin es gewohnt, Schwierigkeiten zu überwinden«, entgegnete Sir Isaac leichthin.

      »Aber mit derartigen Schwierigkeiten werden Sie nicht so leicht fertig – täuschen Sie sich nicht, Ikey, und halten Sie sich nicht für zu klug. Ich kenne ihren eigensinnigen Charakter ich muß ja mit ihr im selben Hause leben. Sie ist ein verflucht aufsässiger kleiner Teufel. Ich finde keinen anderen Ausdruck.«

      Sir Isaac sah sich vorsichtig um.

      »Meinen Sie, daß jemand zwischen uns steht?«

      Sir Isaac sah, daß sich die Augenbrauen des Lords zusammenzogen, und folgte den Blicken des anderen. Ein junger Mann, der