Gesammelte Werke von Sacher-Masoch. Леопольд фон Захер-Мазох. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Леопольд фон Захер-Мазох
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027207350
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      »Ich lasse dich nicht!« rief sie und fiel mir an die Brust. »O! wäre ich so schön wie die helle Morgenröthe, würde ich über alle Felder scheinen, nie verlöschen – und so weiß ich nicht, was ihm an mir gefällt, und wir passen besser zusammen, ich und du. Nicht wahr, Balaban?«

      Ich nickte und ging mit den Pferden bei Seite und sprach kein Wort.

      Der Capitulant hielt inne, beim Erzählen war ihm die Pfeife ausgegangen, er klappte den Deckel auf, stieß mit dem Messer hinein, daß die Asche aufflog, und schob frischen Tabak nach. Dann legte er bedächtig ein kleines Stückchen Schwamm auf den Feuerstein, welchen er am Gürtel trug, und schlug Feuer mit dem Messer. Die Funken flogen, den glimmenden Schwamm, der einen angenehmen herben Geruch gab, warf er in die Pfeife und that dann einige leichte Züge.

      »Ich sprach sie noch einmal,« fuhr er dann fort. »Damals kam ich in ihre Hütte. Der Alte war auf Robot. Wir waren allein. Wie ich sie so in meinen Armen hielt, zitterte sie und küßte mich, daß mir die Lippen bluteten. Auf einmal lächelte sie.

      »Denke, wenn ich so einen Herrn, einen gnädigen mächtigen Herrn da hätte, wie jetzt dich,« sprach Katharina zu mir. »Wenn er so seufzen würde vor mir und die Augen verdrehen wie du. Wäre das nicht hübsch?«

      Sie legte euch beide Hände auf den Nacken, wenn sie so sprach, bog sich zurück und starrte zur Decke empor, wie im Traum, sag’ ich euch. »Es ist ein stolzes Vergnügen,« murmelte sie, »so ein Herr! – Er schlägt nach den anderen Weibern mit der Peitsche, wie nach Hunden und mir – mir küßt er die Hände. Du glaubst es wohl nicht?«

      O! ich glaubte es wohl. Sie sah, daß mir das Weinen nah’ war, und da war ihr wohl leid; sie strich mir langsam die Haare aus der Stirn und lächelte. Da ich lange nichts sprach, stand sie auf und kämmte ihr Haar.

      »Was hast du?« rief sie dann. »Bringe mich nicht auf, sonst –«

      Ihre Augen funkelten im Zorn.

      »Katharina!« sprach ich, »denke an die Ewigkeit!«

      Kolanko rückte unruhig hin und her und blickte mitleidig auf den Capitulanten.

      »Eben daran denk’ ich,« entgegnete sie. »Wir sind hier sehr kurz, dort aber ewig.«

      »Du hast ihr doch nicht geglaubt?« unterbrach der Alte den Erzähler.

      »Sie setzte sich zu mir,« fuhr der Capitulant fort.

      »Was würdest du sagen, Balaban,« begann sie«,wenn ich hier dem Herrn gehören würde und drüben immer nur dir. Dort sind wir reine Geister. Dort werde ich auch ein reiner Geist sein. Hier bin ich’s nicht. Hier bin ich ein Weib, wie alle anderen.«

      Ihre Augen zogen sich dabei zusammen, wißt ihr, und ihr rother Mund lachte so tückisch, daß mir ein Schauer über den Rücken lief.

      »Hättest du einen Hof,« meinte sie euch, »könntest du mir Mägde halten und Knechte, einen Wagen, vier Pferde, könntest du mir aus der Stadt theure Steine bringen und einen Zobel bringen, wie ihn die Edelfrauen tragen, ja, wärst du nur ein rechter Bauer, der seine guten Groschen hat, ich würde Keinen lieben als dich, dich allein. Du bist mir in der ganzen Welt der liebste Mann.«

      Sie nahm mich um den Hals, weinte und küßte mich. Mir stand in der Brust Alles stille vor Trauer. Ich dachte euch nach wie einer, der in Ketten liegt und gehängt werden soll und keine Rettung weiß.

      »Weißt du was,« sagte ich endlich, »ich will zu den Hajdamaken, ich will Räuber werden, damit du theure Steine haben kannst und Gold und Silber, Zobelpelze, Hermeline.«

      »Wozu?« sprach sie und schüttelte das Haupt. »Sie werden dich doch zuletzt gefangen nehmen und dich an den Galgen hängen, und von dem Herrn bekomme ich Alles, ohne daß ihm ein Härchen weh thut; was meinst du? Ist das nicht besser?«

      »Du bist überaus gut,« erwiderte ich.

      »Freilich,« rief sie, »ich will nicht, daß du meinetwegen sterben sollst.« Dabei nahm sie mich um den Hals und küßte mich leise auf meine nassen Augenlider. Dann schritt der Vater herein, sah uns an, stellte den Dreschflegel in die Ecke. Ich redete noch aus Artigkeit ein Wort um das andere mit ihm, ging dann hinaus; es war ein milder Abend, der Himmel funkelte, Katharina ging neben mir, wir schwiegen Beide, dann ging ich schneller, sie blieb zurück und ich pfiff mir so, aber nicht von Herzen.

      Das Alles war lange vor dem Jahre 1848, müßt ihr wissen. Noch war die Unterthänigkeit und die Robot, der Bauer mußte viel aushalten von dem Herrn.

      Damals wurde ich mit einer Salzfuhre fortgeschickt über mehrere Tage. Es war gegen das Patent, gegen alles Recht, ich wußte es, aber ich duldete es, das war nicht gut. Seht ihr, das war das Unglück, da begann mein Elend. Man soll nichts thun aus Schwäche. So ein Mensch, der sich fügt gegen seine Einsicht, seinen Willen, sein Gefühl, der wird euch dann nachlässig in seiner Pflicht, ein rechter Schuft. Nun, Gott sei Dank, ich habe mich noch bei Zeiten gebessert. Seine Schuldigkeit soll man thun, das ist es.«

      »Nun, was hättest du aber thun sollen?« meinte mit mürrischem Augenzucken der Pappendeckelmann.

      »Das war eine schwere Zeit!« rief Kolanko und seufzte jämmerlich. »Wenn man von seinem Rechte sprach, antwortete der Edelmann mit dem Stocke. Böse Zeiten! Böse Zeiten! Ihr Jungen wißt nicht viel davon.«

      »Nun, und was geschah, als man euch mit der Salzfuhre fortschickte?« fragte ich rasch, denn ich wußte, daß unsere Bauern, wenn sie auf die Robotzeit zu sprechen kommen, zu keinem Ende gelangen können.

      »Nun, ich blieb lange aus. –

      Wie ich zurückkam, hatte der Mandatar immer viel Arbeit für mich und Katharina ging furchtsam mir aus dem Wege. Ich roch euch den Tabak gleich. Zuletzt traf ich meine Geliebte in der Kirche, wir geriethen ganz zufällig an einander. Sie hatte euch ein seidenes Kopftuch, den Hals von unten bis oben mit Korallen umwunden, und einen neuen Schafpelz, der noch auf zwanzig Schritte entsetzlich roch. Sie sah mir kaum ins Gesicht, so war sie auch weiß, wie ein frischgeputztes Riemenzeug.

      »Du bist schön,« redete ich sie an. »Wo ist denn mein Kopftuch?«

      »Such’ dir’s!« rief sie, halb zornig, halb furchtsam.

      Ich sah sie an.

      »Willst du mir was anthun?« schrie sie auf.

      »O nein!« sprach ich, »geh’ deines Weges!«

      Ich wurde auch manchmal zum Holzfällen geschickt in den Wald. Dort war mir gut. Wenn so der Wind brausend durch die Wipfel zog und die Halme neigte, der Specht feierlich an die Stämme klopfte, ein Geier über mir in den Lüften stand, von Zeit zu Zeit leicht die Flügel regte und schrie, dann lag ich auf dem Rücken; blickte in den Himmel und das Herz that mir nicht mehr weh. Oft war mir schlecht zu Muthe; ich grub unter die Wurzeln einer Eiche ein Loch, dort legte ich Groschen zu Groschen; ich wollte eine Flinte kaufen. Es hätte lange gedauert.

      Beim Holzfällen traf ich auch die Brigitta, so eine Baba, ein altes Weib aus Tulawa, die sammelte dort Thymian. Sie schlug die Hände zusammen.

      »Ihr fällt hier die Bäume, Balaban,« rief sie, »und der Grundherr hat Euch unterdessen Eure Katharina auf eine Mentressa genommen!«

      »Was Ihr sagt!« erwiderte ich. »Ist sie bei ihm im Hause?«

      »Gewiß, Herr Jesus, war das eine Historie,« erzählte sie weiter. »Die Beschließerin mußte gleich fort, der Herr hat sie gejagt. Diese Katharina commandirt jetzt. Ich bringe Schwämme in die Küche und sie kommt dazu, hat den ganzen Kopf voll papierner Würste, wie eine Dame und ein langmächtiges Kleid, raucht ein Cigarro, wie ein großer Herr. Da seh’ ich sie an und küsse ihr nicht die Hand. »Weißt du nicht, was mit meiner Hand anzufangen?« schreit sie gleich. »Da gehört sie hin!« Schlägt mich aufs Maul. Und schlägt mich noch einmal.«

      Das erzählte mir die Alte und erzählte mir noch, daß die Katharina jetzt wie eine Herrin wohne und angezogen sei wie eine geborene Fürstin, auf Silber speise, zu Pferde reite und die Leute prügeln lasse, wie ihr