Meine Jobs. Dietmar Wolfgang Pritzlaff. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dietmar Wolfgang Pritzlaff
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Философия
Год издания: 0
isbn: 9783963761072
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bei Direktor Baumann. Ein alter Haudegen der ganz alten Schule. Er ließ sich auf nichts ein. Seine Lehrkräfte hätten sein vollstes Vertrauen und insbesondere Frau Schulle, die so einiges über mich und meine Person erzählt hätte. Er würde nicht in die Zensurengebung eingreifen. Das hatte alles seinen Sinn und bleibt so. Basta! Wenn wir wollten, könnte wir ja noch die Schulaufsichtsbehörde einschalten.

      So ein Dreckschwein. Meine Eltern waren eingeschüchtert. Sie waren auch noch alte Schule gewohnt und Lehrer waren immer ernst zu nehmen und konnten sich nicht täuschen und Direktoren schon gar nicht.

      Zuhause sprach ich nochmals mit meinen Eltern, aber mein Vater hatte die Schnauze voll von Aufregung, Einspruch sagen und weiteren Behördengängen und Erklärungen und und und... Ich sollte bessere Noten schreiben, dann kann die Lehrerin mir auch nichts. Jetzt stand ich alleine da.

      Zu der Frau Schulle hatte ich dann nur noch ein distanziertes Verhältnis. Ich mit ihr, wohlgemerkt. Komischerweise nutzte sie jede Gelegenheit, um mich auf die Palme zu bringen. Sie sollte mich in Ruhe lassen, aber sie kam ständig zu mir und wollte mit mir quatschen. Nach jeder Klassenarbeit bekam keiner Besuch von Frau Schulle, aber ich konnte Wetten darauf abschließen, dass diese Frau Schulle zu mir kam. „Oh, Dietmar, schon wieder nur eine schwache 4.“ Ich hätte ihr in die Fresse schlagen wollen und durfte es nicht. Da wurde mir dann immer wirklich schlecht. Ich hätte kotzen können.

      Kotzen 4:

      Wir bekamen einen neuen Mathe-Lehrer, Herrn Klosse. Er war so in den 30igern, hatte einen schwarzen Vollbart und man musste es ihm lassen, er sah wirklich gut aus. Er war ständig misslaunig und unberechenbar. Er kam an einem schönen Morgen ins Klassenzimmer, sagte nichts, ging gleich an die Tafel und schrieb eine Aufgabe mit Kreide darauf. „So, rechnet jetzt.“ Danach setzte er sich an sein Lehrerpult und las Zeitung.

      Wir hatten ein Mathematikgenie in der Klasse, der Jens. Der sah die Aufgabe und sagte laut: „Das kann so nicht aufgehen.“ Wir sahen alle zu Jens, auch Herr Klosse. Für mich war das unfassbar. Jens hatte noch nichts aufgeschrieben und schon hatte er die Lösung im Kopf? Genial, wie gesagt.

      Herr Klosse meinte Jens sollte erst Mal rechen und dann würden wir weitersehen. Wieder setzte unser Jens an: „Das kann man so nicht rechnen.“

      „Ruhe jetzt und rechnet“, brüllte Herr Klosse völlig genervt und alle Schüler schrieben und rechneten und schrieben und grübelten. Irgendwann reichte es Herrn Klosse und meinte, wir müssten doch alle schon die Lösung haben. Hatten wir aber nicht. Wir rechneten ja noch.

      Jens verdrehte die Augen und zuckte nur mit den Schultern. Herr Klosse stand auf und löste die Aufgabe, übrigens aus dem Bereich der höheren Mathematik, der Algebra, mit allen Zwischenschritten an der Tafel. Er versuchte es zumindest.

      Herr Klosse schrieb und schrieb und wischte schon eine Tafel aus und schrieb gleich darauf weiter und weiter. Selbst bei der dritten ausgewischten Tafel schrieb er und schrieb... Irgendjemand meiner Mitschüler fragte, ob wir das mitschreiben sollten. „Passt auf und lernt“, motzte Herr Klosse nur und schrieb weiter und weiter und hätte Jens nicht irgendwann mal wieder etwas gesagt, würde der arme Herr Klosse heute noch an der Tafel stehen und schreiben und schreiben. 2 Kreidestifte gingen bei der Schreiberei drauf.

      Jens erklärte: „Sie haben innerhalb der Aufgabe in der ersten Zeile einen Dreher.“

      „Das kann ja gar nicht sein. Besserwisser“, schrie Herr Klosse und wollte weiterrechnen.

      „Doch“, meinte Jens. Wir Schüler fanden diese Situation höchst amüsant. Irgendwann kam dann auch mal unser oberschlauer Lehrer darauf die Aufgabenstellung zu überprüfen und siehe da, Jens hatte recht. Wie schon sehr oft. Wir merkten, es brauchte nicht viel, dann würde der arme Herr Klosse vor Wut über sich selbst platzen. Die Schulstunde war noch nicht ganz um und wir hatten gelernt, dass wir immer auf unseren Jens hören sollten, dann hätten wir nicht die schönen freien Seiten in unseren Matheheften mit sinnlosen Aufgaben bekritzelt.

      Herr Klosse schrieb eine weitere Aufgabe an die Tafel. „Diese Aufgabe löst ihr bis zum nächsten Mal. Ist auch eure Hausaufgabe.“ Dann packte er seine Sachen und ging. Einfach so. Die Schulstunde war noch nicht ganz vorbei und der Lehrer war weg. So konnte man es auch machen. Dieser Lehrer und seine Art waren echt zum Kotzen.

      Kotzen 5:

      Wir hatten einen alten – alten – also, den ältesten Lehrer, den wir je hatten und der hieß Herr Gatz. Herr Gatz rauchte immer Zigarre. Wenn ein Schüler was fragte, kam Herr Gatz gerne zu dem Schüler. Kam immer näher bis man seine penetrante Geruchsfahne in die Nase bekam. Man ging unweigerlich in Abwehrstellung. Immer ein Stück rückwärts. Es war widerlich. Irgendetwas anderes roch chemisch in dem Atem. Ob Herr Gatz den Geruch verbannen wollte mit Atemsprays? Ich weiß es nicht, aber keiner wollte ihm zu nahekommen und doch mussten wir auf unseren Plätzen sitzen bleiben und ihm zuhören. Außerdem nuschelte er und wenn er die rechte Hand hob und meinte uns eine 5 zu zeigen, konnten wir das Lachen kaum unterdrücken, denn er hatte nur 3 Finger an der Hand. Die anderen fehlten, abgenommen worden oder abgefroren. Im Krieg? Weswegen weiß ich nicht. Interessierte uns damals auch nicht. Irgendwie kam gar kein Verhältnis bei uns und dem alten Sack auf. Lehrer – Schüler vielleicht. Aber gerne Schüler bei ihm? Nein.

      Er gab Chemie und Physik, in beiden Fächer stand ich auf 2. So schlimm konnte der Unterricht doch bei dem Herrn Gatz dann gar nicht sein. Und doch? Wenn ich nicht Bücher durchgekaut hätte, hätte ich von dem Unterricht nicht viel mitbekommen. Wir Jungs konnten den Alten nicht ab und störten den Unterricht. Irgendjemand hatte Mandarinen für die Mittagspause dabei. Die wurde mal eben im Unterricht geschält und flog in Einzelscheiben an die Tafel, nur 30 Zentimeter von Herr Gatz entfernt, der etwas an die Tafel schrieb. Das war schon eine schöne Schweinerei. Wenn Herr Gatz sich umdrehte und nach dem Täter fragte schaute keiner weg, sondern ihn offen mit großen unbefangenen Augen an.

      Ein Spiel war es immer lauter werdende Buchstaben im Unterricht zu sagen. Uns allen war so langweilig in Gatzens Unterricht. Einer fing an mit einem leisen A – ein anderer mit etwas lauterem B – etwas lauter C... Das ging bis zum Buchstaben i – der wurde direkt geschrien.

      „Iiih...!

      Der Lehrer drehte sich um und der Schüler schrie weiter: „Iiih, eine Spinne!“ Blöde Kinderkacke, aber vortrefflich für öden blöden Unterricht mit Kotze anregendem Atemgeruch.

      Kotzen 6:

      Frau Groll sollte unserer Klasse das Kochen beibringen. Ich bin wirklich nicht so gerne Koch. Ja, das kann schon mal Spaß machen, es kann auch wirklich gut schmecken, aber... Ich matsche nicht so gerne mit meinen Fingern im Essen rum. Ich esse lieber was gut Gekochtes anstatt selber stundenlang Kochtöpfe bei gelegentlichem Umrühren zu bewachen. Da gibt es doch für mich wichtigere Dinge im Leben.

      Jetzt also Kochen. Na, toll. Zuerst war ich auch mit Eifer bei der Sache. Ich hatte meiner Mutter in der Küche gerne geholfen und fand die Kocherei im allgemeinen auch super spannend. Ein paar Kräuter und Gewürze und die Soße binden und schon ist es lecker und lecker und lecker...

      Frau Groll sollte mir dieses kleine wachsende Pflänzchen Kochlust gänzlich vertreiben. Ich war für das Dessert an jenem Tag zuständig. Ich fand ein Gefäß mit Maßangaben in Liter und Kilogramm und wollte gerade die Sahne hineingeben, da motzte mich die gute Frau Groll an. „Das ist doch keine Rührschüssel. Nimm eine Rührschüssel. Das darf doch nicht wahr sein.“ Einmal angefangen, konnte die gute Tute bei ihrer Meckerei bleiben. Ich suchte nach einer Rührschüssel und fand auch eine. Etwas groß für ein bisschen Sahne, aber was soll’s. Rein mit der Sahne und...

      „Nein, doch nicht diese große. Such dir eine kleinere Schüssel.“

      Jetzt hatte ich schon keine Lust mehr der Dame was recht zu machen. Es war doch nur Sahne, verdammt nochmal! Ich suchte in allen Schränken der Schulküche, fand aber erst nix. Dann... Ah! ... eine Schüssel in der richtigen Größe.

      „Du willst doch wohl nicht die Stahlschüssel für die Sahne nehmen?!“

      Jetzt wurde mir so langsam alles egal. Schüssel ist Schüssel, ist doch egal aus was