Erika Roman Staffel 1 – Liebesroman. Diane Meerfeldt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Diane Meerfeldt
Издательство: Bookwire
Серия: Erika Roman Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740931070
Скачать книгу

      Die gesunde Röte in Leopolds Gesicht machte einer fahlen Blässe Platz. »Anne Wendt…?« stammelte er. »Wieso? Woher weißt du?«

      Christoph Eggebrecht antwortete nicht gleich. Er sah seinen Sohn weiterhin fest an.

      Leopolds erster Schrecken verwandelte sich in Zorn. »Sie hat dir wohl geschrieben«, sagte er, »das hätte ich mir denken können. Diese Frauen sind alle gleich.«

      Die Augen seines Vaters waren noch immer auf ihn gerichtet. Unter diesem Blick wurde Leopold verlegen. »Du wirst ihr doch hoffentlich nicht glauben«, stotterte er, »du weißt doch, wie diese Mädchen sind. Sie wird wahrscheinlich nur Geld aus mir herausschlagen wollen.« Er schwieg. Vor diesen Augen, die ihn unverwandt ansahen, vermochte er nicht weiterzureden.

      Christoph Eggebrecht saß ganz ruhig. Nur seine Hände lagen, zu Fäusten geballt, auf dem Tisch. Ihnen sah man die Erregung an, die ihn bewegte. Nach einer Weile bedrückender Stille sagte er, ohne seine Stimme zu heben: »Du Schuft!«

      Leopold zuckte zusammen. »Vater!«

      Der alte Mann hob abwehrend die Hand. »Nenne mich nicht Vater«, sagte er hart, »ich schäme mich, dein Vater zu sein.«

      Er hob einen Brief auf, der auf seinem Tisch lag. »Nein, sie hat mir nicht geschrieben«, sagte er dann. »Dieser Brief ist zufällig unter meine Privatpost geraten. Er ist an dich gerichtet. Ich habe es zu spät bemerkt. Als ich es merkte, wußte ich schon, was für einen Schurken ich zum Sohn habe.« Er fuhr Leopold an. »Wie alt ist das Mädchen?«

      »Neunzehn«, bekannte Leopold zögernd und mit gesenktem Blick.

      Christoph Eggebrecht schluckte schwer. »Dafür gehörst du ins Zuchthaus«, sagte er hart.

      Leopold duckte sich wie unter einem harten Peitschenhieb. Aber er wagte nichts zu entgegnen.

      Der alte Herr blickte Leopold an, der zusammengesunken in dem tiefen Sessel saß. »Was gedenkst du zu tun?« fragte er.

      Leopold Eggebrecht vermied den Blick seines Vaters. »Ich – ich werde ihr wohl etwas Geld schicken müssen«, sagte er dann.

      »Geld?« Der alte Mann sah aus, als wolle er seinen Sohn schlagen. »Dieses Mädchen bekommt ein Kind, dein Kind! Und du willst ihr Geld anbieten?« Christoph Eggebrecht griff nach dem Briefbeschwerer aus weißem Marmor, der zu seiner Rechten lag. »Geh«, sagte er mit leiser, drohender Stimme. Und dann schrie er: »Hinaus!«

      Leopold Eggebrecht erhob sich zögernd. In seinen Augen stand Furcht. »Was willst du tun, Vater?«

      Christoph Eggebrecht hatte seine Beherrschung wiedergefunden. »Das werde ich dir jetzt sagen«, herrschte er den Sohn an. »Ich werde mich selbst um diese Angelegenheit kümmern. Du hast nichts mehr damit zu tun.«

      Leopold atmete erleichtert auf. »Aber Maria…«, sagte er dann, »Maria darf gar nichts davon erfahren.«

      Christoph Eggebrechts Mund­winkel verzogen sich verächtlich nach unten. »Von mir wird sie es nicht erfahren«, sagte er schneidend, »aber ich kann mir nicht denken, daß sie nicht sowieso schon weiß, welchen Schurken sie zum Mann hat.«

      Wie ein geprügelter Hund schlich Leopold Eggebrecht aus dem Zimmer seines Vaters. Aber als er an seinem Schreibtisch saß, hatte sein eitles Selbstbewußtsein sich schon wieder aufgerichtet. Was wollte der Alte mit seinen altmodischen Anschauungen eigentlich?

      Und außerdem war er erleichtert.

      Denn in der letzten Zeit war ihm diese Angelegenheit doch ein wenig peinlich geworden. Diese immer verzweifelter klingenden Briefe hatten ihm Angst gemacht.

      Das würde der Alte nun in Ordnung bringen. Er, Leopold, brauchte sich nicht mehr darum zu kümmern.

      Er rückte ein wenig an seinem Schlips, pfiff leise ein paar Noten vor sich hin. Das war wieder einmal gutgegangen.

      Aber die Angelegenheit, wie er diese leidvolle Geschichte bei sich nannte, beschäftigte ihn doch noch manchmal. Und als der Zeitpunkt kam, an dem das Kind zur Welt gekommen sein mußte, wagte er es, seinen Vater danach zu fragen.

      Christoph Eggebrecht hatte mit steinernem Gesicht über seinen Sohn hinweggesehen, als er antwortete. Er sagte: »Anne Wendt ist tot! Seit vierzehn Tagen.«

      »Und das Kind?«

      Christoph Eggebrecht hatte den Kopf gesenkt und geschwiegen.

      Da glaubte Leopold, daß auch das Kind tot sei. Weiter zu fragen wagte er nicht. Wenn sein Vater nicht antwortete, war es besser, ihm aus den Augen zu gehen.

      Alles dies hatte Leopold Eggebrecht bald vergessen.

      *

      Heute also erfuhr Leopold Eggebrecht, daß dieses Kind nicht gestorben war. Und mit ihm erfuhr es seine ganze Familie.

      Natalie Eggebrecht erzählte, während die anderen atemlos lauschten: »Als Vater damals die Unterredung mit Leopold gehabt hatte, ließ er mich rufen. Er zeigte mir den Brief und wollte meinen Rat haben. Wir haben lange überlegt. Mit Geld allein war das nicht wiedergutzumachen, was Leopold dem Mädchen angetan hatte. Dann bin ich zu ihr gefahren. Und als ich sie kennengelernt hatte, war ich froh, daß ich es getan hatte. Sie war einer der besten Menschen, die ich je gekannt habe. Wir sind dann zusammen in einen kleinen Ort im Harz gefahren. Dann hat sie das Kind bekommen. Und dort hat sie auch die Wahrheit über den Vater ihres Kindes erfahren. Ich mußte sie ihr sagen – sie fragte mich.«

      Natalie schwieg einen Augenblick.

      Leopold Eggebrecht saß auf seinem Platz und blickte sie aus weit aufgerissenen Augen an. »Kurze Zeit nach Stephans Geburt ist sie gestorben«, erzählte Natalie weiter. »Ehe sie starb, mußte ich ihr versprechen, daß Leopold nichts von dem Kind erfahren sollte. Sie wünschte, es sollte adoptiert werden und ein friedliches Elternhaus haben. Ja– so war es damals. Deshalb hat Vater dich in dem Glauben gelassen, das Kind sei tot. Die Amsincks haben Ste­phan dann adoptiert, wie Anne das gewollt hatte. Aber Vater hat immer seine Hand darübergehalten. Das hat Stephan allerdings erst viel später erfahren – nach dem Tod Vaters. Bis dahin hat er nicht gewußt, daß er ein Eggebrecht war. Und der Anteil, den ich ihm gestern überschrieben habe, war von Vater von Anfang an für ihn bestimmt worden. Denn Vater hat Stephan immer als seinen Enkel betrachtet. Und er hat ihn sehr geliebt. Ich glaube…« Natalie sah ihren Bruder ernst an, »daß er einen so tüchtigen Enkel hatte, das hat ihn mit der Existenz seines Sohnes ein wenig ausgesöhnt.«

      Die anderen sahen stumm vor sich hin. Niemand wagte, Leopold Eggebrecht anzublicken, der durch seine eigene Schuld diese Szene heraufbeschworen hatte. Und allen, die um den großen Tisch saßen, graute ein wenig vor dem Mann, dessen maßloser Haß sich unwissentlich gegen das eigene Kind gerichtet hatte.

      Leopold Eggebrecht stand schwerfällig auf. Sein Stuhl fiel um, aber er achtete nicht darauf. Langsam, wie blind, ging er zur Tür. Dort blieb er noch einmal stehen und sah zurück. Aber niemand blickte ihn an. Nur seine Frau! Sie sahen sich in die Augen. Und er wußte, daß sie ihm dies Letzte nicht verzeihen konnte.

      Da wandte er sich endgültig um und ging hinaus. Als seine Schritte auf der Diele verklungen waren, erhob sich Natalie. »Ihr werdet entschuldigen, wenn ich euch allein lasse«, sagte sie und ging.

      So endete Susannes seltsames Hochzeitsfest.

      *

      Susanne und Stephan saßen im Zug.

      Sie hatten ein Abteil für sich allein. Seit der Szene in der Villa hatte Susanne nicht mehr gesprochen. Manchmal blickte sie Stephan scheu von der Seite an.

      Würde er jetzt etwas sagen?

      Stimmte es wirklich, daß er Tante Natalies Sohn war? Es schien ihr unmöglich, das zu glauben. Aber Tante Natalie hatte doch selbst gesagt, daß er ein Eggebrecht war!

      Dann plötzlich, ohne zu überlegen, was sie tat, legte sie ihre Hand auf die seine: »Ste­phan!«

      Stephan Amsinck wandte sich seiner jungen Frau zu. Sie sahen sich an. Dann sagte er: »Ich