Mami Staffel 3 – Familienroman. Gisela Reutling. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gisela Reutling
Издательство: Bookwire
Серия: Mami Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783959796736
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Ich setze mich gemütlich ins Wohnzimmer, und ihr beschäftigt euch außerhalb meiner Hörweite. Ist das klar?« Er stand auf und trat an die Hausbar, um sich einen Gin Fizz zu mixen.

      Julia, Markus und Florentine trotteten mißmutig in den großen Garten hinter dem Haus. Im Schatten einer hohen Ulme stand ein Hasenstall. Die Zwerghasen Caesar und Püppi streckten neugierig die Näschen ans Gitter.

      Markus öffnete die Tür, hockte sich hin und nahm Caesar auf den Schoß. »Laß mich mal!« drängelte Julia und stupste ihren Bruder an. Markus verlor das Gleichgewicht, und Caesar hoppelte davon.

      »Er ist ausgebüxt!« schrie Florentine aufgeregt. Die Kinder rannten dem Hasen nach, der vor Schreck immer schneller lief und plötzlich in der Hecke verschwand, die den Garten von einem anderen Grundstück trennte. Der andere Hase, der durch die offene Käfigtür entwischt war, rannte in dieselbe Richtung.

      Als Florentine sah, daß auch ihr geliebter Püppi fortgelaufen war, brach sie in Tränen aus. Julia ging auf die Knie und untersuchte die Hecke. »Seht mal!« rief sie plötzlich aufgeregt. »Da ist ein Loch!«

      Die Kinder krochen eines nach dem anderen durch das Loch und sahen sich dann etwas ängstlich um. Der Garten, dessen Rückseite an ihren anstieß, war völlig verwildert. Zwischen knorrigen Obstbäumen, die jahrelang nicht mehr beschnitten worden waren, wuchsen wilde Wiesenblumen. Am Ende des Gartens stand eine große, efeubewachsene Villa, die vollständig verlassen aussah. Das Haus stand seit einem Jahr leer, und das war den Kindern unheimlich. Noch nie hatten sie gewagt, dieses Grundstück zu betreten.

      »Mami hat uns verboten, in fremde Gärten zu gehen«, sagte Florentine ängstlich. »Bestimmt wohnt hier ein Räuber oder ein Zauberer.«

      »Blödsinn! Zauberer gibt es nicht«, sagte Markus, aber ihm war trotzdem unbehaglich zumute. Er richtete sich auf und hielt Ausschau nach den Hasen. Ganz nah beim Haus sah er einen weißen Punkt – einen Hasenschwanz! »Da ist Caesar!« Er wollte loslaufen, aber dann blieb er doch stehen und blickte ängstlich zu den Fenstern der Villa. »Ich hole ihn nur, wenn ihr auch mitkommt.«

      »Also los!« bestimmte Julia aufgeregt. Diese Expedition war ein richtiges Abenteuer! Die drei pirschten sich sachte an das Haus heran, wie sie es aus ihren Indianerbüchern kannten. Die beiden Hasen scharrten in den überwucherten Beeten vor der Veranda des Hauses. Julia stürzte sich auf Caesar und hielt ihn fest. »Ich habe ihn!« schrie sie triumphierend und schlug sich entsetzt die Hand auf den Mund. Ängstlich blickte sie um sich. Püppi hoppelte die Stufen zur Veranda hoch.

      »Was macht ihr denn hier?« erklang eine strenge, tiefe Stimme. Florentine schrie laut auf vor Schreck, als ein großer, dunkelhaariger Mann aus der Glastür herauskam und die Kinder mit gerunzelten Brauen anblickte. Unter dem Arm trug er eine große Mappe mit verschnörkelten Buchstaben darauf. »Was soll denn dieser Lärm? Wo kommt ihr überhaupt her?« fragte er barsch. In der rechten Hand hielt er einen dunklen metallischen Gegenstand, der wie ein Revolver aussah.

      »Nicht schießen!« schrie Julia verängstigt. »Uns sind unsere Hasen weggelaufen.«

      Der fremde Mann bückte sich und nahm Püppi, der verschreckt zu seinen Füßen kauerte, in seine Hand. »Hier!« sagte er etwas freundlicher und gab Markus den Hasen. »Und jetzt geht wieder nach Hause, ja? Ich habe eine wichtige Arbeit zu erledigen und möchte meine Ruhe haben.«

      Die drei Kinder liefen, so schnell sie konnten, zurück zu dem Loch in der Hecke. Julia drehte sich noch einmal um, bevor sie durch die Hecke schlüpfte. Der Mann war spurlos verschwunden. Die alte Villa wirkte genauso

      verlassen wie vor ihrem Abenteuer.

      *

      Christine war, nachdem sie die Bestellung für Samstag ausgeliefert hatte, nicht ins Bett gegangen, sondern hatte noch die Desserts für den nächsten Tag zubereitet. Am Sonntag war sie früh um fünf aufgestanden und hatte den ganzen Vormittag Gemüse geschnippelt, Platten dekoriert und eine pikante Fischsuppe gekocht. Sven hatte ihr sporadisch geholfen, aber die meiste Arbeit hatte sie doch allein gemacht. Als Christine erschöpft von den Weinerts zurückkam, empfing er sie mit strahlendem Gesicht.

      »Ich habe einen Babysitter für heute abend bestellt! Wir gehen tanzen.«

      Christine ließ sich in einen Sessel sinken. »Tut mir leid, dazu bin ich nicht mehr in der Lage.«

      Sven machte ein enttäuschtes Gesicht. »Du weißt genau, daß ich in der Woche immer so lange in der Werbeagentur zu tun habe, daß es danach zu spät zum Ausgehen ist!«

      Sie schüttelte den Kopf. »Ich würde furchtbar gern ausgehen, wenn ich nicht so müde wäre. Und außerdem habe ich meine Kinder das ganze Wochenende kaum gesehen, Schatz.«

      »Ich dafür um so mehr«, meinte er trocken. »Als ich hier eingezogen bin, hatte ich keine Ahnung, daß mit dem Untermietvertrag eine Kindermädchenstelle verbunden ist!«

      »Aber Sven!« bat sie. »Ist es denn wirklich so schlimm?« Sie seufzte leicht. »Wenn der Partyservice weiter so gut läuft, sollte ich vielleicht wirklich ein Kindermädchen einstellen.«

      »Eine blendende Idee!« Svens Gesicht hellte sich auf. »Dann könnten wir nämlich auch problemlos ohne die Kinder in Urlaub fahren. Überleg mal, Christine! Drei Wochen Italien – ganz ohne die Kinder. Wäre das nicht herrlich?«

      »Was wäre herrlich?« krähte Florentine, die unbemerkt ins Zimmer gekommen war. Christine sprang auf. »Flöchen, du sollst doch im Bett bleiben!« Sie trug das schläfrige Kind zurück in sein Zimmer.

      »Siehst du? Das meine ich«, sagte Sven, nachdem sie wieder ins Wohnzimmer gekommen war. »Ich möchte mal ungestört mit dir zusammen sein, ganz ohne Geplärr und Gekreisch.«

      Christine biß sich auf die Lippen. Es tat ihr weh, wie lieblos er von ihren Kindern sprach. »Drei Wochen kann ich sie nicht allein lassen, das brächte ich nicht übers Herz«, sagte sie leise.

      »Natürlich kannst du das.« Sven sprang auf und schritt ärgerlich hin und her. »Jedenfalls fängt mein Urlaub in sechs Wochen an, und deshalb würde ich jetzt gern wissen, ob du mitkommst oder ob ich mich nach anderer Begleitung umsehen muß.«

      Christine biß sich auf die Lippen. Der junge Werbetexter wohnte seit einem Jahr in der kleinen Einliegerwohnung im Souterrain ihres Hauses. Ursprünglich hatte das nur eine Übergangslösung sein sollen, bis er eine passende Wohnung gefunden hatte. Aber Christine und ihr neuer Mieter hatten sich auf Anhieb gut verstanden. Sie mochte seine fröhliche, unbekümmerte Art, und sie war froh, daß nun jemand da war, mit dem sie sich an den langen Abenden unterhalten konnte, wenn sie die Kinder zu Bett gebracht hatte. Christines Mann war vor fünf Jahren an einer schweren Krankheit gestorben, und seit seinem Tod hatte sie sich oft einsam gefühlt.

      Und dann hatte sie sich in Sven verliebt. Wie schön es doch wäre, wenn er Julia, Markus und Florentine ebenso liebhätte wie sie. Wenn sie eine richtige Familie sein könnten… Sie seufzte.

      »Nun? Hast du dich entschieden?« fragte er schroff.

      In diesem Moment fiel ihr der rettende Kompromiß ein. »Weißt du was? Ich engagiere ein Kindermädchen, und wir fahren übers Wochenende weg. Ganz allein! Danach können wir ja immer noch über den Urlaub entscheiden.«

      »Also gut«, meinte er. »Zweieinhalb Tage ganz ohne Kinder, das ist immerhin etwas.« Er sah ihren Gesichtsausdruck und lenkte ein. »Es wird bestimmt wunderbar!« Sven setzte sich zu ihr auf das Sofa und legte die Arme um sie. Christine lehnte den Kopf an seine Schulter, schloß die Augen und schmiegte sich eng an ihn.

      Sie war glücklich und erleichtert, daß sie wieder einig waren. Sicher würde doch noch alles gut werden! Sven küßte sie zärtlich auf den Mund, und sie vergaß für diesen Augenblick alle ihre Sorgen.

      *

      »Ich habe einen Verdacht«, sagte Julia wichtig.

      Die drei Kinder saßen in ihrem Geheimversteck auf dem Dachboden. Sie hatten Bettlaken an den Dachbalken befestigt, so daß eine Art Höhle entstanden war, die abwechselnd als Indianerzelt, Raumschiff, Verbrecherhöhle und