Parker betrat die Halle und näherte sich dem Portier, der verschlafen in eine aufgeschlagene Zeitung starrte.
« Ich brauche ein Zimmer«, sagte Parker.
»Können Sie haben«, antwortete der Mann und gähnte. »Vorkasse muß geleistet werden. Wie lange wollen Sie hier bleiben?«
»Nur eine Nacht. Wieviel bekommen Sie?«
»Zwei Dollar!«
Josuah Parker legte die Zimmermiete auf den Tisch und kassierte dafür den Schlüssel ein.
»Erster Stock, vierte Tür rechts. Baderaum am Ende des Korridors!«
Parker schritt zur Treppe und überlegte, wie er an Marten Colm herankommen konnte, der hier sicher nicht unter diesem Namen abgestiegen war. Wahrscheinlicher war es, daß er sich bereits einen anderen Namen zugelegt hatte.
Parker blieb stehen und ging noch einmal zur Theke zurück. Der Portier hob unwillig den Kopf, als Parker mit dem Knöchel seines Zeigefingers auf die Platte klopfte.
»Sonst noch was?«
»Ich würde gern einen Whisky zu mir nehmen«, sagte Parker jetzt freundlich.
»Bar geschlossen!« schnaufte der Mann.
»Ich hatte die Absicht, Sie zu einem Drink einzuladen...«
Das wirkte.
»Will mal nachsehen, ob nicht irgendwo ’ne Flasche rumsteht«, sagte der Portier. Und er tat dann genau das, womit der Butler insgeheim gerechnet hatte. Er schlurfte hinter der Theke hervor und verschwand in der angrenzenden Bar.
Josuah Parker zog blitzschnell das Eintragungsbuch an sich und schlug die zuletzt benutzte Seite auf.
Er prägte sich die Zimmernummern der beiden letzten Eintragungen ein. Das waren die Nummern acht und zwölf. Mit den Namen - es handelte sich in beiden Fällen um Männer - konnte er ohnehin nichts anfangen.
Der Portier erschien wieder und brachte eine Whiskyflasche mit sowie zwei Gläser. Bedächtig entkorkte er die Flasche und füllte die Gläser.
»Viel zu tun gehabt diesen Abend?« fragte Parker.
Der Portier schüttelte nur den Kopf. Er war zu wortfaul, um zu antworten. Als sie Gläser leer waren, sah er den Butler blinzelnd und erwartungsvoll an.
Parker verstand und nickte.
Der Portier füllte die Gläser noch einmal. Sie tranken, dann ging Josuah Parker endgültig über die Treppe nach oben. Er hatte die Zimmernummer elf.
Als er das Zimmer erreicht hatte, öffnete er die Tür und schloß sie wieder, ohne aber das Zimmer betreten zu haben. Er schlich vorsichtig zurück zur Tür, die die Nummer zwölf trug.
Parker schaute nach bewährter Manier durch das Schlüsselloch. Kein Licht war zu sehen. Josuah Parker griff in seine Manteltasche und förderte einen blitzenden Gegenstand aus der Tasche. Ohne sich anstrengen zu müssen, gelang es ihm, das einfache Schloß aufzusperren.
Er zog die Tür so weit auf, daß er in das Zimmer hineinschlüpfen konnte. Er bewegte sich leise wie eine Katze durch den Raum, erreichte das Bett und warf einen prüfenden Blick auf den Schläfer. Er sah ein bärtiges Gesicht, hörte ein Schnaufen und Prusten und sah, daß sich der Mann im Schlaf umdrehte.
Josuah Parker verließ das Zimmer, verschloß die Tür und huschte zur Tür, die die Nummer acht trug.
Parker glaubte sicher zu sein, daß in diesem Zimmer Colm schlief. Er schaute erst wieder einmal durch das Schlüsselloch, entdeckte kein Licht und fuhr mit dem länglichen, blitzenden Gegenstand prüfend in das Schlüsselloch hinein.
Auch dieser Zimmergast hatte den Schlüssel nicht im Schloß steckengelassen, wie man es doch gemeinhin zu tun pflegte. Parker wendete den bewußten Gegenstand jetzt an, um das Schloß aufzusperren.
Er huschte in den Raum, aber schon nach zwei oder drei Schritten blieb er wie angewurzelt stehen.
Er schnüffelte hörbar die träge und verbrauchte Zimmerluft ein, holte seine kleine Taschenlampe aus der Tasche und schaltete ungeniert das Licht ein.
Und mit diesem Lichtstrahl leuchtete er den toten Marten Colm an, der neben dem Bett lag und allem Anschein nach erstochen war!
Parker kniete neben der Leiche nieder und untersuchte sie. Seiner groben Schätzung nach war Colm schon seit gut zwei Stunden tot.
Der Butler richtete sich wieder auf, massierte sich nachdenklich das Kinn und dachte unwillkürlich an einen gewissen Fernsehantennen-Mann. Ohne sich weiter um den Toten zu kümmern, verließ er anschließend das Zimmer, verschloß es wieder und ging über die Treppen zurück in die Halle.
Der Portier hatte ihn kommen hören und sah ihn erwartungsvoll an.
»Brauchen Sie noch einen Whisky, Mister...?«
»Wenn ich zurückkomme«, erwiderte Butler Parker. Bevor ihm der Portier weitere Fragen stellen konnte, hatte er die kleine Halle bereits verlassen und die Straße erreicht.
Der Mord an dem jungen Mann zeigte sehr deutlich, wie gefährlich und blutgierig seine Gegner waren. Dennoch zögerte der Butler keine Sekunde, seine Gegner auf die Hörner zu nehmen.
Schon nach wenigen Schritten verlangsamte er allerdings wieder sein Tempo. Er erinnerte sich der eindringlichen Bitte der beiden Polizeibeamten, nichts zu unternehmen, bevor man sich nicht gegenseitig abgestimmt habe. Parker hatte die beste Absicht, dieser Bitte zu folgen. Aber wie sollte er das unter den obwaltenden Umständen machen? Weit und breit war kein Mensch zu sehen.
Er schritt weiter.
Der Spezialist für Fernsehantennen, Gary Lommers, schien ihm sehr wichtig zu sein. Vielleicht war er sogar so etwas wie eine Schlüsselfigur. Also durfte doch keine Zeit verloren werden. Jetzt mußte er Farbe bekennen.
Josuah Parker hob lauschend den Kopf.
Dort schwankte ein angetrunkener Mann heran, der recht ungeniert ein ziemlich anrüchiges Lied sang. Als er dann die Höhe von Parker erreicht hatte, zog er übertrieben höflich seinen Hut.
»Haben Sie mal Feuer?« erkundigte sich der schlanke, mittelgroße Mann mit lallender Zunge. Er schwankte etwas vor, schob sein Gesicht näher an Parker heran und sagte dann in einem sehr sachlich klingenden Ton:
»FBI-Agent Ferguson... Ist etwas passiert?«
Parker kramte eine Zündholzschachtel aus der Manteltasche. Während er ein Hölzchen anriß, sagte er ebenso sachlich und klar:
»Zimmer acht! Marten Colm ist erstochen worden! Wahrscheinlich vor zwei Stunden! Gehe jetzt zu Lommers!«
Der angeblich betrunkene Mann hatte seine Zigarette zum Brennen gebracht und schwankte weiter. Josuah Parker sah sich absichtlich nicht nach ihm um, sondern beeilte sich, zu Lommers zu kommen.
Die Haustür war unverschlossen. Parker stieg nach oben. Er kümmerte sich nicht weiter darum, ob er vom FBI beschattet wurde. Selbstverständlich hatte er auch keine Angst, als er nach oben schritt. Er kannte Lommers zwar nicht, aber er glaubte doch, mit ihm fertig zu werden.
Er hatte den letzten Treppenabsatz erreicht.
Ein schneller Blick durch das Schlüsselloch zeigte dem Butler, daß in der Wohnung von Lommers noch Licht brannte.
Parker scheute sich nicht, die Klingel zu benutzen.
Schritte näherten sich der Tür, dann fragte eine rauhe Stimme, was denn eigentlich los sei und wer um diese Zeit noch die Frechheit besitze, auf den Klingelknopf zu drücken.
Parker antwortete nicht.
Und genau mit dieser Einstellung weckte er die Neugier Lommers’. Eine Sicherheitskette wurde aufgeklinkt, dann schob sich die Tür spaltbreit auf.
»Ist da jemand...?« fragte Lommers.
Parker