Schimonsky: Dann wird es gestimmt haben.
Milbe: Unsere Dampfpfeifen übertönen die freudige Welt.
Feuerstein zu Milbe: Darf ich mir das notieren?
Milbe gnädig: Wenn Ihnen ein Gefallen geschieht – Zinnkraut: Was kommt auf das an, was wir reden? Halten Sie sich an das Reelle! Was redet das Kassenbuch?
Neunte Szene
Von links kommt eilig Frau Kommerzienrat Milbe in elegantem Straßenkleide.
Frau Milbe laut: Ich komme doch nicht zu spät?
Milbe: Beinahe.
Frau Milbe zu Milbe: Ich mußte warten, das weißt du doch? Zu Meyer, der in tiefe Gedanken verloren ist. Sie sind mir nicht böse, Herr Direktor?
Meyer sehr zerstreut: Wie?
Frau Lückemann mit einem Aufschrei: Gott! Das Erbsengrüne!
Frau Milbe wendet sich zu den Damen: Ich bitte Sie vielmals um Entschuldigung…
Frau Mengold ihr die Hand reichend: Man freut sich immer, wenn man Sie sieht, Frau Hilde.
Frau Milbe: Die Schneiderin kam nicht, und kam nicht, ich war in heller Verzweiflung.
Frau Lückemann das Kleid der Frau Milbe musternd: Es ist von der Dickerhoff !
Frau Milbe: Gewiß! Wie finden Sie es? Sie stellt sich in Positur und dreht sich herum, macht einige Schritte, streckt sich, nach Art der Mannequins.
Frau Mengold: Entzückend!
Das Folgende möglichst unisono:
Frau Lückemann erklärend: Wie ich sagte: mit überbauschender Jacke und Faltenrock.
Frau Schultze: Haben Sie das hochdrapierte nicht gesehen?
Frau Milbe sehr interessiert: Natürlich! Und eines war da, die Jacke aus einem Stück herausgearbeitet.
Frau Mengold: Königsblau?
Frau Schultze: Mit einer viereckigen Latzpatte.
Frau Milbe: Und einem Musselinkragen. Ganz wundervoll! Gott, es ist ja so schwer, einen Entschluß zu fassen…
Die Damen unterhalten sich angeregt weiter und vermögen Frau Milbe, sich nach allen Seiten hin zu drehen und auf und ab zu gehen.
Meyer nimmt Zinnkraut energisch beim Ärmel und zieht ihn nach vorne: Also reden Sie ein gescheites Wort!
Zinnkraut: Sie können nicht von Ihrem Niveau heruntersteigen.
Meyer: Wissen Sie nichts Gescheiteres zu sagen?
Zinnkraut: Man sucht einen Schwank nicht bei Ihnen.
Meyer: Na also! Dann ist es doch eine Sensation?
Zinnkraut nachdenklich: M–m!
Meyer aufzählend: Es ist eine Spannung. Es ist eine Überraschung… Es ist…
Zinnkraut: Am Ende eine Enttäuschung.
Meyer: Sie kennen meine Regie! Und wenn sich die ernste Muse einmal leichter schürzt…
Zinnkraut: Hm–m!
Meyer: Wirkt das nicht schon von selbst?
Zinnkraut nachdenklich: Es läßt sich darüber reden.
Meyer: Überlegen Sie doch! Sie haben dann die vornehme Bühne, das beliebte Ensemble…
Zehnte Szene
Betty ist rasch von links eingetreten und zu Meyer hingeeilt. Sie flüstert ihm hastig zu.
Betty: Er ist da!
Meyer sehr ungnädig und ungehalten: Wer ist da?
Betty halblaut und dringend: Unser Dichter!
Meyer: Er wird noch ‘n Augenblick warten können. Zu Betty, die zögernd stehen bleibt. Gehen Sie doch, und sagen Sie ihm, er soll noch ‘n Augenblick warten!
Betty langsam ab.
Elfte Szene
Zinnkraut zu Meyer, der sich sogleich wieder an ihn gewandt hat. Ich brauch Bedenkzeit.
Meyer aufzählend: Sie haben die vornehme Bühne, Sie haben die Sensation…
Zinnkraut: Ich sag halb ja.
Meyer: Sagen Sie’s ganz! Dringlich und schmeichelnd. Zinnkraut!
Zinnkraut: Jetzt beim Fest ist keine Zeit.
Meyer: Ach was! Fest!
Zinnkraut: Die Chochotte lauft nicht davon.
Milbe ist hinzu getreten: Ach, Sie sprechen von Chochotte? Ruft zu seiner Gattin hinüber. Hilde!
Frau Milbe stellt ihre Mannequinbewegungen ein: Ja?
Milbe: Du hast doch gestern das Ding gehört? Die Melodie von Chochotte?
Frau Milbe: Ach! Das reizende Lied!
Frau Schultze: Ich kenne es auch.
Frau Lückemann: Herr von Schmettau erzählte mir davon.
Frau Milbe probiert zu summen: Chochotte!… Gavotte… Wie flotte…
Zinnkraut zum Klavierspieler: Herr Kapellmeister, kennen Sie die Melodie?
Klavierspieler sich halb erhebend: Von Chochotte? Gewiß!
Zinnkraut zum Klavierspieler: Versuchen Sie mal!
Der Klavierspieler setzt sogleich mit der Melodie ein.
Zinnkraut und Frau Milbe singen halblaut:
Cho–chotte,
Wie flotte
Tanzt du nich die Gavotte.
Cho–chotte,
Du Flotte
Im Pavillon Mascotte!
Tütelü – Tütelü –
Tütelü–tü–tü
Frau