Im Thale des Todes. Karl May. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl May
Издательство: Bookwire
Серия: Deutsche Herzen - Deutsche Helden
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783849610029
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ich gar nicht, wie ich dazu komme, von Euch nach Dingen gefragt zu werden, von denen ich gar keine Ahnung habe. Gebt mir meinen Schnaps! Weiter verlange ich nichts.«

      »Ihr bekommt keinen!«

      »Warum nicht?«

      »Ihr seid ein Ignorant und ein solcher bekommt von mir keinen Tropfen Wasser, viel weniger Schnaps.«

      »Ignorant? Was ist das? Meint Ihr etwa Elephant? Wenn Ihr Eure Gäste in dieser Weise beschimpfen wollt, so könnt Ihr lange feil halten, ehe sie wieder bei Euch einkehren. Hätte ich das gewußt, so wäre ich sicher nicht zu Euch gekommen; aber da Sennor Robin mir sagte, daß ich zu Euch gehen solle, so habe ich es gethan, natürlich ohne alle Ahnung, daß Ihr mich erst für einen Affen und dann sogar für einen Elephanten halten würdet!«

      Das beruhigte sie.

      »Von Sennor Robin redet Ihr? Der hat Euch geschickt?«

      »Ja.«

      »Das ist etwas Anderes. Da sollt Ihr einen Schnaps erhalten, obgleich Ihr mir den Beweis schuldig geblieben seid, daß Ihr als Gast in die Venta der gelehrten Emeria paßt.«

      Sie holte den Schnaps. Als sie ihm das Glas hinsetzte, bemerkte sie:

      »Uebrigens ist es eigen. Während einer Stunde seit Ihr der Zweite, den mir Sennor Robin schickt.«

      »So? Ist der Erste bereits da?«

      »Ja.«

      »Das wollte ich erfahren. Deshalb komme ich her. Ich soll Euch nämlich fragen, ob ein gewisser Sennor Günther, ein Deutscher, bei Euch vorgesprochen habe.«

      »Das hat er.«

      »Und habt Ihr ihm ein Logis gegeben?«

      »Ja, auf die Empfehlung von Sennor Robin.«

      »Schön! So ist Alles in Ordnung. Ich glaube, Sennor Robin wird bald selbst kommen, um sich für die Aufmerksamkeit zu bedanken, welche Ihr ihm erweiset. Es ist wahr, ein Wirth oder eine Wirthin muß sich die Gäste durch Gefälligkeit verbinden. Daher kann ich mich nicht begreifen, daß Ihr die Eurigen in der Weise empfangt, wie Ihr es mit mir gemacht habt. Thut Ihr das etwa mit einem Jeden?«

      »Ja.«

      »Unmöglich!«

      »Ich werde Euch gleich zeigen, daß es wirklich so ist. Seht Ihr den Reiter, der auf meine Venta zukommt?«

      Der Gast blickte zum Fenster hinaus und antwortete:

      »Ja, ich sehe ihn. Dieser Mann muß einen langen und beschwerlichen Ritt hinter sich haben. Er ist ganz bestaubt und sein Pferd hinkt und kann kaum mehr fort.«

      »Er wird bei mir einkehren und Ihr sollt sehen, daß ich ihn ebenso scharf examinire wie Euch.«

      »Na, das ist drollig! Warum aber thut Ihr das?«

      »Im Interesse meines Rufes.«

      »So bin ich neugierig, wie er es aufnehmen wird.«

      Er setzte sich in erwartungsvoller Haltung wieder auf seinen Platz nieder.

      Der neue Ankömmling war kein Anderer als Roulin, von den Indianern der »silberne Mann« genannt. Er kam von dem Silbersee, wo er entflohen war. Er band sein Pferd draußen an, kam herein und grüßte. Der andere Gast erwiderte den Gruß. Die Sennorita saß wieder an ihrem Tische und modellirte. Sie nahm von ihm keine Notiz.

      »Seid Ihr der Wirth oder ein Gast?« fragte Roulin den Mann.

      »Ich bin ein Gast. Die Sennorita dort ist die Wirthin.«

      »Bitte, Sennorita, ist hier Wein zu bekommen?«

      »Ja, der ist zu bekommen,« nickte sie, ohne sich aber nach ihm umzudrehen.

      »Bringt mir eine Flasche!«

      Jetzt stand sie auf, drehte sich ihm zu und betrachtete ihn aufmerksam. Dann antwortete sie:

      »Zu bekommen ist er; wer ihn aber bekommt und wer nicht, darüber behalte ich die Entscheidung natürlich mir vor.«

      Er blickte sie ganz erstaunt an und fragte dann:

      »Bin ich denn nicht in einer Venta?«

      »Ja, da seid Ihr.«

      »Da bekommt man doch wohl, was man bezahlt?«

      »Gewöhnlich. Meine Venta aber ist eine ungewöhnliche. Ich bin die gelehrte Emeria und bediene nur solche Leute, welche mir bewiesen haben, daß sie in den Wissenschaften und Künsten zu Hause sind.«

      Er tippte sich mit dem Finger an die Stirn und meinte:

      »Bei Euch ist es wohl hier nicht richtig?«

      »Das laßt nur meine eigene Sorge sein! Jetzt werde ich Euch einige Fragen vorlegen.«

      »Wie es Euch beliebt! Nur bitte ich, es kurz zu machen. Ich habe Durst und Hunger!«

      »Dem Geiste ist Nahrung noch nothwendiger als dem Körper. Also sagt mir gefälligst, wer die meisten egyptischen Pyramiden erbaut hat!«

      »Das kümmert mich wenig!«

      »Ach so! Welche Sprache hat man wohl vor der Erbauung des Thurmes zu Babel gesprochen?«

      »Spanisch und Englisch jedenfalls nicht!«

      »Nein. Da habt Ihr Recht. Aber ich will nicht eine negative, sondern eine positive Antwort und die könnt Ihr mir doch nicht geben. Also weiter! Welche Aehnlichkeit ist zwischen der Buchdruckerkunst und einem neuen, amerikanischen Bratofen?«

      »Donnerwetter! Das scheint lustig zu werden!«

      »Ist aber sehr ernst gemeint. Also nun die letzte Frage, Sennor! Warum giebt der Karpfen keinen Fischthran?«

      »Das ist seine Sache, nicht aber die meinige!«

      »So mag es auch nicht Eure Sache sein, wem ich meinen Wein einschänke. Ihr bekommt also nichts!«

      »Hört, Sennorita, Ihr seid jedenfalls verrückt! Ich lasse mir wohl Etwas gefallen, aber was zu toll ist, das ist zu toll. Es wird doch wohl nicht von Eurem Examen abhängen sollen, wer bei Euch Etwas bekommt oder nicht!«

      »Grad darauf kommt es an!«

      »Hat denn dieser Sennor hier auch ein Examen gemacht?«

      »Natürlich!«

      »Und hat er es bestanden?«

      »Leider nicht. Er hätte nichts erhalten, aber da er von Sennor Robin geschickt worden ist, so habe ich eine Ausnahme gemacht und ihm gegeben, was er verlangte.«

      »Sennor Robin? Ah, meint Ihr den, welcher da draußen in den Bergen wohnen soll?«

      »Ja; es giebt keinen Zweiten hier.«

      »Nun, so könnt Ihr mir auch meinen Wein geben. Ich bin ein Freund und Geschäftsverbündeter von ihm.«

      »Das müßt Ihr beweisen.«

      »Ich gebe Euch mein Wort darauf.«

      »Das genügt mir nicht. Ihr seid hier fremd und ich kenne Euch nicht.«

      »Donnerwetter! Wollt Ihr mich für einen Lügner erklären?«

      »Nein. Ich verlange nur Beweise. Wie ist Euer Name?«

      »Roulin.«

      »Den habe ich noch nicht gehört.«

      »Aber ich!« sagte da der andere Gast. »Sennor, seid Ihr der Roulin, der da unten im Todesthale wohnt?«

      »Ja.«

      *

      50

      »Nun, so bezeuge ich, daß Ihr wirklich ein Geschäftsfreund