»Ich möchte über meine Geschäftspraktiken eigentlich nichts sagen«, entschuldigte sich der Geschäftsmann, »mißverstehen Sie mich bitte nicht, aber...«
»Ich will Ihnen keine Konkurrenz machen, junger Mann«, beruhigte die ältere Dame den Griechen, der doch immerhin fünfzig sein mochte, »mein Butler wird Sie für die Auskunft entschädigen.«
»Wir alle beziehen sie von einem Großhändler, der eine Art Monopol hat«, gab der Grieche sofort Auskunft. Er hatte in der rechten, schwarz behandschuhten Hand des Butlers eine englische Banknote entdeckt, die für ihn bestimmt war. Er nahm sie diskret an sich und ließ sie wie durch Zauberei in der Außentasche seines Jacketts verschwinden. Anschließend lieferte der erfreute Geschäftsmann dann auch noch die Adresse dieses Großhändlers.
»Es gibt natürlich noch einige kleinere Hersteller«, lieferte er dann noch eine zusätzliche Information, »aber die dürften wohl kaum von Interessen sein, ja?«
»Auch diese Namen und Adressen könnten Mylady nützen«, meinte Josuah Parker und deutete auf einen Notizblock, »würden Sie die Güte haben, entsprechende Hinweise schriftlich zu fixieren?«
»Um was geht es denn eigentlich?« wollte der Grieche wissen. Ihm waren Bedenken gekommen.
»Mylady arbeitet an einer Enzyklopädie über internationale Souvenirs«, behauptete Parker aus dem Stegreif.
»Ach so.« Der Grieche nickte verstehend. »Das wird bestimmt ein toller Bestseller.«
»Die Fachwelt wartet bereits mit Spannung darauf«, meinte der Butler, »sobald Sie alle Adressen niedergeschrieben haben, könnten Sie meiner Wenigkeit ein kleines Sortiment an Statuetten zusammenstellen. Ich denke an etwa zwölf Exemplare.«
»Was soll ich denn mit diesem Schund?« fragte Lady Agatha mißbilligend. »Schließlich kostet das alles Geld.«
»Falls Mylady belästigt werden sollten, könnten Mylady Ausweichexemplare jener Statuette anbieten, die Mylady auf der Akropolis kauften.«
»Richtig, das wollte ich Ihnen ja gerade vorschlagen«, sagte sie und errötete noch nicht mal ob dieser Behauptung, »nur mit List kann man diesen Gangstern begegnen.«
Sie hoffte wohl immer noch, einen besonderen Fang machen zu können, und sah sich die vielen Exemplare der kleinen Imitationen an. Sie wog sie in der Hand, prüfte und war schließlich enttäuscht.
»Hier ist für mich nichts mehr zu holen«, sagte sie schließlich leise zu Parker, der sich gerade den Notizzettel geben ließ, »wir sollten doch noch mal hinauf zu diesen fliegenden Händlern auf der Akropolis gehen.«
»Mylady hoffen, den Händler zu sehen, der Mylady die Statuette verkaufte?«
»Vielleicht weiß dieser Trottel überhaupt nicht, was er anzubieten hat«, hoffte sie.
»Dafür aber gewisse Leute, die Mylady bereits belästigten«, erinnerte der Butler. »Darf man anregen und sogar vorschlagen, nun einen Juwelier aufzusuchen, der den Wert der Statuette abschätzen könnte?«
»Einverstanden«, sagte sie überraschenderweise, »ich will meinen Triumph voll auskosten.«
»Verfügen Sie über einen Hinterausgang?« Parker wandte sich noch mal dem Griechen zu, der die gekauften Imitationen gerade verpackt hatte.
»Einen Hinterausgang?« fragte der Mann verdutzt.
»Mylady legt keinen Wert darauf, lästigen Bekannten zu begegnen«, sagte Josuah Parker. Mit der Spitze seines Universal-Regenschirmes deutete er auf jene beiden Männer, die zusammen mit ihm im Lift nach oben ins Hotel gefahren waren. Sie standen auf der anderen Seite der schmalen Straße und warteten eindeutig darauf, daß Mylady und Butler Parker endlich das Geschäft verließen.
*
»Sie glauben doch nicht etwa, daß ich der Gewalt weichen werde, Mr. Parker«, sagte Lady Agatha grimmig und brachte ihren Pompadour in Schwingungen, »ich werde die Herausforderung selbstverständlich annehmen.«
»Dies, Mylady, erlaubte ich mir zu unterstellen«, erwiderte Josuah Parker, der das Temperament seiner Herrin nur zu gut kannte, »Mylady wollen und werden aber allein den Schauplatz einer möglichen Auseinandersetzung bestimmen.«
»Das ist allerdings richtig, ich lasse mir nichts aufzwingen.« Sie nickte dem Butler wohlwollend zu, »wie gut Sie das doch sehen. Gehen wir.«
Parker bezahlte die Kopien und ließ sich dann zusammen mit Lady Simpson durch einen schmalen Korridor in einen Hinterhof bringen. Der Grieche deutete auf eine Mauer, in die eine Pforte eingelassen war. Sie sei unverschlossen, sagte er, dahinter erreiche man eine Parallelstraße. Parker lüftete höflich seine schwarze Melone und schritt voraus.
Er wollte so schnell wie möglich die schmale Pforte hinter sich bringen. Seiner Schätzung nach mußten die beiden Männer inzwischen bemerkt haben, daß Agatha Simpson und er das Souvenirgeschäft längst verlassen hatten. Mit einer recht aufdringlichen Verfolgung war also zu rechnen, eine Tatsache allerdings, gegen die Butler Parker nichts einzuwenden hatte. Ja, er hoffte sogar, daß man ihnen bedenkenlos und konsequent folgen würde.
Die Pforte war tatsächlich unverschlossen. Parker ließ Mylady selbstverständlich den Vortritt. Dann wandte er sich um und sah bereits die beiden Verfolger, die gerade aus dem Haupthaus kamen und in den Hinterhof liefen. Sie waren sehr schnell, entdeckten ihrerseits das Duo Parker-Lady Simpson und wurden noch schneller.
Parker, stets überaus höflich, lüftete grüßend die schwarze Melone und deutete eine leichte Verbeugung an. Um dann aber eventuellen Schüssen zu entkommen, passierte auch er die Pforte und zog sie hinter sich zu, achtete jedoch darauf, daß sie nicht ins Schloß fiel.
»Mir paßt das überhaupt nicht, Mr. Parker«, stellte Lady Agatha klar, »ich möchte mir nicht nachsagen lassen, daß eine Lady Simpson die Flucht ergreift.«
»Mylady flüchten keineswegs«, erwiderte Parker, »Mylady werden, wie gewünscht, innerhalb weniger Sekunden zur sogenannten Offensive übergehen.«
»Das hört sich bereits besser an.« Sie sah ihn wohlwollend und unternehmungslustig an.
»Mylady haben natürlich längst bemerkt, daß ich mir erlaubte, die Pforte nur anzulehnen.«
»Habe ich das? Äh, natürlich, so etwas entgeht mir nicht.«
»Sobald die beiden Verfolger die Pforte erreicht haben werden, könnte man das Türblatt der Pforte dazu benutzen, die beiden Männer in einige Verlegenheit zu bringen.«
»So was schwebte mir bereits vor«, behauptete sie prompt, »es versteht sich, daß ich die Tür aufstoßen werde, Mr. Parker ...«
Parker spähte vorsichtig durch den schmalen Spalt der Pforte in den Innenhof. Die beiden Verfolger hasteten bereits heran. Sie kamen offensichtlich gar nicht auf den Gedanken, hier überrascht werden zu können. Sie rechneten mit blinder Flucht der beiden Opfer, die sie sich aufs Korn genommen hatten.
»Wenn Mylady jetzt freundlicherweise offensiv werden könnten ...?« Parker trat zur Seite und deutete auf die schwere, schmale Tür. Agatha Simpson nahm einen Anlauf und brachte ihre majestätische Fülle in Bewegung. Sekunden später warf sie sich kraftvoll gegen das Türblatt, das unter dem Eindruck der freigesetzten Energie förmlich explodierte. Parkers an sich hochgesteckte Erwartungen wurden voll erfüllt. Er hörte beim Herumkrachen der schmalen, aber schweren Türpforte auf der anderen Seite einen erstickten Aufschrei, der von einem leichten Brüller begleitet wurde. Dann herrschte Stille.
»Man soll eine Lady Simpson nicht unterschätzen«, sagte die ältere Dame und schob sich ungeniert durch die nun halb geöffnete Tür in den Innenhof. Parker, der unmittelbar folgte, blieb beeindruckt stehen. Auf dem Boden lagen die beiden Männer, die er vom Hotel-Fahrstuhl her kannte.
Sie machten einen sehr lädierten Eindruck und waren keineswegs in der Verfassung, etwaige Fragen zu beantworten. Parker kassierte