Schilling:
Na natürlich, Fortschritt! Etwa nicht? Glaubst du, ich wäre sonst hergekommen? — Sonst hätt ich mich nicht aus dem Staube gemacht!
Längeres Stillschweigen.
Mäurer:
Wie wär's, wenn wir nun als zwei alte Freunde, Schilling, auf alle Umschweife ganz verzichteten, und auf sogenanntes Zartgefühl. Nehmen wir mal an, unsre Gefühle füreinander sind ehrlich und anständig; warum sollen sie denn da nicht offne und starke sein! Wenn du's also nicht krumm nimmst, so frage ich dich ...
Schilling:
Mit Hanna Elias ist es zu Ende.
Längeres Stillschweigen.
Ich kann dir sagen, du glaubst es nicht, wie ich die Zeit ... die mir immerhin früher mal kostbare Zeit! — diesen Sommer wieder mit Scheffeln und Mollen wahnsinnig verschleudert habe. Ich kann keine Wanduhr mehr ticken hören, ich erschrecke bei jedem Pendelschlag.
Mäurer:
Wer hat nicht mit Weibern Zeit verloren! Ja, welcher Mann, der wirklich einer ist, hat sich nicht selbst mehr als einmal an Weiber verloren. Das schadet nichts! Man läßt sich fallen, man hebt sich auf, man verliert sich und man findet sich wieder. Hauptsache bleibt, daß man Richtung behält. Wenn man Richtung behält und entschlossen fortlebt, so wette ich tausend gegen eins, was schlecht geheißen hat in der Zeit, muß dann in der Zeit auch wieder mal gut heißen.
Schilling:
Ach, Junge, ich habe in meinem verpfuschten Leben zu schrecklich viel niederträchtigen Unsinn verdaut. Mit meiner unanständig anständigen Anlage habe ich, weiß der Teufel, so oft Fiasko gemacht, daß ich allen Ernstes darüber gegrübelt habe, wie man es anfängt, recht grundgemein, schweinemäßig praktisch zu sein. Ich bin talentlos, ich kann es nicht. Dabei hab ich die Welt auf die allerverschiedenste Weise beguckt: durch die hohle Hand, durch die Beine, von oben, von unten, von hinten, von vorn. Und ich kann mir nicht helfen, ich habe immer nur eins gesehen: von weitem macht sie sich ziemlich entfernt, aber aus der Nähe dafür über alle Begriffe stupide, gemein und unanständig.
Mäurer:
Schilling, ich lasse die Welt, wie sie ist; wir wollen uns damit weiter nicht aufhalten. Ich habe dir selber, glaub ich, auch nicht immer bloß die schöne Fassade gezeigt. Laß das, vergiß es, denk nicht daran! Und jetzt, Junge, sag ich mal etwas Mystisches: wir sind aus der gleichen Generation. Ich behaupte, da wir beide im gleichen Jahre an der Außenfläche unsres Planeten erschienen sind, so sind wir auch schon vorher miteinander gewandert, in ähnlichem Rhythmus, in ähnlichem Schritt. Und wenn wir auch äußerlich nicht vereint gewesen sind, so sind wir jetzt, wo wir uns wiedertreffen, im tieferen Sinne gleich weit gelangt. Also schreiten wir nur mal wieder eine gute Strecke stramm bewußt miteinander.
Schilling
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