Friedrich Schiller: Literatur- und theatertheoretische Essays. Фридрих Шиллер. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Фридрих Шиллер
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9788027204274
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Wo blieben ihre Damen? (aufgebracht zum Gefolge) Bei Gott, und meiner königlichen Ehre! von diesem unverzeihlichen Versehn soll man die strengste Rechenschaft mir geben. Wer hat das Hofamt bei der Königin? Wen traf der Rang, sie heute zu bedienen?

      Königin. (in bittendem Tone) Mein Herr und König – –

      Philipp. (nachdrücklich zum Gefolge) Antwort will ich haben.

      Königin. O zürnen sie nicht mein Gemahl. Ich selbst, ich bin die schuldige – auf mein Geheiß entfernte sich die Fürstin Eboli.

      Philipp. Auf ihr Geheiß?

      Königin. Die Kammerfrau zu rufen, weil ich ein kindisches Verlangen trug, mich mit der kleinen Klara zu vergnügen.

      Philipp. Und darum die Begleitung weggeschickt? Seltsam, bei Gott! Doch gut – ich will es glauben. Nur künftig – bitt ich, gute Königin, verschonen sie mein Reich mit der Satire, daß Philipps Frau, wenn ihr der Einfall kommt mit ihrem kleinen Wiegenkind zu spielen, in einem Winkel zu Aranjuez es so erwarten soll – Kastilien und Arragon und Leon, meine Länder, sind hoffentlich an Menschen reich genug, die Königin mit Frauen zu versorgen. – Doch diß entschuldigt nur die erste Dame, wo war die zwote?

      Marquisin von Mondekar. (tritt näher) Ihro Majestät, ich fühle, daß ich strafbar bin –

      Philipp. Deßwegen vergönn ich ihnen zehen Jahre Zeit, fern von Madrid, darüber nachzudenken. (die Marquisin tritt mit weinenden Augen zurück. Der König fährt gegen die Versammlung fort) Und jezt erklär ich vor dem ganzen Hof, bei dem Verluste ihres Rangs und Adels wird jede mir für ihre Fürstin stehn, verdoppelt sich von jezt an ihr Gefolge. (Alle Damen sehen furchtsam und bestürzt auf die Königin. Allgemeines Stillschweigen.)

      Königin. Marquisin, wen beweinen sie? (zum König mit Hoheit und gemäßigtem Stolz) Hab ich gefehlt, mein gnädigster Gemahl, so sollte die Königskrone dieses Reichs, wornach ich selber nie gegriffen habe, mich zum mindesten für dem Erröthen schüzen. Mit Spaniens Gebräuchen nicht bekannt, Pariserin von Launen und Geblüte, gab ich dem Zuge meines Herzens nach, das lange schon, der Hofgaleere gram, nach einem freien Augenblick sich sehnte. Gibts ein Gesez in diesem Königreich, das vor Gericht Monarchentöchter fodert? Blos Zwang bewacht die Frauen Spaniens? Schüzt sie ein Zeuge mehr als ihre Tugend? – Geraume Zeit, eh König Philipp mich Gemahlin hieß, war ich schon Heinrichs Tochter – Wenn Ehre zu verlezen war, so fürcht ich, stand eine größre auf dem Spiel, als mir Kastilien zur Morgengabe brachte? Und jezt Vergebung, mein Gemahl – ich bin es nicht gewohnt, die mir mit Freude dienten, in Tränen zu entlassen – – Mondekar! (indem sie ihren Gürtel abnimmt, und der Marquisin überreicht) Den König haben sie erzürnt, nicht mich, drum nehmen sie diß Denkmal meiner Gnade und dieser Stunde. – Meiden sie das Reich – Sie haben nur in Spanien gesündigt, in meinem Frankreich wischt man solche Tränen mit Freuden ab – O muß michs ewig mahnen! (sie lehnt sich an eine Dame, und verbirgt ihr Gesicht) in meinem Frankreich wars doch anders.

      Philipp. (heftig erschüttert) Was? Beim großen Gott! Sie weinen doch wohl nicht? Ists möglich? – Wie? Elisabeth? – o Himmel! hat es noch dahin kommen müssen? War mein graues Haupt zu dieser tödlichen Beschimpfung aufgehoben, solche Tränen aus einem solchen Aug zu pressen? – Konnte ein Vorwuf meiner Liebe sie betrüben, ein Wort betrüben, das die zärtlichste Bekümmerniß auf meine Lippen legte? (er wendet sich gegen die versammelten Granden) Hier stehen die Vasallen meines Trons! Sank je ein Schlaf auf meine Augenlieder, ich hätte dann am Abend jedes Tags berechnet, wie die Herzen meiner Völker in meinen fernsten Himmelstrichen schlagen, ich wüßte dann, was auf den Richterbänken, und was vor den Altären meines Reichs verhandelt wird – was an Europa’s Höfen gebrütet – und was in den Kabineten der Könige gesiegelt wird – – und solt ich theilnehmender für Reich und Unterthan, als für die Gattin meines Herzens beben? Was hälf es mich, in stolzer Sicherheit auf allen meinen Tronen mich zu fühlen, wenn ich von diesem stürzen sollte? – Nein! Für meine Völker kann mein Schwerd mir haften und – Herzog Alba. Dieses Auge nur für meines Weibes Liebe. Schreckenlos seh ich die Woogen der Rebellion bis an die Stuffen meines Trones schlagen. Mein Tron steht fest. Doch wenn in diesem Herzen der Feind sich zeigt, und dort Empörung ruft, dann fahre wohl, o Ruhe meines Lebens.

      Königin. (richtet sich schnell auf, verläßt die Dame, und beugt sich sanft gegen den König) Sind sie beleidigt, mein Gemahl?

      Philipp. Ich heiße der reichste Mann in der getauften Welt. In meinen Staaten liegen die vier Winde, der Ozean ist meines Landes Teich, die Sonne geht in meinem Reich nicht unter. Doch alles das besaß ein andrer schon, wird nach mir mancher andre noch besizen, Das ist mein eigen. (indem er die Königin in die Arme schließt) Was der König hat ist nur des Himmels Lehengut – gehört nur seinem Rang – Elisabeth dem Philipp! (er schweigt eine Zeit lang, heftet einen bedeutenden Blick auf die herumstehenden Grandes, und dann auf die Königin) Hier ist die Stelle, wo ich sterblich bin. (er hält wieder inn, und fährt dann unter heftigen Bewegungen fort) Nur hieher nicht – – o Gott! Nur der Gedanke wirft mich von allen meinen Tronen, schleudert aus allen meinen Welten mich! – Nur hieher – nur hieher, meine Granden, nicht.

      Königin. Entsezlich! Sie können zweifeln mein Gemahl?

      Philipp. (schaut sich forschend im ganzen Zirkel um) Ich zähle die Großen meines Hofs – der erste fehlt. Wo ist Dom Karlos mein Infant?

      Königin. (sehr beunruhigt) Bei allem, was Menschen heilig seyn kann – weichen sie nicht aus. Erklären sie mir das – sie haben ein Wort gesprochen, das mich schaudern macht. Sie fürchten?

      Philipp. (blickt sie scharf an) Dieses graue Haar doch nicht? – Wenn ich einmal zu fürchten angefangen, hab ich zu fürchten aufgehört – – Doch wem ist mein Infant begegnet?

      Domingo. (tritt hervor) Mir, mein König.

      Philipp. Und wo war das?

      Domingo. Nachdem ich wohl das ganze Aranjuez vergebens durchgewandert, traf ich des Prinzen königliche Hoheit – –

      Philipp. (stürzt ihm rasch in die Rede) Bei seiner Mutter? – sie erblaßt – sie bebt. Es ist heraus – es ist – ich bin verrathen.

      Königin. (fällt einer Dame erschrocken in die Arme) O heil’ger Gott!

      Domingo. Nein, gnädigster Monarch, bei den Fontainen fand ich ihn. In düstre Betrachtungen versunken, wie bisher lag er auf einem Kanapee. Ich war so dreist, ihn anzureden.

      Philipp. Gut. Bis morgen seid ihr im Kabinet bei mir – Graf Lerma und Herzog Alba!

      Alba und Lerma. (treten näher) König!

      Philipp. Dieser Knabe, Dom Karl fängt an, mir fürchterlich zu werden. Er meidet meine Gegenwart, seitdem er von Alkalas hoher Schule kam. Sein Blut ist heiß – warum sein Blick so kalt, so ernst und regelmäßig sein Betragen. Ein Kind von sieben Jahren schon, schlug er mit beiden Fäusten einer Königin ins Angesicht, und seiner Unart müde verließen graue Diener meinen Hof. Jezt hör ich keine Klagen mehr – Wie kommt das? – Das Herzog, das ist irgend ein Komet, der meinem Horizont sich schrecklich nähert. Mir graut vor seiner Nachbarschaft. – Seid wachsam. Seid wachsam, sag ich noch einmal. Der Erbe so vieler Kronen zählt die Aderschläge des Vaters ungeduldig nach. Der Kizel, Gott geich zu werden, hekte Teufel aus. Seid wachsam, ich beschwöre euch.

      Alba. Ich bins. So lang ein Herz an