Butler Parker 101 – Kriminalroman. Günter Dönges. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Серия: Butler Parker
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740908362
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Butler Parker – 101 –

      Günter Dönges

      Parker und der Sex-Report

      Butler Parker wurde ganz offensichtlich abgelenkt. Er stand in würdevoller Haltung neben seinem hochbeinigen Wagen und übersah das Näherkommen von Lady Agatha Simpson. Sie wurde von ihrer äußerst attraktiven, jungen Gesellschafterin begleitet, die wie ein scheues Reh folgte. Kathy Porter winkte in Richtung Parker um auf Lady Agatha aufmerksam zu machen, doch der Butler reagierte nicht.

      Was menschlich verständlich war.

      Vom Parkplatz aus konnte der Butler bequem über eine hohe Taxushecke ein Grundstück beobachten, das seltsame Reize bot. Diese Reize versprühte eine junge Frau, die entfernt an ein amerikanisches Sexidol der 50er Jahre erinnerte. Eine gelungene Kopie der Marilyn Monroe stand am Rand eines überdachten Swimming-pools vor einer Staffelei und betätigte sich als Malerin. Was sie so an Ölfarben auf die Leinwand strich und spachtelte, interessierte den Butler nur sehr wenig. Seine Blicke wurden von den ausgeprägten Körperlinien dieser Frau angezogen, die etwa 25 Jahre zählte.

      Sie trug ungemein knappe Shorts, die an sich schon eine einzige Herausforderung darstellten. Ihre langen, schlanken Beine endeten in hochhackigen Sandalen. Die aggressive Wucht ihrer Oberweite steckte in einer augenscheinlich hauchdünnen Bluse, die deutlich zeigte, daß die junge Dame auf Stützen jeder Art bewußt verzichtete. Das Haar war schulterlang und honigblond.

      Nicht nur Parker war beeindruckt.

      Es gab da auf dem Parkplatz eine Reihe von Männern aller Altersklassen, die völlig vergaßen, daß sie eigentlich in ihre Wagen steigen wollten. Diese Männer sahen verstohlen oder offen hinüber auf das Grundstück und auf die Malerin, die sich wohl nicht bewußt war, wie sehr sie die Räumung des Parkplatzes verzögerte.

      Der Parkplatz gehörte zu den Tennisanlagen von Kew Gardens, westlich von London, an der Themse gelegen. Das Match einiger lokaler Vereine war vor zehn Minuten beendet worden. Der Andrang auf dem Parkplatz war dementsprechend massiv.

      Der überdachte Swimming-pool gehörte zu einem kleinen Landsitz, der von weiten, gepflegten Rasenflächen und Baumgruppen umgeben wurde. Dieser Swimming-pool mit den zum Garten hin geöffneten Glastüren fügte sich gerade noch in das ansonsten seriöse Gesamtbild ein.

      »Ich werde für Sie den ›Playboy‹ abonnieren«, ließ Agatha Simpson sich ironisch vernehmen. Sie stand inzwischen seitlich hinter ihrem Butler und beobachtete ebenfalls die Künstlerin.

      »Ich bitte um Vergebung«, erwiderte Parker ein wenig irritiert, »ich muß Mylady übersehen haben.«

      »Kunststück!« Agatha Simpson lachte ein wenig anzüglich. »Damit kann ich natürlich nicht konkurrieren.«

      Was vollkommen stimmte.

      Lady Agatha Simpson war etwa 60 Jahre alt, groß und erinnert an eine Bühnenheroine vergangener Theaterzeiten. Sie hatte ein volles Gesicht mit sehr vielen Lachfältchen um Mund und Augen, besaß eine Art Adlernase und ein energisches Kinn. Die dunklen Augen waren in steter Bewegung. Einer Lady Agatha entging kaum etwas von Interesse.

      Sie trug ein an sich teures Jackenkleid, das allerdings zu groß und zu bequem war. Es hing faltenreich an ihr herunter und paßte auf den Punkt genau zu den großen, derb wirkenden Schuhen, die Lady Agatha bevorzugte.

      »Reißen Sie sich von dieser Einladung los«, meinte Parkers Herrin und deutete mit ihrer Lorgnette hinüber auf das Grundstück. »Dieses Dämchen posiert etwas zu eindeutig.«

      »Wie Mylady befehlen«, erwiderte der Butler und wandte sich zu seinem Wagen um.

      Genau in diesem Augenblick fiel der Schuß!

      *

      Die Monroe-Kopie vor der Staffelei stieß einen entsetzten Schrei aus und rannte zur Terrasse des Hauses. Dabei verlor sie das Gleichgewicht, rutschte aus und landete mit einem zweiten Aufschrei im spritzenden Wasser. Sie schien nicht besonders sportlich zu sein. Sie schlug wild um sich und paddelte an den Rand des Swimmingpools heran.

      Die Staffelei war wie von einer unsichtbaren Riesenfaust zur Seite geschleudert worden und lag zusammengeknickt im Gras.

      Lady Agatha, Parker und Kathy Porter erhoben sich aus ihrer Kniebeuge, die sie beim Aufpeitschen des Schusses automatisch eingenommen hatten.

      »Sollte da irgendein Flegel auf mich geschossen haben?« fragte die Sechzigjährige ergrimmt.

      »Keineswegs, Mylady«, gab der Butler zurück und wies mit der Spitze seines Universal-Regenschirms auf den Swimming-pool, aus dem die Monroe-Kopie gerade herauskletterte, um dann in langen Sätzen auf das Haus zuzulaufen.

      »Das will ich mir auch ausgebeten haben«, stellte Agatha Simpson fest. »Kommen Sie, Mister Parker! Wir werden gebraucht.«

      »Sind Mylady sicher?« fragte Parker zögernd.

      »Es handelt sich doch offensichtlich um einen Mordversuch«, freute sich die alte Dame und sah ihren Butler unternehmungslustig an. »Sehen Sie sich das an!«

      Der Schuß und die flüchtende Malerin hatten bei den männlichen Zuschauern auf dem Parkplatz erstaunliche Reaktionen ausgelöst. Die Mehrzahl der Betrachter befand sich noch in Deckung zwischen den abgestellten Wagen. Doch einige mutige Männer hasteten auf die Taxushecke zu, um der Monroe-Kopie ihre Hilfe anzubieten. Sie warfen sich auf und unter die Hecke und arbeiteten sich wütend durch dieses Hindernis.

      »Worauf warten Sie noch, Mister Parker?« Lady Simpson setzte sich in Bewegung, aber sie hielt keineswegs auf die Taxushecke zu. Sie marschierte auf ihren stämmigen Beinen zum angrenzenden Grundstück, das einen etwas verwilderten Eindruck machte. Damit bewies die passionierte Detektivin, daß sie die Lage durchaus richtig einschätzte. Der Schuß mußte von diesem Grundstück aus abgefeuert worden sein.

      Parker folgte notgedrungen, wobei er mit Agatha Simpsons Gesellschafterin einen hilfesuchenden und ergebenen Blick wechselte.

      Es war also wieder mal passiert.

      Agatha Simpson war mit einem interessanten Fall konfrontiert worden. Sie würde nun nicht eher ruhen, bis dieser Fall geklärt war. Die resolute Dame sehnte sich nach Abwechslungen dieser Art. Und erstaunlicherweise kam sie immer wieder auf ihre Kosten.

      »Einen Augenblick, bitte, Sir …« Agatha Simpson hatte den Parkplatz verlassen und rief jetzt einen jungen Mann an, der hinter dichtem Busch- und Strauchwerk rechts vom Parkplatz hervorkam. Er schleppte bezeichnenderweise einen Geigenkasten mit sich herum.

      Der junge Mann war etwa 25 Jahre alt, schlank und mittelgroß. Er trug gepflegte, sportliche Kleidung und paßte durchaus in diese Gegend.

      »Einen Moment, bitte!« Lady Simpsons Stimme klang bereits wesentlich schärfer. Sie war nicht gewillt, diesen Mann ziehen zu lassen. Unternehmungslustig funkelten ihre schwarzen Augen.

      Der Geigenkasten!

      Das war ein Indiz nach Myladys Geschmack.

      Natürlich wußte sie aus Erfahrung, daß in solchen Behältern nicht ausschließlich Instrumente transportiert wurden, Kästen dieser Art enthielten recht oft Schußwaffen aller Art.

      Der junge Mann reagierte noch immer nicht.

      Er war allerdings etwas schneller geworden und hielt jetzt auf einen Hillman zu, der am Straßenrand vor dem Parkplatz abgestellt worden war.

      »Warten Sie!« Lady Simpsons Stimme grollte. Sie blieb stehen und bemühte ihren Pompadour.

      Es handelte sich um ein mit Straß und Perlen besticktes Handbeutelchen, wie es von älteren Damen gern benutzt wird, um Gegenstände persönlichster Art aufzubewahren. Myladys Pompadour war allerdings wesentlich größer als der Durchschnitt und schien mehr zu enthalten als nur einige Toilettenartikel.

      Lady Agatha hielt die Schnüre des Pompadours in der rechten Hand und ließ ihn kreisen. Dann, mit einer leichten Verbeugung, ließ sie die Schnüre los und schickte den Handbeutel auf die Reise.

      Agatha Simpsons. Geschicklichkeit war schon eine beachtenswerte Sache. Der Pompadour zischte nachdrücklich durch die Luft, überbrückte die fast