Gesammelte Werke. Джек Лондон. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Джек Лондон
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788026884484
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hatte mir gleich im Anfang die Haut von den Fingern gerissen, und beim Reffen hatte ich vor Schmerzen kaum die Tränen zurückhalten können. Als jetzt alles getan war, ließ ich mich gehen und warf mich, jammernd vor Schmerz und Erschöpfung, aufs Deck.

      Unterdessen war Thomas Mugridge wie eine ertrunkene Ratte unter dem Backkopf hervorgezogen worden, wo er sich feige verkrochen hatte. Als er achtern nach der Kajüte geschleppt wurde, sah ich plötzlich zu meinem Schrecken, daß die Kombüse verschwunden war. Wo sie gestanden hatte, war klar Deck.

      In der Kajüte fand ich alle Mann, auch die Matrosen, versammelt, und während der Kaffee auf dem kleinen Ofen gekocht wurde, tranken wir Whiskey und kauten Zwiebäcke. Nie im Leben war mir Essen so willkommen gewesen, und nie hatte mir heißer Kaffee so geschmeckt. So gewaltig rollte und stieß die Ghost, daß selbst die Matrosen sich nicht bewegen konnten, ohne sich festzuhalten, und daß wir mehrmals unter allgemeinem Geschrei nach Backbord an die Wand geschleudert wurden, als hätten wir uns an Deck befunden.

      „Zum Teufel mit dem Ausguck!" hörte ich Wolf Larsen sagen, als wir uns satt gegessen und getrunken hatten. „An Deck kann doch nichts mehr gemacht werden. Wenn jemand uns überrennen will, können wir ihm doch nicht ausweichen. Alle Mann in die Kojen, und versucht ein bißchen zu schlafen!"

      Die Matrosen kämpften sich nach vorn und setzten unterwegs die Seitenlichter, während die beiden Jäger zum Schlafen in der Kajüte blieben, da es nicht ratsam war, die Zwischendecksluke zu öffnen. Wolf Larsen und ich amputierten gemeinsam Kerfoots zerschmetterten Finger und vernähten die Wunde. Mugridge, der die ganze Zeit, während er Kaffee machen und aufwarten mußte, über innere Schmerzen geklagt hatte, schwor jetzt, daß er zwei oder drei Rippen gebrochen hätte. Aber er mußte bis zum nächsten Tage warten, zumal ich nichts von gebrochenen Rippen verstand und erst darüber nachlesen mußte.

      „Ich finde nicht, daß es das wert war", sagte ich zu Wolf Larsen, „ein zersplittertes Boot für Kellys Leben!"

      „Kelly war nicht viel wert", lautete die Antwort. „Gute Nacht!"

      Nach allem, was sich ereignet hatte, bei fast unerträglichen Schmerzen in den Fingerspitzen und den Gedanken an die drei vermißten Boote, gar nicht zu reden von den wilden Sprüngen, die die Ghost machte, hätte ich nicht geglaubt, daß es möglich gewesen wäre zu schlafen. Aber meine Augen müssen sich in demselben Augenblick geschlossen haben, als mein Kopf das Kissen berührte, und in äußerster Erschöpfung schlief ich die ganze Nacht, während sich die Ghost, einsam und ungeleitet, ihren Weg durch den Sturm erkämpfte.

      Am nächsten Tag paukten Wolf Larsen und ich, während der Sturm sich austobte, schnell Anatomie und Chirurgie und setzten Mugridges Rippen wieder zurecht. Als dann die

      Gewalt des Orkans gebrochen war, kreuzte Wolf Larsen über die Stelle, wo er uns überrascht hatte, zurück und fuhr dann, während die Boote ausgebessert und neue Segel gemacht wurden, etwas weiter nach Westen. Ein Robbenschoner nach dem andern wurde gesichtet, und wir gingen jeweils an Bord; die meisten hatten Boote und Mannschaften an Bord, die sie aufgelesen hatten und die ihnen nicht gehörten. Der größte Teil der Flotte hatte sich westlich von uns befunden, und die weit verstreuten Boote hatten in wilder Flucht den ersten besten Zufluchtsort aufgesucht.

      Zwei unserer Boote mit wohlbehaltener Mannschaft nahmen wir von der Cisco über, und zu Wolf Larsens großer Freude und meinem Kummer las er auch Smoke, Nilson und Leach von der San Diego auf.

      So waren wir nach fünf Tagen, nur um vier Mann ärmer -Henderson, Holoyak, Williams und Kelly -, wieder hinter den Herden her.

      Wir verfolgten sie weiter nordwärts, und nun trafen wir auf die gefürchteten Seenebel. Tag auf Tag wurden die Boote hinuntergefiert und verschwanden, fast ehe sie noch das Wasser berührt hatten. Wir an Bord stießen in regelmäßigen Zwischenräumen ins Hörn und gaben alle fünfzehn Minuten Signalschüsse ab. Beständig wurden Boote verloren und wiedergefunden, und es war üblich, mit dem ersten besten fremden Schoner zu jagen, der das Boot aufnahm, bis der eigene Schoner gefunden war. Da Wolf Larsen jedoch ein Boot fehlte, ergriff er Besitz von dem ersten fremden, das uns in die Quere kam, zwang die Mannschaft, auf der Ghost zu bleiben, und erlaubte ihnen nicht, zurückzukehren, als wir ihren eigenen Schoner sichteten. Ich weiß noch, wie er dem Jäger und seinen beiden Leuten das Gewehr auf die Brust setzte und sie nach unten trieb, als ihr Kapitän uns passierte und uns anrief, um nach ihnen zu fragen.

      Thomas Mugridge, der sich so seltsam und hartnäckig ans Leben klammerte, humpelte wieder herum und kam seinen zweifachen Pflichten als Koch und Kajütsjunge nach. Johnsonund Leach wurden schlimmer behandelt als je, und sie erwarteten, daß mit der Jagdzeit auch ihr Leben zu Ende sein würde. Aber auch die übrige Mannschaft lebte ein wahres Hundeleben unter ihrem erbarmungslosen Herrn. Ich selbst kam ganz gut mit Wolf Larsen aus, obgleich ich nie den Gedanken loswerden konnte, daß ich am richtigsten handelte, wenn ich ihn tötete.

      Eine seiner Zerstreuungen war, wenn wir mitten in einer Robbenherde lagen und die See zu hoch ging, um die Boote niederzulassen, selbst mit zwei Ruderern und einem Steuermann hinauszugehen. Er war ein guter Schütze und erbeutete viele Felle unter Verhältnissen, die die Jäger einfach unmöglich nannten. Aber er schien gerade seine Freude daran zu finden, sein Leben auf diese Weise aufs Spiel zu setzen und gegen fast unüberwindliche Schwierigkeiten anzukämpfen.

      Ich lernte immer mehr von der Navigation, und an einem schönen Tage - etwas, was uns jetzt selten begegnete - erlebte ich die Befriedigung, selbst die Ghost führen, steuern und die Boote auflesen zu dürfen.

      Wolf Larsen war von seinen Kopfschmerzen befallen, und so stand ich nun von morgens bis abends am Rade, kreuzte über das Meer nach dem letzten Leeboot, legte bei und nahm dieses und die anderen fünf auf, und das alles ohne Kommando oder Anweisung des Kapitäns.

      Hin und wieder wehte es steif, denn wir waren in eine stürmische Breite gekommen, und Mitte Juni erlebten wir einen Taifun, der sehr denkwürdig für mich und bedeutungsvoll für meine ganze Zukunft werden sollte. Wir wären fast von dem Zentrum des Wirbelsturms gepackt worden, und Wolf Larsen lief nach Süden davon, zuerst mit doppelt gerefftem Klüver und zuletzt mit gänzlich gestrichenen Segeln. Nie hatte ich gedacht, daß es so ungeheure Wogen geben könnte! Die Wellen, denen wir bisher begegnet waren, erschienen im Vergleich zu ihnen wie sanftes Gekräusel. Von Kamm zu Kamm maßen sie wohl eine halbe Meile, und ich bin fest überzeugt, daß sie unsern Mastbaum überragten. So gewaltig waren sie, daß selbst Wolf Larsen nicht beizudrehen wagte, obgleich wir Gefahr liefen, weit nach Süden aus den Robbengründen getrieben zu werden.

      Wir mußten etwa bis in die Route der Transpazifik-Linie gekommen sein, und als der Taifun nachließ, befanden wir uns zur Überraschung der Jäger inmitten einer großen Robbenherde - einer Art Nachhut, wie sie erklärten, etwas sehr Seltenes. Und die Folge war, daß den ganzen Tag die Büchsen knallten und die Tiere mitleidlos abgeschlachtet wurden.

      Gegen Abend näherte Leach sich mir. Ich war gerade damit fertig, die Häute zu zählen, die das letzte Boot an Bord gebracht hatte, als er in der Dunkelheit neben mich trat und leise fragte: „Herr van Weyden, können Sie mir sagen, wie weit wir von der Küste entfernt sind und in welcher Richtung Yokohama liegt?"

      Mein Herz hüpfte vor Freude, denn ich wußte, was er vorhatte, und ich gab ihm die Richtung an: „Fünfhundert Meilen Westnordwest."

      „Danke!" Mehr sagte er nicht, und dann schlüpfte er wieder ins Dunkel zurück.

      Am nächsten Morgen wurde Boot drei mit Johnson und Leach vermißt. Gleichzeitig fehlten die Wasserfässer und Eßkisten aller anderen Boote und Bettzeug und Seesäcke der beiden Männer. Wolf Larsen raste. Er setzte Segel und fuhr nach Westnordwest, immer zwei Jäger im Ausguck, während er selbst wie ein zorniger Löwe auf Deck auf und ab schritt. Er kannte meine Sympathie für die Flüchtlinge zu gut, als daß er mich in den Ausguck geschickt hätte.

      Der Wind war günstig, wenn auch unbeständig, aber mir schien, daß man ebensogut eine Stecknadel in einem Heuschober wie das winzige Boot in dieser blauen Unendlichkeit hätte suchen können. Er holte jedoch alles aus der Ghost heraus, um die Flüchtlinge vom Land abzuschneiden, und als er das erreicht zu