Gesammelte Werke. Джек Лондон. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Джек Лондон
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788026884484
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bildeten keine Ausnahme davon. Also begnügte er sich damit, den Gegner zu besiegen, und überließ es dem großen Haufen, ihm den Rest zu geben. Dann pflegten aber die Weißen einzuspringen und ihren Zorn an den andern Hunden auszulassen, während Wolfsblut ungestraft davonkam. In solchen Fällen pflegte er in geringer Entfernung stehen zu bleiben und zu schauen, wie Steine und Knüttel, Beile und andere Waffen gegen die Gefährten seiner Missetat gebraucht wurden. Ja, Wolfsblut war schlau!

      Auch die andern wurden es bald, und Wolfsblut begriff wie sie, daß er nur gleich nach dem Anlegen des Dampfers seinen Spaß haben könne. Denn waren zwei oder drei Hunde erst niedergeworfen und umgebracht, so riefen die Weißen entweder ihre Tiere an Bord zurück, oder sie nahmen an den Missetätern grausame Rache. Einmal feuerte ein Weißer, der seinen Hund, einen kostbaren Hühnerhund, vor den eigenen Augen hatte in Stücke reißen sehen, seinen Revolver blitzschnell in den Haufen ab, und sechs Hunde lagen tot oder im Sterben da, was auf Wolfsblut als neue Kundgebung der Macht der Weißen tiefen Eindruck machte.

      Aber er amüsierte sich herrlich dabei, da er seine Gattung nicht liebte und schlau genug war, ohne Schaden davonzukommen. Zuerst war es für ihn ein Zeitvertreib gewesen, die Hunde der Weißen zu töten, mit der Zeit wurde es eine Beschäftigung. Er hatte keinerlei Arbeit zu tun. Der Graue Biber war mit seinem Handel beschäftigt und sammelte Reichtümer, also trieb sich Wolfsblut mit der schlimmen Bande der Indianerhunde am Landungsplatz umher und wartete auf die Dampfboote. Allein man konnte kaum sagen, daß Wolfsblut zu der Bande gehörte, denn er mischte sich nicht unter die andern Hunde, sondern hielt sich abseits und wurde sogar von ihnen gefürchtet. Allerdings machte er mit ihnen insofern gemeinsame Sache, als er den Streit mit dem fremden Hunde anfing, während die andern zusahen, und – wenn er ihn niedergeworfen hatte – ihm den Garaus machten. Dann zog er sich jedoch zurück und überließ sie der Rache der erzürnten Weißen.

      Es machte ihm nicht viel Mühe, den Streit zu beginnen; er brauchte sich den fremden Hunden nur zu zeigen, wenn diese ans Land kamen. Denn kaum erblickten sie ihn, so stürzten sie auf ihn los. Das lag bei ihnen im Instinkt. Er war für sie die Verkörperung der Wildnis, alles dessen, was unbekannt, schrecklich und grauenhaft im Dunkel um die Feuer im Urwald gelauert hatte, und da viele Generationen dieser Hunde sich um die Feuer der Menschen geschart hatten, war ihr Instinkt umgeformt worden, und sie hatten die Wildnis fürchten gelernt, aus der sie doch herstammten, und die sie verlassen und verraten hatten. Seit Jahrhunderten war diese für sie ein Sinnbild des Schreckens geworden, und sie hatten in dieser ganzen langen Zeit von ihren Herren die Freiheit genossen, die Geschöpfe der Wildnis zu töten, und hatten dadurch sich selber und ihre Herren geschützt, deren Gefährten sie geworden waren.

      So trabten diese Hunde aus dem milden, weichen Süden gemächlich das Laufbrett entlang und betraten das Ufer des Yukon, um bei Wolfsbluts Anblick den unwiderstehlichen Trieb zu empfinden, auf ihn loszustürzen und ihn zu vernichten. Mochten sie auch in Städten aufgewachsen sein, so war die Furcht vor der Wildnis doch in ihnen. Denn sie sahen das wolfsähnliche Tier, das da im hellen Tageslicht vor ihnen stand, nicht nur mit den eigenen Augen, sondern auch mit denen ihrer Vorfahren, und erkannten durch ererbte Erinnerungen in ihm den Wolf, den Gegenstand uralter Fehde. Wenn aber Wolfsbluts Anblick die fremden Hunde reizte, und sie auf ihn als ihre rechtmäßige Beute blickten, so schaute er sie mit denselben Augen an. Nicht umsonst hatte er das Licht der Welt in einer einsamen Höhle erblickt, hatte er seine ersten Kämpfe mit dem Schneehuhn, dem Wiesel und dem Luchs ausgefochten; nicht umsonst war seine Jugend durch die Verfolgung der jungen Hunde des Lagers verbittert worden. Wäre Liplip nicht gewesen, so würde er die Jugendzeit spielend mit den Gefährten verbracht haben und wäre mehr als Hund und mit freundlicheren Gesinnungen gegen seinesgleichen aufgewachsen. Hätte andrerseits der Graue Biber die Tiefen in Wolfsbluts Natur mit dem Senkblei der Liebe und Zuneigung ergründen wollen, so hätte er allerhand freundliche Eigenschaften an die Oberfläche bringen können. Aber dem war nicht so gewesen. Der Lehm, aus dem Wolfsblut gemacht war, war so geknetet worden, daß er ein mürrisches und einsames, ein unliebenswürdiges und blutdürstiges Geschöpf – kurz, der Feind seiner Gattung wurde.

      2. Kapitel. Der tolle Gott

       Inhaltsverzeichnis

      Nur eine kleine Anzahl weißer Leute lebte in Fort Yukon, und sie waren schon seit langer Zeit dort ansässig. Sie nannten sich »Sauerteig« und waren auf diese Bezeichnung stolz. Auf die andern, die mit den Dampfern kamen, blickten sie herab und bezeichneten sie als »Chekaquos«, weil sie ihr Brot mit Hefe zubereiteten, was diese etwas übel nahmen. Und doch war alles nur Neid von seiten der Sauerteigs, denn sie backten das Brot nur deshalb so, weil sie es nicht bester verstanden.

      Also blickten die Leute im Fort auf die neuen Ankömmlinge herab und freuten sich, wenn es ihnen übel erging. Sie freuten sich besonders über das Unheil, das Wolfsblut und sein Anhang unter den Hunden der Fremden anrichtete. Wenn ein Dampfer ankam, so erschienen die Leute aus dem Fort stets am Ufer, um sich den Spaß anzusehen, und sie freuten sich darauf ebenso sehr wie die Indianerhunde, und sahen auch bald, wie schlau und mordlustig Wolfsblut sich dabei gebärdete. Vor allem ergötzte sich ein Mann an dem Schauspiel. Beim ersten Pfiff des Dampfers kam er angerannt, und wenn der Kampf vorüber war, so kehrte er langsam und wie bedauernd ins Fort zurück. Manchmal wenn ein sanfter Hund aus dem Südland niedergeworfen wurde und in Todesnöten schrie, so jubelte der Mann laut auf und sprang vor Freude in die Höhe. Immer aber blickte er mit begehrlichem Auge auf Wolfsblut.

      Die Leute im Fort nannten den Mann den Schönen. Man kannte seinen Vornamen nicht, so wurde er in der Gegend allgemein der schöne Schmitt genannt. Allein er war durchaus keine Schönheit. Ganz im Gegenteil! Die Natur hatte ihn stiefmütterlich behandelt. Er war klein, und auf dem hageren Körper saß ein winziger Kopf, der nach oben spitz zulief, so daß er als Knabe bei den Kameraden die »Stecknadel« hieß. Die niedere Stirn war flach, und der Hinterkopf zeigte keine Wölbung. Die Gesichtszüge, als ob die Natur ihre Sparsamkeit bereue, waren verschwenderisch breit, die Augen groß und so weit von einander entfernt, daß noch ein Paar dazwischen Platz gehabt hätte. Was aber dem Gesichte die größte Breite gab, war der ungeheure Kiefer. So breit und massig sprang derselbe vor, daß er für den hagern Hals fast zu schwer erschien. Dieser Kinnbacken hätte den Eindruck großer Festigkeit erregen können; allein dies wäre eine Täuschung gewesen, denn Schmitt war weit und breit als ein erbärmlicher Feigling bekannt. Die beiden Augenzähne, länger als ihre breiten gelben Gefährten, ragten wie Stoßzähne zwischen den schmalen Lippen hervor, und die Augen sahen so unbestimmt in der Farbe aus, als hätte die Natur die Reste aus all ihren Farbentöpfen zusammengekratzt. Dasselbe galt von dem spärlichen Haar, das auf dem Kopfe zu Berge stand, im Gesicht jedoch wie Korn wuchs, das vom Winde verweht war.

      Eine solche Ungeheuerlichkeit war der schöne Schmitt, der für die Leute im Fort die Küche, das Aufwaschen und alle groben Arbeiten besorgte. Man behandelte ihn nicht gerade schlecht – im Gegenteil –, denn man fürchtete ihn. Konnte er nicht in feiger Wut einen von hinten erschießen oder einem Gift in den Kaffee mischen? Jemand mußte doch die Küche besorgen, und warum sollte es nicht durch Schmitt geschehen, was auch immer seine Fehler waren! Dieser Mann aber war von Wolfsbluts Tapferkeit und Blutdurst so sehr entzückt, daß er wünschte, ihn zu besitzen. Er näherte sich Wolfsblut freundlich, ohne daß dieser ihn beachtete. Als diese Annäherungen zudringlicher wurden, knurrte Wolfsblut und wies ihm die Zähne, indem er rückwärts ging. Der Mann gefiel ihm nicht. Wolfsblut witterte in ihm Schlimmes und fürchtete seine ausgestreckte Hand und die sanften Worte.

      Die Tiere unterscheiden leicht zwischen Gut und Böse: jenes bringt ihnen Behagen, Zufriedenheit, Schmerzlosigkeit, und sie haben es darum gern; dieses verursacht Unbehagen und Pein, und darum hassen sie es. Und Wolfsblut fühlte, daß Schmitt böse wäre. Aus dem mißgestalteten Körper, aus dem verderbten Gemüt stiegen geheimnisvoll wie Nebel aus den Fieber erzeugenden Sümpfen ungesunde Ausdünstungen und Ausstrahlungen empor. Nicht durch den Verstand, auch nicht allein durch die Sinne, sondern durch feinere, noch unerforschte Kanäle, kam ihm das Gefühl, daß dieser Mensch übles im Schilde führe, daß er ihm schaden könne, kurz, daß er schlimm sei und verabscheut werden müsse.

      Als Schmitt zum