»Dick,« sprach er, »will auch mit, der Constable; er fürchtet, du möchtest ihm davonlaufen. Er schielt nach unserer Käthe. Kann's nicht begreifen, wie sie ihn nur um sich dulden kann.«
Der Brite lachte laut auf, und der alte Mann stimmte ihm aus vollem Halse bei.
»Wohl, junges Blut, komm' nun mit mir in die Dachstube hinauf. Wir wollen Schlag neun Uhr weg, du kannst noch ein paar Stunden Schlafes mitnehmen. Mach' dich bequem und merk' nicht auf die Mädchen,« sagte er, indem er auf ein leeres Bett deutete, das neben dem stand, welches er seinem Gaste anwies, »sie werden noch eine Weile plappern, ehe sie zu schnarchen anfangen.«
»Aber,« fragte der Jüngling zaudernd, »wer soll denn eigentlich in dieses Bett kommen?«
»Meine zwei Mädchen, meine Töchter«, versetzte der Squire.
»Aber«, meinte der Jüngling – und kratzte sich hinterwäldlerisch hinter den Ohren.
»Aber«, lachte der neue Major – »laß du die nur gehen, die werden dir nichts abbeißen; – mach' du nur keine Sprünge; – sie werden ruhig liegen bleiben. Wir sind hier ein bißchen gedrängt; auf der Pflanzung draußen haben wir aber mehr Platz.«
»Besorgt nichts«, lachte der junge Mann dem abziehenden Squire nach, noch immer den Kopf über seine Schlafstelle schüttelnd, die von einer zweiten, die zwei frische Mädchen, rund wie Rebhühner im August, aufnehmen sollte, nicht ganz zwölf Zoll entfernt stand.
Nun erwartete er nur noch die Ankunft der alten Dame, die versprochenermaßen ihm in die neue Robe der Miß Käthe zu verhelfen gedachte. Wahrscheinlich war sie jedoch durch ihren Mann eines Bessern belehrt worden; denn sie kam nicht und unser Abenteurer entschlief.
*
»Komm«, rief eine Stimme, nach einem Schlafe, der ihm vermutlich kaum so viele Minuten gedauert zu haben scheinen mochte, als Stunden verflossen waren; und eine Hand rüttelte ihn ziemlich derb.
Der junge Mann blickte hinüber auf das Bett, aus dem sich eine Hand erhob, der eine Gestalt folgte, die zu derb war, um einem der beiden holden Geschöpfe angehören zu können.
»Die Mädchen wollten mir absolut nicht herauf. Hätte mir es einbilden können. Und unsere Männer hatten beschlossen, eine Wache hereinzupostieren. Und diesem auszuweichen, habe ich mich selbst heraufgemacht. Doch mache, wir haben einen kleinen Morgenritt von dreißig bis vierzig Meilen, der uns vollauf zu tun geben wird.«
»Meine Toilette ist fertig«, war die Antwort.
»Wohl, lieber Hodges«, redete ihn die Frau an, die, von ihren Töchtern umgeben, die beiden noch mit einem Imbiß erwartete.
»Macht Euch zuerst warm und übereilt Euch nicht. Hier sind ein Paar Schuhe und Strümpfe, die Euch in der kalten Nachtluft not tun werden, Käthe und Mary haben das übrige.«
Käthe hielt eine Wolldecke in der Hand, und Mary war mit dem Hute ihres Vaters beschäftigt.
»Was soll denn das wieder?« fragte der Squire.
»Je nun, du brauchst doch einen Federbusch als Major. Sie hat allen Hühnern und Hähnen die Federn ausgerissen. – Und nun, lieber Hodges,« fuhr sie fort, »vergeßt nicht und seid hübsch munter drüben. Wer Euch so ansieht, kann unmöglich Arges denken. Laßt Euch nichts weismachen drüben. Sie sind nicht mehr als Ihr seid, obwohl sie gewaltig steif und stolz tun, weil sie reich sind. Und wenn Ihr glücklich davonkommt, und es geht Euch im alten Lande krumm, kommt zu uns. Es soll Euch nicht reuen.«
Die wackere Hinterwäldlerin sah ihm so freundlich ins Gesicht, daß dem Jünglinge der Abschied schwer zu werden begann.
»Nimm an, Junge, was sie dir sagt,« sprach der Squire; »sie hat vieles erlebt und wahrlich in Ehren.«
»Und hier hat Mary an ihren Bruder geschrieben, der drüben bei Mister Parker Aufseher seiner Pflanzung ist. Es kann alle Wege nicht schaden. Du issest ja aber nicht«, bemerkte die Frau. – Der junge Mann warf eilig einige Bissen in den Mund und stand dann auf, um dem ungeduldig wartenden Squire zu folgen. Miß Käthe warf ihm die Wolldecke um, und Miß Mary zog ihm die Handschuhe über die Finger. Er dachte unwillkürlich an Rosa und die Indianerin, bei welchem Vergleiche jedoch die beiden Misses verloren.
»Und nun noch einmal,« sprach sie, »sei munter und guter Laune, und man wird dir's am Auge ansehen, daß du nicht der bist, für den dich diese Narren halten.«
»Gemach, gemach, altes Weib«, sprach der Squire, seinen Gast zur Türe hinausschiebend, um fernern Komplimenten so schnell als möglich zu entgehen.
Draußen ging es noch immer sehr lebhaft her. Aus den beiden Schenken herüber klangen die schnarrenden Töne der zwei Geigen, und das Lichterschießen war erst recht in Gang gekommen. Der Haufe hielt jedoch inne, als die Pferde herbeigeführt wurden, und die Toms und Sams und Isaaks und Dicks und Bens und Billys kamen auf unsre Reisenden zugestolpert und geschritten, um von ihrem Major zeitweiligen Abschied zu nehmen.
»Und hebt einige von Euern Fips und Levies auf«, schrie ihnen dieser zu, der sich mit seinen zwei Begleitern nur mühsam durch die Menge hindurch ellbognete.
»Hat keine Not,« riefen ihm die lustigen Zecher zu, »'s bleibt im Lande.«
»So sind sie nun«, sprach der Squire, als er mit seinen zwei Begleitern in die Fähre stieg, die sie über den Atchafalaya bringen sollte. »Just als ob ihre Beutel keinen Boden hätten; zäh wie Hickory und rauh wie die Bären, aber treffliche Männer bei alledem. Und rauh, so wie du sie nun siehst, laß ein zehn Jahre vorüber sein, und wenn sie nicht poliert sind, wie irgendein Gentleman, so heiß mich etwas. Solltest sie gesehen haben vor drei Jahren, als ich herabkam vom Coosa in Georgien. Hängen soll ich, wenn sie nicht ärger waren, als die Indianer selbst; aber wachsender Wohlstand hat wunderbar auf sie eingewirkt und sie ihre Wichtigkeit fühlen gelehrt. Wer bei uns nichts hat, ist auch nichts wert. – Und armselig wie 's Geld ist, so fordert der Erwerb Fleiß und Betriebsamkeit und viele Tugend – und die ist bei uns im Steigen mit dem Wohlstand und in der alten Welt im Fallen mit der werdenden Armut. Und schau jetzt das Städtchen an mit seinen fünfzehn Häusern!« – Es hatte bloß zwölf, aber unser Squire, obwohl die Wahrheit selbst, hatte die schwache Seite, immer ein wenig zuzugeben, wo nach seiner Meinung die Ehre des Landes im Spiele war. – »Schau's einmal an und komm in zehn Jahren wieder, und wenn es nicht schon über hundert Häuser zählt, so nenne mich einen Yankee.«
Die drei hatten nun das jenseitige Ufer des Atchafalaya erreicht, wo sie ihre Pferde bestiegen.
Dreiundzwanzigstes Kapitel
Das Upland des linken oder östlichen Mississippiufers erhebt sich schanzenartig, zieht in paralleler Linie mit dem Strome fort und hat auf seinem Scheitel die Hauptstadt des Mississippistaates mit mehreren Städtchen und unzähligen Pflanzungen. Der Strom, nicht länger durch Inseln oder Sandbänke gebrochen, wälzt sich in einem ungeheuern Bette fort, einem überfüllten Troge nicht unähnlich, aus dem er über beide Ufer herab tief ins Land hineinschaut und, gleichsam als verschmähte er jeden neuen Zuwachs, die bedeutenden Wassermassen, die ihm durch den Arkansas und roten Fluß zugeführt wurden, wieder entläßt. Dicht unter dem südlichen Abhang des Hochlandes hat er sich einen jener natürlichen Ausflüsse durchgebrochen, die unter dem Namen Bayous bekannt sind, und einen Teil seiner Gewässer, wenn sie eine gewisse Höhe erreicht, auf Umwegen dem Meerbusen zuführen