Правовые основы исламской модели экономики и банковского дела 2-е изд., испр. и доп. Учебное пособие для вузов. Булат Дамирович Нуриев. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Булат Дамирович Нуриев
Издательство: ЮРАЙТ
Серия: Высшее образование
Жанр произведения: Учебная литература
Год издания: 2020
isbn: 9785534123975
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„Vielen Dank für Ihren Anruf“ oder „Nett, dass Sie sich wieder mal an mich erinnert haben?“

      Langsam ließ ich den Hörer auf die Gabel sinken und stieß die Luft aus der Lunge. Wenigstens hatte sich Kolczyk nicht auf die Hinterbeine gestellt und Schwierigkeiten gemacht. Natürlich ahnte ich in diesem Augenblick noch nicht, weshalb er mir derart schnell entgegengekommen war.

      Miezi, arme Miezi! Ich schluckte eine Spalt-Tablette, warf mich auf meine taubengraue Liege und starrte gegen die Decke. Was mochte man in den Sekunden des Todeskampfes fühlen und denken? Wer war der Mörder? Warum hatte er es getan? War es nicht vielleicht die beste Lösung für sie?

      Plötzlich stockte mir der Atem: Sollte ich selber Miezis Mörder sein? Was stand in der Zeitung? Sie musste gegen zweiundzwanzig Uhr ermordet worden sein. zweiundzwanzig Uhr ... Wo war ich gegen zweiundzwanzig Uhr? Das wusste ich beim besten Willen nicht mehr. Bis kurz nach neun hatte ich im Iglu gesessen, einer im Eskimo-Look eingerichteten Bar. Aber dann? Aus – ein schwarzes Loch in meinem Gedächtnis. Ich hatte mich volllaufen lassen, regelrecht volllaufen lassen. Schon im Iglu hatte ich an sich genug gehabt, da war ich an der Theke lang hingeschlagen. Doch dann hatte ich meine Tour weiter fortgesetzt, völlig high. Irgendwann musste ich mich mit irgendjemandem geschlagen haben. Am Morgen waren meine Hände zerkratzt, Fingernägel waren abgebrochen, mein Hemd war zerrissen. Aufgewacht war ich auf einem Hinterhof, keine hundert Meter von meiner alten Behausung entfernt, und dann mit einer Taxe nach Hause gefahren. Ich wusste, dass ich im Bett aggressiv sein konnte, dass ich schon früher im betrunkenen Zustand einiges mit ihr angestellt hatte. Was war in dieser Nacht passiert?

      Ich begann zu schwitzen, ich glaube, ich hatte Fieber. Vielleicht hatte ich sie auch aus Mitleid getötet oder aus einem unbewussten Schuldgefühl heraus? Vielleicht hatte ich sie geliebt? Ich hatte das Empfinden, als müsste mir jeden Augenblick der Schädel platzen, als würden alle Erregungskreise meines Großhirns pausenlos irre Impulse aussenden. Wenn das so weiterging, dann musste ich über kurz oder lang in der Klapsmühle landen.

      Ich sprang auf und lief im Zimmer umher. Wer konnte sie wirklich getötet haben? Ruhlsdorf, Drognitz, Prötzel? Nein, der auf keinen Fall. Am allerwenigsten Karl-Heinz Prötzel. Der war ja extra aus Hongkong, oder weiß der Kuckuck woher, zurückgekommen, um sich mit Miezi zusammenzutun. Ich hatte ihm gar nicht schnell genug ausziehen können, die Szene stand mir immer noch vor Augen.

      Ich hatte gerade den letzten Pappkarton verschnürt, da klopfte es.

      „Ja, immer rein, wenn’s kein Schneider is!“ Ich dachte, es sei Opa Melzer.

      Aber in der Tür stand Kalli Prötzel, und zwar in voller Schönheit. Er trug eine schwarze Lederjacke und erinnerte mich an einen hungrigen Gorilla.

      „Der Olle hat mir jesagt, dette ausziehst, stimmt det?“

      „Ja, siehste ja!“

      „Man jut, sonst hätt ick dir Beene gemacht! Ich will nämlich hier rin.“

      „Wolln wir noch ’n Bier trinken?“ Ich gab mich demütig, wie immer, wenn ich es mit körperlich Überlegenen zu tun habe.

      „Nee!“

      Ich nahm meinen Karton und den kleinen Koffer, in dem ich früher immer meine Fußballsachen herumgeschleppt hatte, und drückte mich an ihm vorbei.

      „Viel Glück dann auch!“, sagte ich noch.

      Er stieß mir die Faust ins Kreuz. „Los, schieb ab, komm jut in de Urne!“

      Unten auf der Straße war mir dann eingefallen, dass ich einen Teil meiner Manuskripte vergessen hatte. Sie lagen im Bettkasten meiner altertümlichen Couch. Mir war nichts weiter übrig geblieben, als noch einmal in den dritten Stock hinaufzusteigen und zu klingeln, Prötzel hatte geöffnet und mich nach einem kurzen Wortwechsel mit einem kräftigen Leberhaken die Treppe hinuntergeworfen.

      „Du hast hier nischt mehr zu suchen, merk dir det!“

      Ja, Prötzel schied aus, Miezi war ja das einzige Betriebskapital, das er besaß. Und die anderen Stammkunden? Ruhlsdorf hätte nie die Kraft gehabt, die recht robuste Miezi zu erwürgen, und Drognitz war zwar ein infantiler Muskelprotz, konnte aber keiner Fliege was zuleide tun.

      Trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, dass es nur einer gewesen sein konnte, den Miezi von der Heißen Ecke her kannte. Die Leute da mussten auf alle Fälle was wissen! Ohne mich weiter zu besinnen, stürzte ich auf die Straße hinunter und schwang mich in meinen schwarzen Mercedes 190 D. Der war zwar schon fünf Jahre alt, machte aber immer noch was her.

      Irgendwie fühlte ich mich jetzt als Detektiv, fühlte ich mich berufen, Miezis Mörder zur Strecke zu bringen. Damit konnte ich vorübergehend vergessen, dass ich selbst einer der Tatverdächtigen war, und wenn es mir wirklich gelang, der Kripo den Mörder ans Messer zu liefern, dann war ich selber aus dem Schneider. Ich wollte dem Kerl ans Leder, aus ganz egoistischen Gründen; aber dann wollte ich Miezi auch ... ja: Ich wollte sie rächen.

      Mit voller Pulle raste ich die Grunewaldstraße hinunter, erst die auf Rot springende Ampel am Hermann-Ehlers-Platz stoppte mich.

      Allmählich, als es die Schloss-, die Rhein- und die Hauptstraße hinunterging und ich alle naselang anhalten musste, kam ich dann glücklicherweise wieder zur Besinnung. Natürlich war es Wahnsinn, jetzt zur Naunynstraße zu fahren und sich nach Miezi und ihren letzten Bekanntschaften zu erkundigen. Wenn einer von der Kripo in der Heißen Ecke saß und mich erkannte, dann konnte ich mich auf einen längeren Aufenthalt im Untersuchungsgefängnis gefasst machen. Ein Mörder kehrt immer wieder zum Tatort zurück!

      Ich bremste jäh. Meine Ängste, ich könnte selber der Mörder sein, wurden wieder wach. Es war zum Heulen! Ich war so durchgedreht, dass ich am Innsbrucker Platz beim Einbiegen in den Kreisverkehr einem BVG-Bus der Linie 83 ein paar Gramm gelbe Farbe abschrammte. Wir fuhren sofort an den Rinnstein heran, und der Fahrer machte einen Heidenspektakel, unterließ es dann aber zu meiner großen Erleichterung, einen Funkwagen zu rufen.

      Ich ließ meinen Mercedes stehen, wo er gerade stand, und suchte mir ein Restaurant, um erst mal einen Happen zu essen und bei einem Glas Bier mein seelisches Gleichgewicht wiederzufinden.

      Das Steak, das ich mir bestellt hatte, war gut, das Bier dafür weniger. Meine Erregung war langsam abgeklungen, aber dafür kam ich mir jetzt furchtbar hilflos und verlassen vor. Ich hatte keinen Menschen mehr, mit dem ich sprechen konnte, dem ich etwas gestehen konnte, der mich verstand. Miezi war tot, zu meinen früheren Freunden konnte ich nicht mehr zurück. Dadurch, dass ich nun ein Bankkonto besaß und obendrein noch in eine piekfeine Gegend gezogen war, hatte ich mich aus ihrer Clique herauskatapultiert. Ich war regelrecht entwurzelt.

      Ich zahlte, verließ das Restaurant, setzte mich wieder in meinen Wagen, gab Gas und fuhr ziellos durch die Straßen. Ich hatte Zeit, ich hatte Geld, und trotzdem hätte ich vor Verzweiflung gegen den nächsten Baum rasen können. Gegessen hatte ich, und jetzt am frühen Nachmittag hatte ich noch keine Lust, mich zu betrinken. Ob ich mal versuchte, irgendwo LSD oder Hasch aufzutreiben? Nein, das ging nicht; da hätte ich mich bloß bei den Bullen verdächtig gemacht. Vielleicht ein Mädchen? Das half immer ... Nein, jetzt nach Miezis Tod würde ich nichts zustande bringen. Herrgott, was dann?

      Ich rauchte eine Zigarette nach der anderen, meine Finger zitterten, meine Lippen waren zerrissen, in meiner linken Körperhälfte spürte ich einen ziehenden Schmerz.

      Inzwischen war ich kreuz und quer durch Berlin gefahren. Wahrscheinlich wäre das noch stundenlang so weiter gegangen, wenn ich nicht urplötzlich ein Schild mit der Aufschrift Eppinger Straße gesehen hätte. Das war doch Kolczyks Adresse! Ich schreckte hoch.

      Mal sehen, wie der wohnt, mal sehen, was der für ’n Haus hat!

      Eppinger Straße 81, nach wenigen Sekunden hielt ich in der Nähe einer weiß gekalkten, zweistöckigen Villa. Das Schönste an ihr war der steile Giebel. Ein Haus wie aus einem Märchenbuch, fehlte nur der Rauch, der aus dem Schornstein quillt. Dafür war eines der blumengeschmückten Fenster erleuchtet, eine Stehlampe verbreitete ein mattes Licht. Zu sehen war niemand; sicherlich