Die Verzauberten. Roland Betsch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roland Betsch
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027224388
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      Roland Betsch

      Die Verzauberten

      Books

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      2017 OK Publishing

      ISBN 978-80-272-2438-8

      Inhaltsverzeichnis

       Der Kollege Hurrle hat recht

       Als Pennbruder habe ich das erste Erlebnis

       Abgeschminkt, Klinkenputzer

       Die Porzellanbrigitte

       Zerbrechliche Geschichten

       Tränen um ein Matrosenlied

       Brigitte hat ein Geheimnis

       Das Wirtshaus zur Lilie gefällt mir nicht

       Zwei sonderbare Steckenpferde

       Liebe oder Kreidepünktchen?

       Im Vertrauen: ich bin ein Zinkenpflanzer

       Ein Mann namens Fabian Flox

       Glück ist wie im Sturm das Laub

       Schon wieder eine verdächtige Erscheinung

       Klassische Szene

       Der Hexenmeister in Bedrängnis

       Eine nette Überraschung

       Freinsheimer Musikantenbuckel

       Wer wirft denn hier mit Erdschollen?

       Meine Hand mäht – mein Atem sät

       Hoppla, ein Meerschweinchen!

       Das Leichenhuhn

       Stroh und Ebenholz

       Ihr Vater war ein Himmelreichmann

       Zwei in der Hexenküche

       Es stirbt ein Komödiant

       Ernsthaftes Intermezzo

       Die weiße Taube

       Es sitzt ein fremder Mann am Tisch

       Eine ganz unerwartete Wendung

       Das Vorhangauge

      Der Kollege Hurrle hat recht

       Inhaltsverzeichnis

      Es macht den Eindruck, als wollte unser Direktor, der in Leid ergraute Komödiant, die Ritterstiefel anziehen. Aus Spielplanverzweiflung hat er eine alte Posse neu inszeniert und das ist schon fast ein Akt der Notwehr. Sein Theater, bekennen wir es offen, sein alter Musenstall wackelt wie ein fauler Zahn; der Kuckuck geht um, Gott weiß es, daß ich recht habe.

      Der Kollege Hurrle, altes Roß und Charakterkomiker, Kreatur unter diesen Sternen, die schon mit allen widrigen Winden gesegelt ist, Kollege Hurrle und ich, ein junger Kerl mit Baßgeigen am Himmel, wir haben die Hauptrollen: zwei Handwerksburschen; zwei Pennbrüder und Kornhasen. Lustige Rollen und immer noch gut hinzulegen, wenn man auch nur ein Stück Leberkäse im Magen hat.

      Beim Satan, der Stall ist gut besetzt; es wimmelt nur so in Logen und Rängen. Ich glaube, das Völkchen wittert eine neue Hinrichtung. Wissen sie am Ende, daß wir schon seit Wochen keine Gage mehr gerochen haben, daß der Fundus gepfändet ist und die Vollstreckungszündschnüre überall glimmen? »Es gibt Wunder,« meint treuherzig unsere Naive und heult in die frische Schminke hinein, »glaubt mir, es gibt Wunder. Denkt an die Auferweckung des Lazarus. Und Jesus hat aus Wasser Wein gemacht, und mit einem Brot viele Tausende gespeist. Es gibt Wunder.« Man sieht, unsere Naive ist bibelfest.

      Der Direktor ist beachtlich nervös. Er steht in der ersten Gasse und schluckt Aspirin. Er ist sehr nervös, sage ich; seht nur, wie ihm der Schweiß ausbricht. Oh, es ist furchtbar, wenn einem diese Sorte Schweiß ausbricht. Was sind Tod und Untergang, was sind Auflösung und Agonie gegen solche Qualen! Herr Direktor, Kopf hoch, will ich sagen, aber er ist nicht mehr da; er ist hinter einem Prospekt verschwunden.

      Ich selbst bin gar nicht so niedergeschlagen und verzagt. Nun ja, ich bin noch jung und kann Püffe vertragen. Ich bin noch nicht wund gerieben und noch nicht so verkommen vor Elend, wie die andern. Nein, ich habe Mut. Hört nur, wie es braust und summt hinterm Jammerfetzen. Das ist Publikum. Das sind die Theaterbesucher; die Premierentiger; die Sensationshungrigen. Schön ist dieses Sausen und Brausen wie von fernen Wasserfällen. Mir wird ganz wohl dabei und ich bin wahrhaftig aufgeräumt und guter Dinge. Zum Beispiel gehe ich mit festen Schritten zum Vorhangauge und schaue hinaus in den Zuschauerraum. Nein, so viele Menschen; überall Menschen, gut angezogen und fröhlich erwartungsvoll. Und satt sehen alle aus; satt und gewaschen und bürgerlich versorgt. Nur still, ich weiß, daß sie ohne Mitleid sind. Menschen im Theater sind mühsam gebändigte Bestien. Sie brechen gerne aus; sie lauern darauf, zerfleischen zu können; sie sind, ich schwöre es, bis in die letzte Seelenfaser erbarmungslos.

      Ich widerrufe, was ich gesagt habe; zerknirscht schwöre ich es ab; denn seht nur: da steht jemand aufrecht und schlank in der zweiten Parkettreihe. Da steht jemand und leuchtet fast magisch heraus aus dem brodelnden Brei. Es ist eine junge Dame, ein Mädchen, ein göttliches Geschöpf. Sie steht