Geliebt und Glücklich
Barbara Cartland
Barbara Cartland E-Books Ltd.
Vorliegende Ausgabe ©2018
Copyright Cartland Promotions 1985
Gestaltung M-Y Books
1 ~ 1803
»Sind Sie auch ganz sicher, daß es so geht, Miss Gilda?«
»Aber natürlich, Mrs. Hewlett. Machen Sie sich meinetwegen keine Sorgen, und ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Hochzeit!«
»Den hab ich bestimmt, Miss. Ist wirklich ’n Glück für unsere Emily, wenn man bedenkt, wie lang sie jetzt schon Mauerblümchen war. Und dann kommt dieser Farmer und ist obendrein auch noch n’ netter Kerl.«
Gilda lächelte verständnisvoll. Sie wußte, Mrs. Hewlett hatte befürchtet, sie würde für ihre Nichte sorgen müssen. Jetzt war sie dankbar, sowohl um ihrer selbst als auch um Emilys willen, daß der »nette Farmer« bereit war, sie zu heiraten.
Mrs. Hewlett gehörte zu den Leuten, die sich stets um das Wohl ihrer Mitmenschen sorgten, und Gilda dachte oft, daß diese Frau der einzige Mensch war, der sich wirklich dafür interessierte, was aus ihr wurde, nachdem sie seit dem Tod ihres Vaters ganz allein war.
»Lassen Sie den Abwasch steh’n, bis ich Montag wiederkomm’«, erklärte Mrs. Hewlett jetzt. »Ruh’n Sie sich lieber aus.«
Das war etwas, was Gilda schon seit langem tat, und das bißchen Geschirr, das sie für ihre spärlichen Mahlzeiten benötigte, war nicht der Rede wert, selbst wenn sie es für Mrs. Hewlett stehen ließ.
Aber es wäre sinnlos gewesen zu widersprechen. Mrs. Hewlett würde sich nur Sorgen um sie machen, während sie fort war, um im Nachbardorf an Emilys Hochzeit teilzunehmen.
Nachdem sich Mrs. Hewlett trotz des warmen Tages in ihren dicken Mantel gequält hatte, nahm sie den Korb, den sie immer bei sich trug, gleichgültig, ob etwas darin war oder nicht, warf einen letzten Blick in die Küche und schob den Riegel an der Tür zurück.
»Also, passen Sie gut auf sich auf, Miss«, meinte sie, »und ich komm dann Montag nachmittag wieder, wenn die Kutsche pünktlich is’, was aber meistens nicht der Fall is.«
Als endlich die Tür hinter ihr ins Schloß gefallen war, seufzte Gilda leise und verließ ebenfalls die Küche. Sie durchquerte den Korridor und gelangte so zur Vorderseite des Hauses.
Es war nur ein kurzer Weg, denn das kleine Manor, in dem sie seit ihrer Geburt immer gelebt hatte, war früher einmal gerade groß genug für sie, ihren Vater, ihre Mutter und ihre Schwester gewesen.
Jetzt erschien es ihr für eine einzelne Person viel zu groß, und sie überlegte, wie schon so oft seit dem Tod ihres Vaters, ob sie nicht das Haus verkaufen und in ein kleineres ziehen sollte.
Es wäre sicher das Vernünftigste. Aber sie konnte es einfach nicht übers Herz bringen, sich von den Möbeln zu trennen - so schäbig sie auch waren - die sie ihr Leben lang gekannt hatte, die ein Teil ihrer selbst zu sein schienen und das einzige waren, was ihr noch geblieben war.
Der Schreibtisch ihres Vaters, der Arbeitstisch ihrer Mutter mit den Einlegearbeiten, der Bücherschrank im Chippendale-Stil, all diese Dinge waren für Gilda wie gute Freunde, und sie hatte das Gefühl, sich ohne sie noch einsamer zu fühlen, als sie es ohnehin schon war.
Andererseits mußte sie den Tatsachen ins Auge sehen. Sie hatte so wenig Geld, daß es kaum für ihren Lebensunterhalt reichte, es sei denn, sie versuchte, ihr winziges Einkommen auf irgendeine Art aufzubessern.
Die Pension ihres Vaters war mit seinem Tode erloschen.
Er hatte bei den Grenadieren gedient, und zu seinen Lebzeiten hatte seine Pension als ehemaliger Generalmajor ihnen ein verhältnismäßig komfortables Leben ermöglicht, oder hätte es zumindest getan, wenn ihr Vater auf seine alten Tage nicht darauf verfallen wäre, sein Geld in Aktien anzulegen.
Gilda konnte die Erregung verstehen, und die Spannung, die damit verbunden war. Doch der General mochte vielleicht ein sehr erfahrener Soldat gewesen sein, aber über Finanzen wußte er gar nichts.
So kam es, daß die Gesellschaften, denen er sein Geld anvertraute, entweder Bankrott machten oder so winzige Dividenden auszahlten, daß sie kaum das Papier wert waren, auf dem sie ausgestellt wurden.
Alles, was Gilda jetzt noch besaß, war ein kleines Sparguthaben, das ihre Mutter mit in die Ehe gebracht hatte. Die Zinsen daraus waren den Kindern aus dieser Ehe hinterlassen worden. Gilda hatte sich schon oft gefragt, was geschehen wäre, wenn ihre Schwester ihren Anteil für sich beansprucht hätte.
Nachdem Heloise es vorgezogen hatte, in London bei ihrer reichen Patentante zu leben, zeigte sie kaum noch Interesse an ihren armen Verwandten, und Gilda hatte manchmal das Gefühl, sie schämte sich ihrer.
Jetzt setzte sich Gilda an den Schreibtisch ihres Vaters und öffnete ein Notizbuch, in dem sie stets all ihre Ausgaben eintrug.
Obwohl sie versuchte, an Essen, Kleidung und sämtlichen persönlichen Ausgaben zu sparen, war der Betrag bereits zu einer beängstigend hohen Summe angewachsen.
Eine Sparmaßnahme, die sie bereits in Erwägung gezogen hatte, war die Entlassung von Mrs. Hewlett. Aber als sie das der Haushälterin angedeutet hatte, war Mrs. Hewlett entsetzt gewesen, ja, fast schon beleidigt, und hatte sich sogar erboten, umsonst zu arbeiten.
»Ich komm’ jetzt fast zehn Jahre hierher«, hatte sie gesagt, »und wenn Sie glauben, Sie kämen jetzt ohne mich aus, Miss Gilda, dann irren Sie sich gewaltig. Außerdem würde sich Ihre arme Mutter im Grab umdreh’n, jawoll!«
Mrs. Hewlett hatte so empfindlich reagiert, daß Gilda ihren Plan schnell wieder verwarf. Außerdem mußte sie sich eingestehen, daß sie ohne Mrs. Hewlett und ihrer ständig guten Laune wirklich sehr einsam gewesen wäre.
Sie hätte dann tatsächlich niemanden mehr, um sich zu unterhalten, außer den Vikar, der zunehmend schwerhöriger wurde, und den alten Gärtner Gibbs.
Dieser arbeitete zwar schon lange nicht mehr, kam aber immer noch, weil es ihm Spaß machte, an dem Ort herumzupuzzeln, an dem er so viele Jahre tätig gewesen war. Auch konnte er es nicht ertragen, seine Arbeit unter Unkraut und Dornengestrüpp ersticken zu sehen.
Gilda rechnete zum wiederholten Male die Gesamtsumme ihrer Ausgaben nach, doch es gab keinen Zweifel, der Betrag stimmte.
»Was kann ich nur tun?« überlegte sie verzweifelt.
Sie dachte nach, ob sie irgendein Talent vorzuweisen hatte, das ihr vielleicht etwas Geld einbringen könnte.
Gilda war, verglichen mit vielen anderen jungen Frauen ihres Alters, sehr gebildet. Ihre Mutter - sie stammte aus einer Familie, die seit vielen Generationen angesehene Stellungen im Lande innehatten - hatte dafür gesorgt.
Die Tatsache jedoch, daß ihr Großvater und all dessen Vorfahren Polizisten, Richter und sogar Vertreter der Krone gewesen waren, trug nicht dazu bei, ihr eigenes Wissen und Können unter Beweis zu stellen.
Auch ihr Vater war ein intelligenter Mann gewesen.
Seine Zeitgenossen, die ihn oft besuchten, erzählten Gilda, kein General wäre geschickter gewesen, wenn es darum ging, das Beste aus einer Truppe herauszuholen, und niemand erkannte die Taktik in einer Schlacht so schnell wie er.
»Man konnte sich immer auf ihren Vater verlassen, wenn es darum ging, dem Feind größtmögliche Verluste mit einem Minimum an eigenen Verlusten beizubringen«, hatte einer seiner Mitoffiziere einmal zu Gilda gesagt.
Sie hatte begriffen, daß das ein hohes Lob war, aber es löste ihr eigenes Problem jetzt nicht.
»Ich muß irgendetwas tun. . . ich muß!!«
Sie stand auf und trat ans Fenster.
Das Manor stand abseits der kleinen Landstraße,