Gesammelte Gedichte: Elegien, Epigramme, Sonette, Kantaten, Xenien und viel mehr. Иоганн Вольфганг фон Гёте. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Иоганн Вольфганг фон Гёте
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788026827863
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den höheren Stil lehret die Liebe dich nur.«

      Also sprach der Sophist. Wer widerspräch ihm? und leider

      Bin ich zu folgen gewöhnt, wenn der Gebieter befiehlt. –

      Nun, verräterisch hält er sein Wort, gibt Stoff zu Gesängen,

      Ach! und raubt mir die Zeit, Kraft und Besinnung zugleich;

      Blick und Händedruck, und Küsse, gemütliche Worte,

      Silben köstlichen Sinns wechselt ein liebendes Paar.

      Da wird Lispeln Geschwätz, wird Stottern liebliche Rede:

      Solch ein Hymnus verhallt ohne prosodisches Maß.

      Dich, Aurora, wie kannt ich dich sonst als Freundin der Musen!

      Hat, Aurora, dich auch Amor, der lose, verführt?

      Du erscheinest mir nun als seine Freundin, und weckest

      Mich an seinem Altar wieder zum festlichen Tag.

      Find ich die Fülle der Locken an meinem Busen! Das Köpfchen

      Ruhet und drücket den Arm, der sich dem Halse bequemt.

      Welch ein freudig Erwachen, erhieltet ihr, ruhige Stunden,

      Mir das Denkmal der Lust, die in den Schlaf uns gewiegt! –

      Sie bewegt sich im Schlummer und sinkt auf die Breite des Lagers,

      Weggewendet; und doch läßt sie mir Hand noch in Hand.

      Herzliche Liebe verbindet uns stets und treues Verlangen,

      Und den Wechsel behielt nur die Begierde sich vor.

      Einen Druck der Hand, ich sehe die himmlischen Augen

      Wieder offen. – O nein! laßt auf der Bildung mich ruhn!

      Bleibt geschlossen! ihr macht mich verwirrt und trunken, ihr raubet

      Mir den stillen Genuß reiner Betrachtung zu früh.

      Diese Formen, wie groß! wie edel gewendet die Glieder!

      Schlief Ariadne so schön: Theseus, du konntest entfliehn?

      Diesen Lippen ein einziger Kuß! O Theseus, nun scheide!

      Blick ihr ins Auge! Sie wacht! – Ewig nun hält sie dich fest.

XIV

      Zünde mir Licht an, Knabe! – »Noch ist es hell. Ihr verzehret

      Öl und Docht nur umsonst. Schließet die Läden doch nicht!

      Hinter die Häuser entwich, nicht hinter den Berg, uns die Sonne!

      Ein halb Stündchen noch währts bis zum Geläute der Nacht.« –

      Unglückseliger! geh und gehorch! Mein Mädchen erwart ich.

      Tröste mich, Lämpchen, indes, lieblicher Bote der Nacht!

XV

      Cäsarn wär ich wohl nie zu fernen Britannen gefolget,

      Florus hätte mich leicht in die Popine geschleppt!

      Denn mir bleiben weit mehr die Nebel des traurigen Nordens,

      Als ein geschäftiges Volk südlicher Flöhe verhaßt.

      Und noch schöner von heut an seid mir gegrüßet, ihr Schenken,

      Osterien, wie euch schicklich der Römer benennt;

      Denn ihr zeigtet mir heute die Liebste, begleitet vom Oheim,

      Den die Gute so oft, mich zu besitzen, betriegt.

      Hier stand unser Tisch, den Deutsche vertraulich umgaben;

      Drüben suchte das Kind neben der Mutter den Platz,

      Rückte vielmals die Bank und wußt es artig zu machen,

      Daß ich halb ihr Gesicht, völlig den Nacken gewann.

      Lauter sprach sie, als hier die Römerin pfleget, kredenzte,

      Blickte gewendet nach mir, goß und verfehlte das Glas.

      Wein floß über den Tisch, und sie, mit zierlichem Finger,

      Zog auf dem hölzernen Blatt Kreise der Feuchtigkeit hin.

      Meinen Namen verschlang sie dem ihrigen; immer begierig

      Schaut ich dem Fingerchen nach, und sie bemerkte mich wohl.

      Endlich zog sie behende das Zeichen der römischen Fünfe

      Und ein Strichlein davor. Schnell, und sobald ichs gesehn,

      Schlang sie Kreise durch Kreise, die Lettern und Ziffern zu löschen;

      Aber die köstliche Vier blieb mir ins Auge geprägt.

      Stumm war ich sitzen geblieben, und biß die glühende Lippe,

      Halb aus Schalkheit und Lust, halb aus Begierde, mir wund.

      Erst noch so lange bis Nacht! dann noch vier Stunden zu warten!

      Hohe Sonne, du weilst, und du beschauest dein Rom!

      Größeres sahest du nichts und wirst nichts Größeres sehen,

      Wie es dein Priester Horaz in der Entzückung versprach.

      Aber heute verweile mir nicht, und wende die Blicke

      Von dem Siebengebirg früher und williger ab!

      Einem Dichter zuliebe verkürze die herrlichen Stunden,

      Die mit begierigem Blick selig der Maler genießt;

      Glühend blicke noch schnell zu diesen hohen Fassaden,

      Kuppeln und Säulen zuletzt und Obelisken herauf;

      Stürze dich eilig ins Meer, um morgen früher zu sehen,

      Was Jahrhunderte schon göttliche Lust dir gewährt:

      Diese feuchten, mit Rohr so lange bewachsnen Gestade,

      Diese mit Bäumen und Busch düster beschatteten Höhn.

      Wenig Hütten zeigten sie erst; dann sahst du auf einmal

      Sie vom wimmelnden Volk glücklicher Räuber belebt.

      Alles schleppten sie drauf an diese Stätte zusammen;

      Kaum war das übrige Rund deiner Betrachtung noch wert.

      Sahst eine Welt hier entstehn, sahst dann eine Welt hier in Trümmern,

      Aus den Trümmern aufs neu fast eine größere Welt!

      Daß ich diese noch lange von dir beleuchtet erblicke,

      Spinne die Parze mir klug langsam den Faden herab.

      Aber sie eile herbei, die schön bezeichnete Stunde! –

      Glücklich! hör ich sie schon? Nein; doch ich höre schon Drei.

      So, ihr lieben Musen, betrogt ihr wieder die Länge

      Dieser Weile, die mich von der Geliebten getrennt.

      Lebet wohl! Nun eil ich, und fürcht euch nicht zu beleidgen;

      Denn ihr Stolzen, ihr gebt Amorn doch immer den Rang.

XVI

      »Warum bist du, Geliebter, nicht heute zur Vigne gekommen?

      Einsam, wie ich versprach, wartet ich oben auf dich.» –

      Beste, schon war ich hinein; da sah ich zum Glücke den Oheim

      Neben den Stöcken, bemüht,