Die Heirath im Omnibus. Уилки Коллинз. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Уилки Коллинз
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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von uns auf vertrautem Fuße mit ihm stand.

      Ich will damit sagen, daß er unser Vater war, aber nicht unser Kamerad oder Genosse. In seinem unveränderlichen, ruhigen Wesen lag Etwas, was uns gebieterisch in der Entfernung hielt.

      Niemals fühlte ich mich verlegener – und diese Verlegenheit empfand ich damals, ohne mir Rechenschaft davon zu geben – als wenn es sich zufällig traf, daß ich mit ihm allein speisen mußte. Niemals theilte ich ihm jene kleinen Pläne zu Vergnügungen mit, mit denen alle kleinen Knaben sich beschäftigten, und als Jüngling sprach ich mit ihm nie anders als ganz oberflächlich von meinen Zukunftsträumen.

      Der Grund hiervon lag nicht etwa darin, daß ich erwartet hätte, jenes Vertrauen sich entwickeln zu sehen, welches von ihm streng niedergehalten ward, denn er war dessen vollkommen unfähig. Er schien mir bloß von zu hohem Wesen zu sein als daß er sich bis zu uns hätte erniedrigen können, und es war mir, als ob seine Gedanken und die unseren gar nichts Gemeinsames haben könnten.

      deshalb besprach ich alle meine Entwürfe für Schulferien oder andere Feiertage mit alten Dienern. Meine ersten stylistischen Versuche las ich meiner Schwester vor, aber niemals drangen sie in das Cabinet meines Vaters.

      Bei der Art und Weise, aus welche er meinem Bruder und mir kundgab, daß wir uns sein Mißfallen zugezogen, erschreckte er uns eben durch seine Ruhe. Er machte einen seltsamen, unaussprechlichen Eindruck aus uns, und uns diesem ruhigen Zorne auszusetzen, war das größte Unglück, welches wir fürchteten.

      Als wir noch klein waren, gab sich, wenn wir irgend einen kleinen Fehltritt begangen hatten, seine Gereiztheit durch kein anderes äußeres Zeichen kund, als durch den kleinen rothen Flecken, den wir in gewissen Augenblicken sicher waren, auf seiner Wange erscheinen zu sehen. Dabei aber ward sein Benehmen gegen uns ein ganz anderes.

      Er hielt uns keine Strafpredigten; er drohte uns nicht; er belegte uns nicht mit irgend einer körperlichen Züchtigung aber wenn wir vor ihm erschienen, begegnete er uns – besonders wenn unser Fehler den Charakter der Niedrigkeit oder Gemeinheit gehabt hatte – mit einer kalten, verächtlichen Höflichkeit, die uns das Herz zuschnürte.

      In solchen Fällen nannte er uns, wenn er das Wort an uns richtete, nicht bei unseren Vornamen. Wenn wir ihm zufällig außerhalb der Zimmer begegneten, verfehlte er nicht umzukehren und unsere Annäherung zu meiden. Wenn wir eine Frage an ihn richteten, antwortete er uns so lakonisch als möglich, gerade als ob er es mit völlig fremden Personen zu thun hätte.

      Er benahm sich mit Einem Worte so, daß er uns deutlich zu sagen schien: »Ihr habt Euch der Freundschaft Eures Vaters unwürdig gemacht. Er läßt Euch diese Unwürdigkeit auf die nieder drückendste Weise fühlen.«

      Dieses häusliche Fegefeuer mußten wir oft Tage, zuweilen sogar ganze Wochen lang aushalten.

      Für unsere kindische Empfindlichkeit – ganz besonders für die meine – gab es keine Schmach, die mit dieser – so lange sie dauerte – zu vergleichen gewesen wäre.

      Auf welchem Fuße mein Vater mit meiner Mutter lebte, weiß ich nicht. Hinsichtlich meiner Schwester war sein Verfahren stets das alte und er bewies ihr jene liebreiche Galanterie, die sonst nur der Jugend eigen zu sein pflegt. Er war gegen sie stets aufmerksam und begegnete ihr wie einer vornehmen Dame, deren Wirth er gewesen wäre. Selbst wenn wir allein waren, führte er sie stets bei der Hand in das Speisezimmer gerade als ob er eine Herzogin zu einem Banket führte, bei welchem die strengste Etikette herrschte.

      Uns kleinen Knaben erlaubte er, den Frühstückstisch zu verlassen, ehe er selbst davon aufstand, aber nie eher als meine Schwester sich erhob.

      Wenn ein Diener seiner Pflicht gegen ihn untreu ward, so hatte er Aussicht, Verzeihung zu erlangen; hatte er dagegen ein Versehen gegen meine Schwester begangen, so konnte er sicher darauf rechnen, auf der Stelle fortgeschickt zu werden.

      In seinen Augen vertrat seine Tochter die Stelle ihrer Mutter und repräsentirte dieselbe. Er betrachtete sie nicht bloß als sein Kind, sondern auch als die Herrin des Hauses, und es war ein gewissermaßen wohlthuender Anblick, das Gemisch von aristokratischer Courtoisie und väterlicher Anhänglichkeit zu sehen, welches sich in seinen Manieren malte, wenn er sie jeden Morgen, als er sie zum ersten Male sah, auf die Stirn küßte.

      Was körperliche Erscheinung betraf, so war mein Vater von Mittelstatur. Sein Körperbau war zart und schwächlich, der Kopf klein, aber anmuthig und gerade aus den Schultern ruhend, die Stirn mehr keck als majestätisch, die Gesichtsfarbe eigenthümlich bleich, ausgenommen in Augenblicken der Aufregung, denn dann war er, wie ich schon bernerkt habe, zu lebhaftem Erröthen geneigt.

      Seine großen grauen Augen hatten in ihrem Blicke etwas Gebieterisches und verliehen seiner Physiognomie einen Ausdruck von gemessener Festigkeit und Würde, wie man ihn selten antrifft. Das Spiel dieses Auges verrieth augenscheinlich seine Abstammung von reinem Geschlechte, seine alten genealogischen Vorurtheile und den ritterlichen Biedersinn und das Ehrgefühl welches ihn beherrschte.

      Diese männliche Energie, welche sich in dem obern Theile seines Gesichts kundgab, war indessen nicht stark genug, um den reinen normännischen Typus übersehen zu lassen, der sich in den weibischen und zarten Umrissen des untern Theils aussprach.

      Sein Lächeln zeichnete sich durch seine Sanftheit aus und war beinahe das eines Weibes. Wenn er sprach, so zitterten seine Lippen auch wie die der Frauen. Wenn er einmal, als er noch jung war, laut lachte, so mußte sein Gelächter ein helles und harmonisches gewesen sein; aber so weit ich zurückdenken kann, entsinne ich mich nicht, es jemals gehört zu haben. In seinen glücklichsten Augenblicken und unter der heitersten Gesellschaft habe ich ihn bloß lächeln sehen.

      Ich könnte hier noch viele andere charakteristische Züge von der Gemüthsart und den Geschmacksrichtungen meines Vaters anführen, vielleicht aber treten dieselben besser in der Folge hervor, wenn ich die Umstände erzähle, in welchen sie sich offenbarten.

      Viertes Kapitel

      In den Familien, deren Grundbesitz ein bedeutender genannt werden kann, ist die Person, welche sich am wenigsten mit dem Gedeihen der Angelegenheiten zu beschäftigen pflegt, die ihre Häuslichkeit am wenigsten liebt, die den alten Freunden des Hauses die wenigste Sympathie bezeigt, die sich am geneigtesten zeigt, ihre Pflichten zu vernachlässigen oder sich ihrer eignen Verantwortlichkeit zu entledigen, oft dieselbe, welcher später Alles erblich zufallen soll – nämlich der älteste Sohn.

      Mein Bruder Ralph rechtfertigte diese Bemerkung. Wir wurden mit einander erzogen. Nachdem unsere Studien beendet waren, sah ich ihn nur noch in seltenen Zwischenzeiten. Einige Jahre, nachdem er die Universität verlassen, bewohnte er fast fortwährend den Continent, und als er endlich auf die Dauer nach England zurückkam, geschah es nicht, um unter unserem Dache zu wohnen. In der Stadt wie auf dem Lande, machte er uns Besuche, ohne sich in unser Leben zu mischen.

      Ich entsinne mich seiner, so wie er auf der Universität war. Stärker, größer und schöner als ich, und sich in dem kleinen Kreise unserer näheren Bekannten einer Popularität erfreuend, welche die meinige bedeutend überstieg, immer der Erste, wenn es galt, ein keckes Unternehmen zu beginnen, und der Letzte, der es wieder aufgab, bald der Erste, bald der Letzte in der Klasse, war er ganz jener lebenslustige, leichtsinnige, flatterhafte Jüngling, dem alte Leute auf ihrer Morgenpromenade nicht begegnen können, ohne zu lachen und ohne mechanisch den Kopf herumzudrehen.

      Zu jener Zeit hatte er sich auf der Universität unter den Gondelruderern und Cricketspielern eine große Berühmtheit erworben. Man pries seine Gewandtheit im Pistolenschießen und fürchtete ihn als Fechter.

      Was seine Studentengesellschaften betraf, so kamen keine der seinen gleich. Die jungen Damen der Stadt verliebten sich dutzendweise in ihn. Die jüngeren Studenten, welche Anspruch auf Eleganz machten, ahmten den Schnitt seines Rockes und den Knoten seiner Cravatte nach. Selbst die strengen Familienhäupter besprachen seine tollen Streiche mit nachsichtigem Lächeln.

      Schön, heiter und offen, verbreitete dieser Erbe von guter Familie einen besiegenden Zauber überall um sich her.

      Obschon ich auf der Universität wie auf der Schule das beliebte Stichblatt seiner Scherze und Witze war, so zankte ich mich doch niemals mit ihm. Ich gestattete ihm fortwährend,