Detektiv-Geschichten. Уилки Коллинз. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Уилки Коллинз
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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das arme Geschöpf fiel bei der bloßen Erinnerung daran in Ohnmacht.

      Das Gerichtsverfahren wurde wieder vertagt. Sie erhielt alle mögliche Pflege und Aufmerksamkeit, der Geistliche und der Gerichtsarzt waren um ihren Zustand besorgt.

      Ich habe noch nichts von dem Zeugnis der Hauswirtin und ihrer Dienstboten gesagt. Es wurde für eine bloße Förmlichkeit gehalten. Das Wenige, was sie wussten, bewies nichts gegen Frau Zebedäus. Die Polizei machte keine Entdeckungen, die ihre erste wahnsinnige Selbstanklage unterstützen konnten. Ihr letzter Dienstherr und seine Frau sprachen von ihr in den schmeichelhaftesten Ausdrücken. Wir befanden uns in einem vollständigen Stillstand.

      Man hatte bis jetzt für das Beste gehalten, Herrn Deluc nicht dadurch in Unruhe zu versetzen, dass man ihn als Zeugen vorlud. Die Tätigkeit des Gesetzes war indessen in diesem Falle durch eine vertrauliche, gelegentliche Mitteilung beschleunigt worden, die wir von dem Geistlichen erhalten hatten. Nachdem er Frau Zebedäus zweimal gesehen und mit ihr gesprochen hatte, war der ehrwürdige Herr überzeugt, dass sie nicht mehr als er selbst mit der Ermordung ihres Gatten zu tun hatte; er hielt es indessen nicht für gerechtfertigt, eine ihm gemachte vertrauliche Mitteilung weiter zu sagen – er wollte nur empfehlen, dass Herr Deluc aufgefordert werden möchte, bei der nächsten gerichtlichen Verhandlung zu erscheinen. Dieser Rat wurde befolgt.

      Die Polizei hatte noch kein Beweismaterial gegen Frau Zebedäus, als die Untersuchung wieder aufgenommen wurde. Damit sie der Schlussverhandlung beiwohne, wurde sie auf die Zeugenbank verwiesen. An dem Umstande, dass sie zuerst die Wahrnehmung von der Ermordung ihres Gatten machte, als sie in früher Morgenstunde erwachte, wurde so schnell wie möglich vorübergegangen. Nur drei Fragen von Wichtigkeit wurden an sie gestellt.

      1. (nachdem ihr das erhobene Messer vorgelegt worden war) »Haben Sie jemals dieses Messer in dem Besitze Ihres Gatten gesehen?« »Niemals!« »Wussten Sie etwas von demselben?« »Durchaus nichts!«

      2. »Verschlossen Sie oder Ihr Gatte die Tür des Schlafzimmers, als Sie aus dem Theater heimkehrten?« »Nein!« »Verschlossen Sie selbst etwa später die Tür?« »Nein!«

      3. »Haben Sie irgendwelchen Grund anzugeben, der vermuten ließe, dass Sie Ihren Gatten in einem Zustande des Nachtwandelns ermordet haben?« »Keinen Grund, wenn nicht denjenigen, dass ich damals nicht bei Sinnen war, und dass das erwähnte Buch mir den Gedanken dazu eingegeben haben könnte.«

      Darauf wurden die anderen Zeugen veranlasst, aus dem Gerichtssaal abzutreten. Nunmehr wurde über den Inhalt der Mitteilung des Geistlichen verhandelt. Frau Zebedäus wurde gefragt, ob irgendetwas Unangenehmes zwischen ihr und Herrn Deluc vorgekommen sei. »Ja.« Sie sagte, er habe sie allein auf der Treppe des Gasthauses erfasst und die Kühnheit gehabt, ihr seine Liebe zu erklären; ja er habe die Beleidigung so weit getrieben, dass er versucht habe, sie zu küssen. Sie habe ihm darauf das Gesicht zerschlagen und ihm erklärt, dass ihr Gatte davon erfahren würde, falls seine üble Ausführung sich wiederholen sollte. Deluc war wütend, dass er das Gesicht zerschlagen hatte, und drohte: »Sie werden dies noch zu bedauern haben!«

      Nach stattgefundener Beratung und auf das Ansuchen unseres Inspektors wurde beschlossen, Herrn Deluc für jetzt über die Aussage der Frau Zebedäus noch im Ungewissen zu lassen. Als die Zeugen zurückgerufen wurden, machte er dieselbe Aussage, die er schon vor dem Inspektor gemacht hatte. Dann wurde er befragt, ob er etwas von dem Messer wisse. Er betrachtete dasselbe, ohne dass irgendein Anzeichen der Schuld auf seinem Gesichte erschien, und schwur, dass er dasselbe bis zu diesem Augenblicke nicht gesehen habe. Die wieder aufgenommene Untersuchung nahm ihr Ende, und noch war nichts entdeckt worden.

      Aber wir hielten ein wachsames Auge auf Herrn Deluc. Unsere nächste Aufgabe bestand darin, zu versuchen, ob wir ihn nicht mit dem Ankaufe des Messers in Verbindung bringen könnten. Aber es schien in dieser Sache wirklich eine Art Verhängnis zu sein, denn auch hier wieder kamen wir zu keinem verwendbaren Resultat. Es war ja leicht, die Großfabrikanten herauszufinden, die das Messer in Sheffield angefertigt hatten, an dem Fabrikzeichen, das sich auf der Klinge befand.

      Aber dieselben verfertigten zehntausende solcher Messer und gaben dieselben an Einzelverkäufer über ganz Großbritannien hin weiter – vom Auslande zu geschweigen. Um aber die Person ausfindig zu machen, welche die unvollständige Inschrift angefertigt hatte, so konnten wir, da wir nicht wussten, wo und von wem das Messer gekauft wurde, ebenso gut nach der sprichwörtlichen Nabel im Heubündel suchen. Unser letztes Hilfsmittel war, das Messer, die mit der Widmung versehene Seite oben, photographieren zu lassen und Abdrücke davon an jede Polizeistation des Königreichs zu senden.

      Zu gleicher Zeit rechneten wir noch mit Herrn Deluc, indem wir Nachforschungen über sein vergangenes Leben anstellten, mit der Möglichkeit zu erfahren, ob er und der Ermordete sich gekannt und ob sie vielleicht früher einen Streit oder eine Nebenbuhlerschaft wegen einer Frau miteinander gehabt hatten. Keine Entdeckung der Art belohnte unsere Anstrengungen. Wir vermuteten zwar, dass Deluc ein liederliches Leben geführt hat und in schlechter Gesellschaft verkehrt hatte, doch hatte er sich so verhalten, dass ihn das Strafgesetz nicht erreichen konnte.

      Es kann ein Mann ein verdorbener Landstreicher sein, er kann eine Frau beschimpfen und ihr in dem ersten empfindlichen Schmerz, den ihm ein zerschlagenes Gesicht verursacht, Drohworte entgegengeschleudert haben, aber aus diesen Charakterblößen folgt noch nicht, dass er den Gatten der Frau in der Stille der Nacht ermordet hat.

      Als wir nochmals aufgefordert wurden, Bericht zu erstatten, konnten wir noch keine Beweismittel beibringen. Die Verschickung der Photographie führte nicht dazu, den Eigentümer des Messers zu ermitteln und dessen unfertige Inschrift zu erklären.

      Der armen Frau Zebedäus wurde gestattet, sich zu ihren Freunden zu begeben, unter der ausdrücklichen Zusage von ihrer Seite, wieder zu erscheinen, wenn sie dazu aufgefordert werde. Zeitungsartikel fingen an zu untersuchen, wie viele Mörder wohl zu entkommen pflegen, indem sie die Polizei irreführen.

      Die Staatsbehörde setzte eine Belohnung von hundert Pfund für die zur Ermittelung des Täters führende Auskunft fest. Aber Wochen gingen vorüber, und niemand machte auf diese Belohnung Anspruch. Unser Inspektor war nicht der Mann, der leicht zu schlagen war. Weitere Nachforschungen und Untersuchungen folgten. Aber es ist unnötig, etwas über sie zu sagen. Wir unterlagen in allen unseren Anstrengungen, und so hatte die Sache ihr Ende, soweit sie die Polizei und das Publikum betraf.

      Die Ermordung des armen jungen Mannes entschwand bald wie so mancher andere unentdeckte Mord der allgemeinen Aufmerksamkeit.

      Nur eine unbedeutende Person war töricht genug, in ihren Mußestunden beharrlich die Lösung der Frage zu versuchen: Wer hat den Zebedäus ermordet? Er hatte das Gefühl, dass er zu der höchsten Stellung im Polizeidienste sich emporschwingen könne, wenn er da einen Erfolg erringe, wo ältere und bessere Leute nichts ausgerichtet hatten, und er hielt an seinem eigenen kleinen Ehrgeiz fest, obgleich ihn jedermann verlachte. In deutlichem Englisch gesprochen: Ich war dieser Mann.

      V

      Ohne es zu wollen, bin ich bei meiner Erzählung undankbar gewesen. Denn es gab zwei Personen, welche in meinem Entschlusse, die Nachforschungen auf eigene Hand fortzusetzen, nichts Lächerliches fanden. Die eine war Fräulein Mybus, die andere die Köchin Priscilla Thurlby.

      Was zunächst Fräulein Mybus betraf, so war sie über die geduldige Ergebung, mit welcher die Polizei ihre Niederlage aufnahm, sehr ungehalten. Sie war ein kleines, helläugiges, lebhaftes Frauenzimmer, das seine Meinung immer freimütig aussprach. »Das geht auch mich an,« sagte sie, »denn wenn ich ein oder zwei Jahre zurückblicke, kommen mir zwei Fälle ins Gedächtnis, wo zu London Personen ermordet aufgefunden wurden und von den Mördern nie eine Spur aufgefunden worden ist. Ich bin auch eine Person und ich frage mich, ob nicht demnächst die Reihe an mich kommt. Sie sind ein netter Bursche, und Ihr Blut und Ihre Ausdauer gefällt mir. Kommen Sie hierher, so oft Sie es für gut finden, und sagen Sie, Sie wollten mich besuchen, wenn man Schwierigkeiten macht, Sie einzulassen.« »Noch etwas! Ich habe nichts Besonderes zu tun, und ich bin nicht auf den Kopf gefallen; hier in meinen Zimmern sehe ich jeden, der in das Haus kommt, und jeden, der es verlässt. Lassen Sie mir Ihre Adresse hier; ich kann vielleicht noch irgendeine Aufklärung für Sie erlangen.«

      Mit dem besten Willen fand jedoch