– Und es giebt da Etwas – stolz zu thun – »avec sa mine de grisette!«
– Du hast vermuthlich keine Grisetten gesehen, bemerkte mein Vater.
– Und dafür sei Gott gedankt!
– Ganz recht, . . . aber wie kannst Du dann so urtheilen? Auf mich gab Sinaïde nicht im Geringsten Acht. Bald nach dem Essen empfahl sich die Fürstin.
– Ich werde auf Ihre Protection bauen, Marja Nikolajewna, Peter Wassiljitsch, sagte sie mit flehendlichem Tone zu meinen Eltern. – Was soll ich machen! Es gab auch für mich Zeiten, ach! – die sind vorbei! Da sitze ich – man nennt mich Durchlaucht – setzte sie mit widerlichem Lachen hinzu, – eine schöne Ehre! – goldene Tressen und Nichts zu essen. – Mein Vater verbeugte sich ehrerbietig und begleitete sie bis zur Thüre des Vorzimmers. Ich stand dabei, in meinem kurzen Jäckchen, und stierte, gleich einem zum Tode Verurtheilten, den Fußboden an. Sinaïdes Benehmen gegen mich hatte mir den Gnadenstoß gegeben. Wer beschreibt aber mein Erstaunen, als sie mir, an mir vorübergehend, hastig und mit dem früheren freundlichen Ausdrücke im Gesichte, zuflüsterte: kommen Sie zu uns heute Abend um acht Uhr, hören Sie, aber bestimmt . . . Ich erhob die Hände – sie war aber schon fort, nachdem sie eine weiße Schärpe über den Kopf geworfen hatte.
VII
Punkt acht Uhr betrat ich, im Rock und die Haare in die Höhe gestrichen, das Vorzimmer des Nebengebäudes, welches die Fürstin bewohnte. Der alte Diener blickte mich finster an und erhob sich ungern von seiner Bank. Aus dem Gastzimmer erschallten heitere Stimmen. Ich öffnete die Thüre und trat befremdet zurück. Mitten im Zimmer, auf einem Stuhle, stand die junge Fürstin und hielt einen Männerhut vor sich; um den Stuhl drängten sich fünf Herren. Sie waren bemüht in den Hut zu greifen, während die junge Fürstin denselben emporhob und heftig schüttelte. Als sie mich gewahr wurde, rief sie: »wartet, wartet! ein neuer Gast, man muß auch ihm einen Zettel geben,« – sprang behend vom Stuhl und faßte mich beim Rockaufschlage.
– So kommen Sie doch, sagte sie, was stehen Sie da? Messieurs, erlauben Sie, daß ich Sie vorstelle: dieß hier ist Monsieur Woldemar, der Sohn unseres Nachbarn, Hier, – fuhr sie zu mir gewendet und der Reihe nach auf die Gäste weisend, fort – Graf Malewsky, Doctor Luschin, Poet Maidanow, Kapitän außer Diensten Nirmatzky und Belowsorow, Husar, den Sie bereits gesehen haben.
Ich war dermaßen verwirrt, daß ich Niemandem meinen Gruß entbot; im Doctor Luschin erkannte ich jenen schwarzhaarigen Herrn wieder, der mich im Garten so unbarmherzig angefahren hatte, die Uebrigen waren mir unbekannt.
– Graf! fuhr Sinaïde fort – schreiben Sie für Monsieur Woldemar einen Zettel.
– Das ist gegen alles Recht, entgegnete mit leichtem polnischen Accente der Graf, ein sehr hübscher und elegant gekleideter junger Mann mit braunen Haaren, ausdrucksvollen schwarzen Augen. einem feinen, weißen Näschen, und einem dünnen Schnurbärtchen über dem kleinen Munde. – Der Herr hat an unserem Pfänderspiele nicht theilgenommen.
– Das ist ungerecht, wiederholten Belowsorow und der Kapitän außer Diensten, ein Mann von etwa vierzig Jahren, ganz von Pockennarben entstellt, kraushaarig wie ein Neger, mit gekrümmtem Rücken, krummen Beinen und in aufgeknöpftem Uniformrock ohne Epauletten.
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