Die Briefe des Zuruckgekehrten. Hugo von Hofmannsthal. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hugo von Hofmannsthal
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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Dir von mir reden. Vielmehr, wenn ein solches mich traf, so war ich in Deutschland. Das alles ist, wie es ist, und es ist nichts von Träumerei dabei. Jedennoch – in zwei Wochen fahre ich nach Gebhartsstetten und kann so ziemlich sicher sein, den Laufbrunnen wiederzufinden mit der friedlichen Jahreszahl 1776 in verschnörkelten theresianischen Chiffern – da wird er stehen und mich anrauschen, und der alte, schiefe, vom Blitz gespaltene Nußbaum, der immer am spätesten von allen Bäumen seine Blätter bekam und am unwilligsten von allen sie dem Winter preisgab, der wird in all seiner Schiefheit und seinem Alter irgendwie ein Zeichen geben, daß er mich erkennt und daß ich nun wieder da bin und er da ist, wie immer –, aber da bin ich nun vier Monate in Deutschland, und kein Haus, kein Fleck Erde, kein geredetes Wort, kein menschliches Gesicht, wenn ich ehrlich sein soll, keines, hat mir dies kleine Zeichen gegeben. Dies Deutschland, in dem ich herumfahre, handle, abwickle, mit Leuten esse, den kosmopolitischen Geschäftsmann, den fremden, welterfahrenen Herrn agiere – wo war ich jedesmal, wenn ich in dem Land zu sein meinte, das man durch den Spiegel der Erinnerung betritt, wo war ich in den Augenblicken, wo nur mein Leib unter den Gauchos oder unter den Maoris herumwandelte? Wo war ich? Nun da dies Deutschland ist, so war ich nicht in Deutschland. Und dennoch, ich nannte es in mir Deutschland. Es war geradewegs der Spiegel der wehmütigen Erinnerung, durch den ich es betrat – wenn ich es betreten durfte. Es war – es waren Männer und Frauen, Mädchen, Greise und Jünglinge. Es war mehr eine Ahnung als eine Gegenwart, wie das Herüberwehen des Seelenhaftesten, des Wesenhaftesten und des Ungreifbarsten. Es war der geistigste Reflex – wie nichtssagend ist das Wort für ein Erlebnis, eine innere Krise, die jedesmal stärker war als Wollust und reiner, zarter, begrenzt und bestimmt als ein einfaches, der Erhörung sicheres kindliches Gebet –, der Reflex zahlloser ineinander verflochtener Lebensmöglichkeiten. Es war der zarteste Duft eines ganzen Daseins, des deutschen Daseins. Besser kann ich es Dir nicht sagen, so gerne ich möchte. Das einzelne, der Anstoß kam von außen. Ich war nur wie die Klaviatur, auf der eine fremde Hand spielt. Aber in mir lag etwas, ein Gewoge, ein Chaos, ein Ungeborenes, und daraus konnten Figuren aufsteigen, und das waren deutsche Figuren. Es war Mädchenhaftigkeit und alten Mannes Wesen, es war Behagen und Seßhaftigkeit und wiederum gräßliche Armut ohne ein Strohdach über ihrem Kopf; es war Jünglingsdasein und grenzenlose Freundschaft, grenzenlose Hoffnung; starrende Einsamkeit, bleiches Gesicht, aufgedreht zu den schweigenden Sternen; es war Liebesleben, Bangen, Warten, Wartenlassen, Einanderquälen, Einanderumschlingen, Jungfräulichkeit und hingegebene Jungfräulichkeit; es war einen Acker haben, ein Haus haben, Kinder haben, Kinder badend im Bach, badend unter Pappeln, unter Weiden; es war Geselligkeit und Einsamkeit, Freundschaft, Zärtlichkeit, Haß, Leid, Glück, letztes Bette, letztes Daliegen und Sterben. Deutsche Figuren waren es, die sich zu diesen Zauberbildern zusammenballten – nein, es war mehr ein Hauch, als daß es Bilder gewesen wären – und gleich wieder auseinanderflossen, deutsche sparsame Gebärden, ich weiß nicht was vom innersten Wesen der Heimat. Ihr Starkes und ihr Schwaches, ihr Rauhes und ihr Sanftes kam gleichzeitig zu mir, und ich konnte es genießen, träumend vom Verlorenen oder vorahnend, vorwegnehmend Freuden der Wirklichkeit, vorbehalten, wie ich mir schmeichelte. Und jedes ihrer Geschöpfe, das mir erschien – nein, denn ich bin kein Visionär und meine Geschäfte gestatteten mir keine Halluzinationen –, dessen Seelenhauch als eine flüchtigste Möglichkeit köstlicher zukünftiger Begegnung mich anwehte, jedes Frauenbild und Bild von Greis und Mann und Jüngling, reichem Mann und armem Lazarus, jedes war aus einem Guß und vertrug die innere Wahrheit, daran ich es maß. The whole man must move at once – und so waren sie, ob es Mädchen waren mit Taubenblick oder unstete Männer, die Augen trunken von grenzenlosen Gedanken, oder verzeihende Greise und zürnende Richter mit Brauen des Löwen. Sie waren aus einem Guß. In einer Gebärde erschienen sie mir, und keiner blieb länger bei mir als die Dauer eines aufzuckenden und erlöschenden Blitzes, denn ich bin kein Tagträumer und führe keinen Dialog mit den Ausgeburten meiner Einbildungskraft. Aber in ihrereinen

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