Olympia von Clèves. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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worden zu sein schien, so wenig Vorsprung boten die gleichsam an einander geklebten Lippen, dies war der Pater Mordon.

      Immeosus fronte, atque oculis bipatentibus.

      Nie hatte Banniére die Gegenwart seines Provisors geliebt, doch an diesem Tage, sagen wir es, ohne ihm Unrecht zu tun, war sie ihm verhasst.

      Die Stirne des Jesuiten schien ihm einen doppelten Umfang bekommen zu haben, seine Augen hatten den tödtlichen Glanz der Augen des Basilisks, bleicher als gewöhnlich, wurde seine Nase gegen ihre Spitze immer bleicher, und seine krampfhaft zusammengepressten Lippen waren einwärts gezogen, statt einen Vorsprung zu bilden.

      Der Jesuit bemerkte die Wirkung, die er hervorbrachte, und suchte den Glanz seines Blickes auszulöschen, indem er ihn halb unter den Brauen verschleierte.

      Er hieß Banniére durch einen Wink mit dem Finger näher kommen: Banniére gehorchte und blieb erst stehen, als er den Tisch vor sich fand, der ihn vom Superior trennte.

      Der junge Noviz war blass und zitterte, doch an der doppelten Falte seiner Stirne, am nahen Beisamenstehen seiner Augenbrauen ließ sich leicht erkennen, daß er auch Besitzer eines Willens war, der nicht leicht brechen würde.

      »Banniére,« sagte der Jesuit, der in seinem Lehnstuhl saß wie ein Richter aus seinem Tribunal oder wie ein Kaiser auf seinem Throne, »was haben Sie heute gethan?«

      Banniére begriff, daß diese Frageform, welche den ganzen Tag würde die Revue passieren lassen, nur zum Zwecke hatte, zu seinem Aufenthalt in die Kirche zu kommen.

      »Mein Vater,« fragte Banniére, »wo soll ich anfangen?«

      »Fangen Sie beim Morgen an, secundum ordinem.

      »Ist das notwendig?«

      »Ich verstehe Sie nicht.«

      »Sie wollen mich nur über einen einzigen Punkt fragen, mein Vater?«

      »Und über welchen Punkt glauben Sie, daß ich Sie befragen will?« .

      »Über den, zum Beispiel, was ich von Mittag bis zwei Uhr gethan habe.«

      »Gut!« sagte der Priester. »Sie sind scharfsinnig, gut. Ich werde Sie also nicht befragen, ich werde Sie anklagen.«

      »Ich warte, mein Vater.«

      »Schon zweimal findet man bei Ihnen, das erste Mal zwischen Ihren Matratzen, das zweite Mal unter einer Platte ihrer Zelle, ein Trauerspiel von dem Schändlichen, der Arouet heißt und sich Herr von Voltaire nennen lässt.«

      »Ja, mein Vater, und jedes Mal hat man es mir konfisziert und mich bestraft.«

      »Und jedes Mal haben Sie ein anderes gekauft?«

      »Das ist wahr, mein Vater.«

      »So daß Sie diesen Morgen, während Sie sich den Anschein gaben, als läsen Sie Ihr Brevier, abermals dieses Werk des Teufels in der Kirche lasen?«

      »Ich leugne es nicht.«

      »Wo haben Sie diese dritte Broschüre verborgen?«

      »Ich habe sie nicht verborgen: sie steckt in meiner Tasche, und hier ist sie.«

      »Sie übergeben sie mir also freiwillig, mit Reue und mit dem Versprechen, daß Sie sich keine andere zu verschaffen suchen werden?«

      »Ich übergebe sie Ihnen freiwillig, mein Vater, doch ohne Reue. Was den Punkt betrifft, daß ich mir eine andere zu verschaffen suchen sollte, so wäre dies unnötig. Ich kann diese auswendig.«

      Der Superior zerknitterte die Broschüre in seinen knochigen Händen; doch immer ruhig sagte er:

      »Sie sind beharrlich, Banniére, pervicax

      »Ja, mein Vater,« erwiderte Banniére, sich verbeugend, »und das ist ein Fehler, dessen ich mich bezichtige.«

      »Es ist aber auch eine lobenswerte Eigenschaft, wenn man die Beharrlichkeit zum Guten lenkt. Die Geduld, welche ihr die beschränkten Geister vorziehen können»ist nur eine negative Tugend; die Beharrlichkeit ist eine glückliche Tätigkeit: die zwei Zustände bei einem einzigen Individuum vereinigt nennt man Beruf; es scheint, daß Sie den Beruf haben.»

      Banniére errötete; jedes Wort des Pater Mordon hatte einen Schweißtropfen aus seiner Stirne perlen gemacht.

      »Nun! antworten Sie,« sagte der Superior, der aus dem Gesicht von Banniére vom Fortschritte seiner Gemütsbewegung folgte: »ist Ihr Geschmack für das Theater entschieden ein Beruf oder nur eine einfache Phantasie?«

      »Mein Vater!«

      «Ist es nur eine einfache Phantasie, wie ich sagte, »eine Laune, eine Velleität? Ist es nur die vorgebliche Fähigkeit der Faulenzer zu Allem dem, was nicht die vorgeschriebene Ausgabe ist? Nehmen Sie sich in Acht, mein Sohn, wäre es so, so wären Sie nur ein Träger daraus bedacht, die Arbeit zu fliehen, und die Trägheit ist strafbar nach dem Gebote Gottes.«

      »Ich bin kein Träger, mein Vater, aber . . .«

      »Aber was?« fragte der Jesuit, ohne daß sich eine einzige Muskel seines Gesichts rührte, ohne daß eine einzige Falte aus seiner breiten Stirne hervortrat.

      »Aber,« fuhr Banniére fort, »das Noviciat flößt mir Besorgnisse ein.«

      »Sie wollen sagen Widerwillen, mein Sohn.«

      »Verzeihen Sie, mein Vater; ich sage das nicht.«

      »Desto schlimmer, wenn Sie es nicht sagen,« erwiderte Mordon unbeugsam: »denn wenn Sie es nicht sagen, so werde ich mich überzeugen, daß Sie vorhin, die Beaufsichtigung Ihrer Vorgesetzten und die Majestät Gottes in unserer Kirche durch die unzeitgemäße, unerlaubte betrügliche Lesung eines profanen Buches täuschend, nur einer schlimmen Versuchung des bösen Geistes nachgegeben haben, der in der Finsternis, der undurchsichtigen Charaktere, der trägen Seelen lauert, und sich damit zu füttern sucht, quaréns quem devoret, und in diesem Falle, da Sie einer groben, leicht zu überwindenden Versuchung unterlegen wären, da Sie ohne Dringlichkeit nachgegeben hätten, da Sie ohne Kampf besiegt worden wären, würde ich mich zu meinem großen Bedauern genötigt sehen, mein lieber Sohn, eine der härtesten Strafen an Ihnen vollziehen zu lassen, welche zu verhängen in unserer Macht liegt, und die um so härter würde, als bei Ihnen ein Rückfall stattfindet.«

      Banniére wich erschrocken zurück; doch beinahe in demselben Augenblick belebte sich wieder der Mut in ihm. Er hatte Begriffen, daß er sich in eine Polemik eingelassen, wobei seine ganze Zukunft aus dem Spiele war, und daß er aus die Gefahr, zu unterliegen, den Streit bis zum Ende führen musste.

      »Nun denn, mein Vater,« sagte er, »ich will lieber dreimal, sechsmal, zehnmal bestraft werden, indem ich gestehe, daß ich mit Willen oder, besser gesagt, aus Instinkt gesündigt habe, als argwöhnen lassen, ehe ich dahin gekommen, wo Ich bin, habe ich nicht alle meine Kräfte im Kampfe erschöpft. Ja, mein Vater, ich habe gekämpft, ja, mein Vater, ich habe gerungen, doch wie Jacob bin ich immer vom Engel zu Boden geworfen worden. In diesem Lesen der Tragödien liegen für mich ein Reiz, eine Wollust, eine Glut der Begierde, die mich verzehren. Verzeihen Sie mir, wenn Sie meine Offenherzigkeit verletzt, aber Sie sehen, ich bin nicht mehr Herr über mich sobald dieses Kapitel auf die Bahn gebracht wird, und den Beweis hiervon gebe ich Ihnen dadurch, daß ich Ihnen sage, was ich sage.«

      »Vocatio vocatur, « sprach der Jesuit mit seiner unstörbaren Kaltblütigkeit; »ich lasse diesen Text zu. Nun, da dieser Text einmal zugelassen Ist, wollen wir die Sache erörtern. Wir sagen also, mein Sohn, Sie haben einen Beruf für die Darstellungskunst, welche man das Theater nennt?«

      »Ja, mein Vater, und ich glaube an diesen Beruf.«

      »Zugegeben. Doch zu gleicher Zeit, daß dieses ist und Ihre Fähigkeit sich offenbart, studieren Sie im Noviciat Jesu?«

      »Mein Vater . . .«'

      »Oh! das ist auch zulässig. wie mir scheint!«

      Banniére bebte, als er den ehrwürdigen Pater kalt diese erschrecklichen Prämissen stellen sah; er erriet, mit Hilfe einer unbekannten Beweisführung, deren Stärke er aber zum Voraus zu schätzen