»Es wunderte mich, daß Ihr mich noch nicht verlassen hattet, Maria; Ihr habt allerdings den Augenblick gut gewählt, den, wo mein Bruder Enrique sich empört, den, wo mein Bruder Federigo mich verräth, den, wo der König von Frankreich ohne Zweifel Krieg mit mir anfangen wird. Es ist wahr, die Frauen lieben das Unglück, nicht.«
»Seid Ihr unglücklich!« rief Dona Padilla, indem sie drei Schritte machte und ihre beiden Hände gegen Don Pedro ausstreckte, »dann bleibe ich, das genügt mir; einst hätte ich gefragt: »»Pedro, wirst Du glücklich sein, wenn ich bleibe?««
Der König hatte seinerseits den Leib vorwärts geneigt, so daß eine von den schönen Händen von Maria auf die seinige fiel. Er befand sich in einem der Augenblicke, wo das tief verwundete Herz das Bedürfniß fühlt, sich durch ein wenig Liebe zu vernarben. Er drückte diese Hand an seine Lippen.
»Ihr habt Unrecht, Maria,« sagte er, »ich liebe Euch, nur hättet Ihr, um eine Liebe zu finden, die der Eurigen entspräche, einen andern Mann als einen König lieben müssen.«
»Ihr wollt also nicht, daß ich abreise?« fragte Maria Padilla mit dem anbetungswürdigen Lächeln, das Don Pedro die übrige Welt vergessen ließ.
»Nein,« sprach der König, »wenn Ihr einwilligt, mein zukünftiges Glück zu theilen, wie Ihr mein vergangenes getheilt habt.«
Von dem Platze, wo sie war, und durch das offene Fenster befahl nun die schöne Statue mit einer jener Geberden einer Königin, durch die man hätte glauben sollen, Maria wäre am Fuße eines Thrones geboren, der Schaar von Dienern, welche zum Aufbruch bereit waren, in die Gemächer zurückzukehren.
In diesem Augenblick trat Mothril ein. Die zu sehr ausgedehnte Unterredung von Don Pedro mit seiner Geliebten beunruhigte ihn.
»Was gibt es?« fragte Don Pedro ungeduldig.
»Sire,« erwiderte der Maure, »Euer Bruder Don Federigo kommt an, und man erblickt schon sein Gefolge auf der Straße nach Portugal.«
Bei dieser Nachricht zuckte ein solcher Ausdruck von Haß in Blitzen aus den Augen des Königs hervor, daß Maria Padilla wohl sah, sie habe von dieser Seite nichts zu befürchten, und daß sie, nachdem sie ihre Stirne Don Pedro geboten, der seine bleichen Lippen darauf drückte, lächelnd in ihr Gemach zurückkehrte.
Achtes Kapitel.
Wie der Großmeister in den Alcazar von Sevilla einzog, wo ihn der König Don Pedro erwartete
Der Großmeister rückte in der That, wie Mothril gesagt hatte, gegen Sevilla heran; er erreichte die Thore gegen Mittag, nämlich mitten in der stärksten Hitze des Tages.
Die Reiter, welche sein Gefolge bildeten, Mauren und Christen, waren mit Staub überzogen, und der Schweiß badete die Flanken der Maulthiere und Pferde. Der Großmeister warf einen Blick aus die Mauern der Stadt, die er mit Soldaten und Volk bedeckt zu sehen glaubte, wie dies an festlichen Tagen Gewohnheit ist; doch er sah nichts als Schildwachen, die man auch an anderen Tagen hier zu sehen pflegte.
»Soll ich den König benachrichtigen?« fragte einer der Officiere von Don Federigo, der, wenn es der Prinz befehlen würde, voran zu reiten sich anschickte.
»Beunruhigt Euch nicht,« erwiderte Don Federigo mit einem traurigen Lächeln, »der Maure ist voraus gereist und mein Bruder ist benachrichtigt. Wißt Ihr übrigens nicht,« fügte er mit einem bitteren Tone bei, »wißt Ihr nicht, daß Turniere und Feste bei Gelegenheit meiner Ankunft in Sevilla stattfinden?«
Die Spanier schauten erstaunt umher, denn nichts deutete die versprochenen Turniere und die befohlenen Feste an. Es war im Gegentheil Alles düster und traurig; sie befragten die Mauren, doch die Mauren antworteten nicht.
Sie zogen in die Stadt ein; Thüren und Fenster waren geschlossen, wie es in Spanien zur Zelt der großen Hitze Gewohnheit ist: man sah in den Straßen weder Volk, noch Vorbereitungen, und man hörte kein anderes Geräusch, als das der Thüren, welche sich öffneten, um irgend, einen säumigen Schläfer durchzulassen, der, ehe er seine Siesta machte, gern wissen wollte, wer diese Truppe von Reitern wäre, welche in die Stadt zu einer Stunde einzogen, wo in Spanien selbst die Mauren, die Kinder der Sonne, den Schatten der Wilder oder die Frische des Flusses suchen.
Die christlichen Reiter marschirten voran; um das Doppelte zahlreicher, denn mehrere Truppen hatten sich nach und nach der ersten angeschlossen, bildeten die Mauren die Nachhut. Don Federigo betrachtete mit forschendem Blick alle diese Manoeuvres; die Stadt, die er lebendig und freudig zu sehen erwartete und im Gegentheil düster und schweigsam wie ein Grab fand, hatte schon in seinem Herzen furchtbaren Argwohn erregt.
Ein Officier ritt nahe zu ihm heran, neigte sich an sein Ohr und sprach:
»Hoher Herr, habt Ihr bemerkt, daß man hinter uns das Thor geschlossen, durch welches wir eingeritten sind?«
Der Großmeister antwortete nicht, man ritt weiter und erblickte bald den Alcazar. Mothril wartete vor der Thüre mit einigen Officieren von Don Pedro. Sie hatten wohlwollende Gesichter.
Die so ungeduldig erwartete Truppe zog alsbald in die Höfe des Alcazar ein, dessen Thore sich, wie die der Stadt, sogleich hinter ihr schloßen.
Mothril folgte dem Prinzen mit allen Zeichen der tiefsten Ehrfurcht. In dem Augenblick, wo er abstieg, näherte er sich ihm und sagte: »Ihr wißt, Hoheit, daß es nicht gebräuchlich ist, mit Waffen in den Palast einzutreten. Soll ich Euer Schwert in Eure Wohnung tragen lassen?«
Der so lange zurückgehaltene Zorn von Don Federigo schien nur diese Gelegenheit abzuwarten, um loszubrechen,
»Sklave!« sprach er, »hat Dich die Knechtschaft so verdumpft, daß Du Deine Fürsten nicht mehr zu erkennen und Deine Herren nicht mehr zu achten weißt? Seit wann hat der Großmeister von San Jago von Calatrava, der das Recht hat, behelmt und bespornt in die Kirchen einzutreten und ganz bewaffnet mit Gott zu sprechen, nicht mehr das Recht, bewaffnet in den Palast einzutreten und den Degen in der Scheide mit seinem Bruder zu reden?«
Mothril hörte mit Ehrfurcht, beugte das Haupt in Demuth und erwiderte:
»Eure Hoheit hat die Wahrheit gesprochen, und Euer untertäniger Diener vergaß, nicht daß Ihr Prinz, sondern daß Ihr Großmeister des Ordens von Calatrava seid. Alle diese Vorrechte sind christliche Gewohnheiten und man darf sich nicht wundern, wenn ein armer Ungläubiger, wie ich, sie nicht kennt oder vergißt.«
In diesem Augenblick näherte sich ein anderer Officier Don Federigo.
»Ist es wahr, Hoheit,« fragte er, »habt Ihr befohlen, daß wir Euch verlassen sollen?«
»Wer hat das gesagt?« entgegnete der Großmeister.
»Eine von den Wachen am Thore.«
»Und was habt Ihr darauf geantwortet?«
»Wir hätten nur Befehle von unserem Herrn Don Federigo zu empfangen.«
Der Prinz zögerte einen Augenblick; er sah sich jung, er fühlte sich kräftig, er wußte sich muthig: er war endlich hinreichend umgeben, um eine lange Vertheidigung zu unternehmen.
»Hoheit,« fuhr der Officier fort, als er sah, daß sein Herr mit sich zu Rathe ging, »sprecht ein Wort, macht eine Geberde, und wir ziehen Euch aus dem Hinterhalt, in den Ihr gerathen seid; wir sind hier zu Dreißig, die die Lanze, den Dolch und das Schwert führen.«
Don Federigo schaute Mothril an; er gewahrte ein Lächeln aus seinen Lippen und folgte der Richtung seines Blickes. Auf den Terrassen, die den Hof um gaben, sah man Bogenschützen und Armbrustschützen, den Bogen oder die Armbrust in der Hand.
»Ich würde diese braven Leute erwürgen lassen,« sagte Don Federigo zu sich selbst; »nein, da es aus mich allein abgesehen ist, will ich auch allein eintreten.«
Der Großmeister wandte sich ruhig und fest gegen seine Gefährten um und sprach:
»Zieht Euch zurück, meine Freunde; ich bin in dem Palaste meines Bruders und meines Königs;