Unter allen Ländern an der Küste des mittelländischen Meeres scheint Ägypten das erste gewesen zu sein, in welchem sowohl der Ackerbau wie die Gewerbe gepflegt und zu einer hohen Stufe entwickelt wurden. Oberägypten erstreckt sich nirgends über einige Meilen vom Nil, und in Unterägypten teilt sich dieser große Strom in viele Kanäle, welche durch einige künstliche Nachhilfe eine Wasserverbindung nicht nur zwischen allen großen Städten, sondern auch zwischen allen ansehnlichen Dörfern und sogar bis zu vielen Landgütern geführt zu haben scheinen, etwa in derselben Art, wie heute der Rhein und die Maas in Holland. Der Umfang und die Leichtigkeit dieser Binnenschifffahrt war wahrscheinlich eine der Hauptursachen der frühen Kultur Ägyptens.
Ebenso scheinen in den Provinzen Bengalens in Ostindien und in einigen östlichen Provinzen Chinas die Fortschritte des Ackerbaus und der Gewerbe von sehr hohem Alter zu sein, obwohl dies Alter durch keine verlässlichen Geschichtsnachrichten, die es für diesen Teil der Welt nicht gibt, verbürgt ist. In Bengalen bilden der Ganges und einige andere große Ströme eine bedeutende Menge schiffbarer Kanäle, ganz so wie der Nil in Ägypten. In den östlichen Provinzen Chinas bilden gleichfalls einige große Flüsse durch ihre verschiedenen Arme eine Menge von Kanälen und gestatten durch Verbindung untereinander eine noch viel ausgedehntere Binnenschifffahrt als der Nil oder Ganges oder vielleicht beide zusammen. Es ist merkwürdig, dass weder die alten Ägypter, noch die Inder, noch die Chinesen den auswärtigen Handel ermunterten, sondern sämtlich ihren großen Reichtum aus dieser Binnenschifffahrt gezogen zu haben scheinen.
Alle inneren Teile Afrikas und jener ganze Teil Asiens, der weit nördlich vom schwarzen und kaspischen Meere liegt, das alte Skythien, die moderne Tartarei, und Sibirien scheinen, so lange die Welt steht, in demselben barbarischen und unzivilisierten Zustande gewesen zu sein, in welchem wir sie noch heute finden. Das Meer der Tartarei ist das Eismeer, das keine Schifffahrt zulässt, und obgleich einige der größten Ströme der Welt durch dies Land fließen, so sind sie doch zu weit voneinander entfernt, um Handel und Verkehr durch den größeren Teil von ihm herbeizuführen. In Afrika gibt es keine so großen Buchten, wie das baltische und adriatische Meer in Europa, das mittelländische und Schwarze Meer in Europa und Asien, und den arabischen und persischen, indischen, bengalischen und siamesischen Meerbusen in Asien, um den Seehandel nach den inneren Teilen jenes großen Kontinents zu führen und die großen Flüsse Afrikas sind zu weit voneinander entfernt, um zu einer bedeutenderen Binnenschifffahrt Gelegenheit zu bieten. Überdies kann der Verkehr eines Volks auf einem Flusse, der sich nicht in eine große Menge von Armen oder Kanälen teilt, und der, ehe er das Meer erreicht, in ein anderes Gebiet fließt, niemals sehr bedeutend sein, weil die Völker, die jenes andere Gebiet besitzen, es stets in ihrer Macht haben, den Verkehr zwischen dem Oberlande und dem Meere zu hemmen. Die Donauschifffahrt ist für Bayern, Österreich und Ungarn von sehr geringem Nutzen, im Vergleich zu demjenigen, den sie haben könnte, wenn einer dieser Staaten den ganzen Lauf des Flusses bis zu seiner Mündung in das Schwarze Meer beherrschte.
Viertes Kapitel
Vom Ursprung und Gebrauch des Geldes
Wenn die Teilung der Arbeit einmal durchweg eingeführt ist, so ist es nur ein sehr kleiner Teil der Bedürfnisse eines Menschen, der durch das Erzeugnis seiner eigenen Arbeit beschafft werden kann. Ihren bei weitem größten Teil verschafft er sich durch Austausch jenes Überschusses seines eignen Arbeitsertrags, der über seinen Verbrauch hinausgeht, gegen solche Erzeugnisse von anderer Leute Arbeit, die er gerade braucht. Jedermann lebt so durch Tausch, oder wird gewissermaßen ein Kaufmann, und die Gesellschaft selbst wächst zu einer eigentlichen Handelsgesellschaft heran.
Als jedoch die Teilung der Arbeit zuerst Platz griff, muss die Möglichkeit zu tauschen häufig sehr ins Stocken geraten und gehemmt worden sein. Nehmen wir an, der eine habe mehr von einer Ware, als er selbst braucht, während ein anderer weniger hat. Der Erstere würde mithin froh sein, wenn er einen Teil dieses Überflusses loswerden, der Letztere, wenn er ihn kaufen könnte. Wenn aber dieser Letztere nichts hat, was der Erstere bedarf, so kann zwischen ihnen kein Tausch Zustandekommen. Der Fleischer hat mehr Fleisch in seinem Laden, als er selbst verzehren kann, und der Brauer und Bäcker würden jeder gern einen Teil davon kaufen. Allein sie haben nichts zum Tausch zu bieten als die verschiedenen Erzeugnisse ihrer bezüglichen Gewerbe, und der Fleischer ist schon mit allem Brot und Bier, das er augenblicklich braucht, versehen. In diesem Falle lässt sich kein Tausch zwischen ihnen machen. Er kann nicht ihr Kaufmann, noch sie seine Kunden sein, und alle drei leisten so einander weniger Dienste. Um den Übelstand einer solchen Lage zu vermeiden, muss jeder vorsichtige Mann zu allen Zeiten der Gesellschaft nach der ersten Einführung der Arbeitsteilung natürlich bemüht gewesen sein, seine Einrichtungen so zu treffen, dass er außer den besonderen Erzeugnissen seines eigenen Fleißes jederzeit noch eine gewisse Menge von einer oder der anderen Ware in Bereitschaft hatte, von der er voraussetzen konnte, dass wahrscheinlich wenige Leute sie in Tausch gegen das Erzeugnis ihres Fleißes zurückweisen würden.
Zu diesem Zwecke sind im Laufe der Zeit wahrscheinlich viele Waren ausgedacht und verwendet worden. In den rohen Zeitaltern der Gesellschaft soll Vieh das gewöhnliche Werkzeug des Handels gewesen sein, und obwohl es ein sehr unbequemes sein musste, so finden wir doch in alten Zeiten häufig Dinge nach der Zahl des Viehs geschätzt, welches dagegen in Tausch gegeben wurde. Die Rüstung des Diomedes, sagt Homer, kostet nur neun Ochsen, die des Glaukus aber hundert. Salz soll das gewöhnliche Handels- und Tauschmittel in Abyssinien sein; eine Art Muscheln in einigen Küstenstrichen Indiens; Stockfisch in Neufundland; Tabak in Virginien; Zucker in einigen unserer westindischen Kolonien; Häute oder zugerichtetes Leder in anderen Ländern; und noch heutigen Tages gibt es ein Dorf in Schottland, wo es, wie man sagt, nichts Ungewöhnliches ist, dass ein Arbeiter statt des Geldes Nägel in den Bäckerladen oder ins Bierhaus bringt.
In allen Ländern jedoch scheinen die Menschen zuletzt durch unwiderstehliche Gründe bestimmt worden zu sein, den Metallen zu diesem Zwecke vor allen anderen Waren den Vorzug zu geben. Metalle lassen sich nicht allein mit so wenig Verlust, wie nur irgendeine andere Ware, aufbewahren, da kaum irgendetwas anderes weniger als sie dem Verderben ausgesetzt ist, sondern sie können auch ohne Verlust in irgendeine Anzahl Teile zerlegt werden, da diese Teile durch Schmelzung sich leicht wieder vereinigen lassen: eine Eigenschaft, welche keine andere gleich dauerhafte Ware besitzt, und die mehr als irgendetwas anderes sie zum Verkehrs- und Umlaufsmittel geeignet macht. Wer z. B. Salz kaufen wollte und nur Vieh dagegen zu geben hatte, war gezwungen, Salz zum Werte eines ganzen Ochsen oder eines ganzen Schafes auf einmal zu kaufen. Selten konnte er weniger kaufen, weil dasjenige, was er dafür zu geben hatte, kaum je ohne Verlust geteilt werden konnte; und wenn er Lust hatte, mehr zu kaufen, so musste er aus denselben Gründen das Doppelte oder Dreifache kaufen, d. h. für den Wert von zwei oder drei Ochsen, von zwei oder drei Schafen. Hatte er hingegen statt der Schafe oder Ochsen Metalle in Tausch zu geben, so konnte er leicht die Menge des Metalls nach der genauen Menge der Ware, die er augenblicklich brauchte, abmessen.
Verschiedene Metalle sind von den einzelnen Nationen zu diesem Zwecke angewandt worden. Eisen war das gewöhnliche Verkehrsmittel unter den alten Spartanern; Kupfer unter den alten Römern; und Gold und Silber unter allen reichen und handeltreibenden Nationen.
Diese Metalle scheinen ursprünglich in rohen Barren ohne Gepräge oder Ausmünzung zu jenen Zwecken benutzt worden zu sein. So berichtet Plinius1 auf das Zeugnis des Timäus, eines alten Geschichtsschreibers, dass die Römer bis auf die Zeit des Servius Tullius kein gemünztes Geld hatten, und ungestempelte Kupferbarren beim Einkauf ihrer Bedürfnisse gebrauchten. Diese rohen Barren versahen also damals den Dienst des Geldes.
Der Gebrauch der Metalle in diesem rohen Zustande war mit zwei sehr großen Übelständen verbunden: erstens mit der Umständlichkeit des Wägens und zweitens mit der des Probierens. Bei den edlen Metallen, wo ein geringer Unterschied in der Menge einen großen Unterschied im Werte ausmacht, erfordert schon das Geschäft des Wägens, wenn es mit der gehörigen Genauigkeit ausgeführt werden soll, wenigstens sehr genaue Gewichte und Waagen. Namentlich das Wägen des Goldes ist eine Handhabung von einiger Feinheit. Bei den gröberen Metallen, wo ein kleiner Irrtum von wenig Belang ist, wäre allerdings weniger Genauigkeit erforderlich.