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breiten Saal vor. Der Fußboden besteht aus den schönsten Mustern von Mosaikarbeit. Die Wände sind mit ungeheuern Säulen von buntem Marmor geziert und die durch dieselben gebildeten Nischen mit Statuen in der ausgesuchtesten Verschiedenartigkeit der Haltung besetzt, welche dem sich ihnen Nähernden die köstlichen Blumen anzubieten scheinen, welche in ihre Hände zu legen die Pflicht der Dienerschaft war. Die Decke ist in Mustern und Farben, die mit denen des Mosaikfußbodens im Einklange stehen al fresco gemalt. Die Karnise bestehen aus Silber und sind mit Citaten aus den Liebesdichtern der Zeit geziert, deren Buchstaben durch kostbare Steine gebildet werden.

      In der Mitte des Zimmers wirft ein Springbrunnen Ströme wohlriechenden Wassers empor und ist mit goldenen Käfigen, die Vögel jeder Größe und jedes Landes enthalten, umgeben. Drei große am östlichen Ende des Zimmers angebrachte Fenster gewähren die Aussicht auf das adriatische Meer, sind aber zu dieser Stunde mit seidenen Vorhängen von zartgrüner Farbe überdeckt, die auf Alles ein weiches üppiges Licht werfen; aber so dünn gewebt und so geschickt geordnet sind, daß der leiseste Lufthauch von Außen augenblicklich zu den matten Höflingen im Wartezimmer hereindringt. Die Zahl dieser Individuen beläuft sich auf etwa fünfzig bis sechzig. Bei weitem der größte Theil der hier Versammelten sind Frauen. Ihr geschmackvoll in verschiedenen Formen geflochtenes und mit Blumen oder Edelsteinen geschmücktes schwarzes Haar bildet einen eleganten Kontrast mit den glänzend weißen Gewändern, in welche sie zum größten Theile gekleidet sind. Einige von ihnen betrachten gleichgültig die Bewegungen der Vögel in den Käfigen, Andere unterhalten sich nachlässig und flüsternd mit den sich in ihrer Nähe befindenden Höflingen. Die Männer zeigen in ihren Kleidern eine größere Farbenabwechslung und in ihren Beschäftigungen eine größere Fruchtbarkeit an Auskunftsmitteln als die Frauen. Ihre Gewänder vom hellsten Rosa, Violet oder Gelb bilden einen phantastischen Abstich gegen die eintönig weißen Kleider ihrer Gefährtinnen. Die auffallendsten Beschäftigungen, welchen sie sich hingeben, bestehen im Lautenspiele, im Würfeln, im Necken ihrer Schoßhunde und im Aufstören ihrer Schmarozer. Was sie aber auch thun mögen, so geschieht doch Alles mit geringer Aufmerksamkeit und noch geringerem Eifer. Die Einen lehnen mit geschlossenen Augen auf ihren Ruhebettem als ob die Hitze ihnen die Arbeit, sich ihrer Sehorgane zu bedienen, zu schwer mache, Andere lassen mitten in einem Gespräche plötzlich einen Satz unbeedigt, da sie dem Anscheine nach von der Mattigkeit unfähig gemacht werden, selbst die einfachsten Ideen auszudrücken. Jeder, das Auge berührende Anblick, jeder in das Ohr dringende Ton im Gemache drückte eine üppige Ruhe aus. Kein glänzendes Licht vermindert die allgemeine Weichheit der Atmosphäre, keine grelle Farbe macht die leichten, ätherischen Tinten der Gewänder materiell, kein lautes Geräusch unterbricht die abwechslungsvollen klagenden Töne der Laute, und unterdrückt das leise Zwitschern der Vögel in den Käfigen oder den ruhigen, geregelten Wohlklang der Damenstimmen. Alle belebten, wie leblosen Gegenstände stehen mit einander im Einklange. Es ist ein Schauspiel vergeistigter Trägheit – ein Bild träumerischer Seligkeit im innersten Heiligthume ungestörter Ruhe.

      Unter dieser Versammlung der Schönheit und des Adels, deren Mitglieder mehr allgemein bemerkt als besonders beobachtet werden mußten, befand sich jedoch ein Individuum, welches sowohl durch die von ihm gewählte einsame Beschäftigung, wie durch den Ort, welchen es zufällig im Zimmer eingenommen, sich unter den es umgebenden gleichgültigen Patriziern persönlich auszeichnet.

      Sein Ruhebett stand näher am Fenster als das irgend eines Andern im Saale befindlichen. Einige von seinen indolenten Nachbarn, besonders die des sanftern Geschlechtes, betrachteten ihn zuweilen mit bewundernden und neugierigen Blicken, aber Niemand näherte sich ihm oder versuchte ihn in ein Gespräch zu ziehen. Neben ihm lag ein Stück Pergament, auf welches er von Zeit zu Zeit einige Worte schrieb und dann, wie es schien, gänzlich von seinen Gedanken in Anspruch genommen, und ohne auf irgend Einen von allen den männlichen und weiblichen Besuchern des kaiserlichen Gemaches zu achten, wieder in seine zurückgelehnte Stellung versank.

      Seinem Aeußern nach zu schließen konnte er kaum 25 Jahre alt sein. Die Bildung des obern Theiles seines Gesichts war vollkommen intellectuel – die Stirn hoch, breit und gerade, die Augen hell, durchdringend und gedankenvoll – der untere Theil dagegen aber unleugbar sinnlich. Die vollen dicken Lippen bildeten einen unangenehmen Kontrast mit der zartgeformten geraden griechischen Nase, während das fleischige Kinn und die vollen genußsüchtigen Wangen gänzlich mit dem Charakter der bleichen edeln Stirn und dem Ausdrucke der scharfen, verständigen Augen im Widerspruch standen. Seine Statur war kaum von Mittelgröße, aber jeder Theil seines Körpers war so vollkommen verhältnißmäßig, daß er in jeder Stellung größer zu sein schien, als er wirklich war. Der wegen der Hitze geöffnete obere Theil seiner Kleidung ließ zum Theil die schöne, statuenartige Form des Halses und der Brust erkennen. Seine Ohren, Hände rund Füße waren von der Kleinheit und Zartheit, die, wie man annimmt, eine aristokratische Geburt verkündet, und in seinem Wesen die unbeschreibliche Verbindung von einfacher Würde und unaffektirter Eleganz, die in allen Zeiten und Ländern und bei allen Veränderungen, der Sitten und Gebrauche das Benehmen der wenigen begünstigten Besitzer derselben zum augenblicklichen Dolmetscher ihres socialen Ranges gemacht hat.

      Während der Patrizier noch mit seinem Pergarmente beschäftigt war, fand zwischen zwei in seiner Nähe befindlichen Damen folgendes flüsternde Gespräch statt.

      »Sage mir, Camilla,« sprach die Aelteste und Stattlichste von den Beiden, »wer ist der so mit dem Dichten beschäftigte Höfling? Ich habe, wer weiß, wie viele Male versucht, seinen Blicken zu begegnen, aber der Mann sieht auf nichts als seine Pergamentrolle oder die Ecken des Zimmers.«

      »Wie, bist Du in Italien so fremd, daß Du ihn nicht kennst?« antwortete Jene, ein munteres Mädchen von kleiner, zarter Gestalt, welches sich mit der ausdauerndsten Unruhe auf seinem Lager umher bewegte und außer Stande zu sein schien, irgend einem von den Gegenständen um sie hier auch nur einen Augenblick unverwandter Aufmerksamkeit zu schenken. Bei allen heiligen Märtyrern und Reliquien meines Onkels, des Bischofs!

      »Pst! Du darfst nicht schwören.«

      »Nicht schwören? – ei, ich bin mit einer neuen Sammlung von Schwüren, ausschließlich zum Gebrauch für Damen beschäftigt. Ich gedenke, sie dadurch in die Mode zu bringen, daß ich sie selbst schwöre.«

      »Aber beantworte doch meine Frage, ich bitte Dich darum! Kannst Du denn nie lernen, auf einmal nur von einem Gegenstande zu sprechen?«

      »Deine Frage – ach Deine Frage! – war es nicht etwas über die Todten?«

      »Nein nein; sie betraf den Mann, der dort so unablässig schreibt und keinen Menschen ansieht. Er macht mich fast eben so böse, wie Camilla selbst.«

      »Runzle nicht so die Stirn! Der Mann, wie Du ihn nennst, ist der Senator Vetranio.«

      Die Dame schrak zusammen; augenscheinlich hatte Vetranio einen weit verbreiteten Ruf.

      »Ja,« fuhr die muntere Camilla fort, »das ist der talentvolle Vetranio, aber er wird bei Dir nicht in Gunst kommen, denn er schwört zuweilen – und da zu noch bei den alten Göttern, trotzdem daß es verboten ist.«

      »Er ist hübsch.«

      »-Hübsch! – er ist schön! Es giebt in Italien kein Frauenzimmer, das nicht nach ihm schmachten! Ich habe gehört, daß er klug sei.«

      »Wer hätte das nicht? Er ist der Erfinder einiger von den berühmtesten Saucen unserer Zeit. Die Köche aller Nationen verehren ihn wie ein Orakel. Und dann schreibt er Gedichte und componirt Musikstücke und malt Bilder. Und was die Philosophie anlangt, so spricht er darüber besser als mein Oheim, der Bischof.«

      »Ist er reich?«

      »O, mein Onkel der Bischof! – ich muß Dir doch erzählen, wie ich Vetranio beigestanden habe, eine Satyre auf ihn zu machen. Als ich bei ihm in Rom war, pflegte ich häufig ein verschleiertes Frauenzimmer durch den Garten nach seinem Studierzimmer führen zu sehen. Um ihn also in Verlegenheit zu sehen, fragte ich ihn, wer es sei, und er runzelte die Stirn und stotterte und sagte Anfangs, ich sei unehrerbietig, aber nachher erzählte er mir, daß sie eine Arianerin wäre, an deren Bekehrung er arbeite. Ich dachte daher, daß es hübsch sein müsse, zu sehen, wie diese Bekehrung vor sich ging, und versteckte mich hinter einen Bücherschrank, aber es ist ein tiefes Geheimniß und ich theile Dir es nur im Vertrauen