Paramonow hatte im Gespräch mit den Freien eine ständige scherzhafte Redensart: »Ihr fahrt im Zylinder nach Hause …«
Paramonow war kein schlechter Chef, wenn er unterwegs war, steuerten das Leben des Schwarzsee-Staates gemeinsam der freie Einsatzleiter Kassajew und der Bauvorarbeiter Bystrow. Bystrow war ehemaliger Häftling und Kassajew Ingenieur und Geologe, oder Geologietechniker, ein Vertragsarbeiter, ein Freier.
Als in Paramonows Abwesenheit Kassajew und Bystrow die Ausgabe von Wodka an uns Häftlinge nicht erlaubten – an allen möglichen Kognaks und Bränden gab es im Lagerhaus Unmengen, die Polarration – und wir uns bei Paramonow beschwerten, wies er an, uns sogar für die vorigen Tage auszugeben.
»Die Tajga ist für alle dieselbe«, sagte er düster.
Wir aßen aus einem gemeinsamen Kessel[91] mit den Freien (sechs Häftlinge und fünfundzwanzig Freie). Wir konnten alles Mögliche bestellen, Zwieback, Butter, Zucker.
Kostenlos – wer nicht wollte, zahlte das Geld auf ein laufendes Konto. Das tat nur einer von uns, der Tischler Pikuljow, der später gekommen war. Nachher, als diese Bezüge abgeschafft wurden, <war> Pikuljow sehr betrübt, dass alles verfallen war.
Ich aber handelte nach dem ewigen Lagergesetz: »Fang das Essen mit dem Besten an.«
Paramonow war selten am Schwarzen See. Er arbeitete mehr in Magadan – setzte sich ein, bemühte sich für das Revier um alles, was ihm zustand. Durch seine <Anforderungen> kamen mehrere Dutzend Menschen an den Schwarzen See für die entlassenen Freien, die, <ständig> mäkelnd[92] und ohne Zylinder, an der Kolyma nicht lange leben wollten.
Plötzlich wurde Paramonow abgelöst wegen Veruntreuung – der Entwendung, dem Diebstahl und direkten Verkauf von Konzentraten, Nudelaufläufen, Fleisch- und Milchkonserven. Man wollte ihn vor Gericht stellen, aber tat es nicht – er wurde aus dem Dalstroj entlassen.
An seiner statt übernahm den Schwarzen See Bogdanow, ein ehemaliger Bevollmächtigter des MWD und des Prozesses von 1938*.
Bogdanow gab täglich Befehle zu Disziplin und Wachsamkeit aus und baute einen Karzer. Er war derselbe Chef, der Briefe entgegennahm, Briefe an mich von meiner Frau – zu der die Verbindung etwa drei Jahre abgebrochen war – und diese Briefe in meinem Beisein zerriss, wozu er mich in seine Wohnung lud. Und die Fetzen warf er in den Müll. All das habe ich in der Erzählung »Bogdanow« beschrieben, mit aller dokumentarischen Verantwortung.
Bogdanow trank Tag und Nacht. Und trug den Alkohol sogar vom Lagerhaus zu sich in die Wohnung. Sein Sekretär Fedja Kartaschow sagte, dass sein Chef vom Morgen an trinkt, vom Aufstehen an, und bis in den Abend – das letzte Mal zur Nacht. All die drei Monate, die Kartaschow bei ihm als Sekretär arbeitete.
In einer Mondnacht, im Winter, erschien am Schwarzen See ein Mann im Mantel mit Pelzkragen von deutlich anderer Machart als an der Kolyma.
Er erschien im Kontor, dem Nachtwächter hatte er einen <Befehl> gezeigt, und weckte den Sekretär des Chefs. Kartaschow wollte den Revierchef wecken, doch der Angereiste verbot das und legte sich auf dem Tisch schlafen.
Kartaschow beschloss, Bogdanow trotzdem zu wecken – ihm war klar, Bogdanow würde ihm dieses Versäumnis nicht verzeihen.
Bogdanow zog seine militärische Majorsuniform an und trat ins Kontor. Der Ankömmling wies ein Dokument vor: »Das Revier innerhalb von 24 Stunden an Gen. Plutalow übergeben.«
»Ich bitte ins Zimmer«, sagte Bogdanow. Plutalow lehnte ab. Er bat, ihm umgehend den Alkohol zu bringen, und versiegelte das Fass mit seinem Siegel. Und blieb gleich im Kontor sitzen die 24 Stunden, in deren Verlauf er das Revier übernahm.
Bogdanows Familie, er hatte nämlich eine schöne Frau und zwei Kinder, reiste auf irgendwelchen zufälligen Rentierschlitten[93] ab, ihre Habe aufgeladen.
Bogdanow reiste ab, ohne im mindesten sein großartiges Aussehen und seine Zuversicht zu verlieren. Später erklärte mir Kartaschow, diese ewige Zuversicht Bodgdanows gründe darin, dass er immer benebelt[94], immer angeheitert war.
Seine Frau prügelte Bogdanow, ohne sich jemandes Beiseins zu schämen.
Früher Winter unter der sicheren und heiteren Hand von Viktor Iwanowitsch Plutalow – einem Bergbauingenieur, der ohne Reserve angereist war, um eine reine Bergbau- und Produktionsabteilung zu eröffnen, und der natürlich nicht nach Kassajew und nach Disziplin fragte.
Es begann eine tatkräftige Arbeit. Man fing an, Schurfund Randgräben zu hauen.
Eine massive Kohlespur führte zur Entfaltung aufwendiger Tätigkeit.
Es war so, dass dieses Revier vom Erkundungsingenieur Popow entdeckt wurde, dem heutigen Chefingenieur von Dalstroj-Kohle. Im Winter wurde die Kohle abgeschlämmt – Popows Prognose sollte bestätigt werden. Für das Revier wurden Mittel bereitgestellt.
Die Kohle verschwand in Verdrückungen und zog sich in die Bergkuppen. Industrielles gab es hier nichts.
Und so hatte man hier nichts gefunden. Schließlich kam die Stunde, als die Oberste Ingenieurkommission das gesamte Revier inspizierte. Zum letzten Mal war an der Kommission auch Popow beteiligt, und sie machte es dicht.
Jetzt fing man an, den Rest der Leute an die Bergwerke zu übergeben – Chejt war nebenan, und dorthin verschwanden sie schnell. Nach Berichten, nach Gesprächen, nach Gerüchten war in Chejt Anatolij Gidasch Barackendienst – er konnte noch vor dem Krieg nach Moskau zurückkehren.
Ich hatte keine solche Bekanntschaft, alle meine Bekannten wurden 1937 erschossen.
Ich ging zu Plutalow und bat ihn offen, mich nicht ins Bergwerk zu schicken, falls man mich losschickt.
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