Bestimmt . Морган Райс. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Морган Райс
Издательство: Lukeman Literary Management Ltd
Серия: Weg der Vampire
Жанр произведения: Героическая фантастика
Год издания: 0
isbn: 9781632910516
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Augenblicke lang betete er einfach weiter, dann sagte er schließlich, ohne sie anzusehen: »Wie können sie töten, was bereits tot ist?«

      Das Splittern von Holz war zu hören.

      »Bitte!«, drängte sie. »Liefern Sie mich ihnen nicht aus.«

      Langsam erhob er sich, ruhig und gelassen, und zeigte auf den Altar. »Dort drin«, erklärte er. »Hinter dem Vorhang befindet sich eine Geheimtür. Geh!«

      Ihr Blick folgte seinem Finger, aber sie sah nur ein großes Podest, das mit meinem seidenglänzenden Tuch bedeckt war. Schnell lief sie darauf zu, zog das Tuch zur Seite und fand die Geheimtür. Sie öffnete sie und quetschte sich in den winzigen Hohlraum.

      Nachdem sie die Tür hinter sich zugezogen hatte, spähte sie durch einen winzigen Spalt nach draußen. Der Priester eilte zu einer Seitentür und stieß sie mit erstaunlicher Kraft auf.

      Genau in dem Moment flog das Hauptportal auf, und der Mob ergoss sich in die Kirche.

      Schnell machte Caitlin die Tür einen Spalt weit auf und zog den Vorhang wieder ganz zu. Dabei hoffte inständig, dass niemand sie bemerkt hatte. Durch einen schmalen Spalt im Holz und im Vorhang konnte sie erkennen, dass die Leute den Gang entlangrasten und direkt auf sie zuzustürmen schienen.

      »Dort entlang!«, rief der Priester. »Die Vampirfrau ist in diese Richtung geflüchtet!«

      Dabei zeigte er auf die Seitentür. Die Menge stürzte an ihm vorbei und verschwand wieder in der Nacht.

      Einige Augenblicke später hatten auch die letzten Verfolger die Kirche verlassen, und es kehrte wieder Ruhe ein.

      Der Priester machte die Tür hinter ihnen zu und schloss sie ab.

      Als seine Schritte auf Caitlin zukamen, öffnete sie zitternd vor Furcht und Kälte die geheime Tür.

      Er schob den Vorhang zur Seite und sah auf sie hinunter.

      Dann streckte er ihr freundlich eine Hand entgegen.

      »Caitlin«, sagte er lächelnd. »Wir haben schon sehr lange auf dich gewartet.«

      2. Kapitel

      Rom, 1790

      Kyle stand in der Dunkelheit und atmete heftig. Es gab nur wenige Dinge, die er mehr hasste als enge Räume. Als er die Hand ausstreckte und die Steinwände fühlte, die ihn umgaben, brach ihm der kalte Schweiß aus. Er war gefangen, es gab fast nichts Schlimmeres für ihn.

      Er holte aus und schlug mit der Faust ein Loch in die Steinwand. Als sie in Stücke zersprang, musste er seine Augen vor dem Tageslicht schützen.

      Wenn Kyle etwas noch mehr hasste, als gefangen zu sein, dann war es helles Tageslicht, das ihn direkt traf, ohne dass er seine Hautfolie angelegt hatte. Schnell sprang er über den Steinschutt und suchte Schutz hinter einer Mauer.

      Jetzt atmete er erst einmal tief durch, wischte sich den Staub aus den Augen und musterte orientierungslos seine Umgebung. Das Unangenehme an Zeitreisen war, dass man nie genau wusste, wo man landen würde. Er hatte es seit Jahrhunderten nicht mehr ausprobiert, und er hätte es auch jetzt nicht getan, gäbe es da nicht diesen quälenden Stachel in seinem Fleisch, diese Caitlin.

      Nachdem sie New York verlassen hatte, war es Kyle ziemlich bald klar geworden, dass er seinen Krieg nur zum Teil gewonnen hatte. Solange sie immer noch frei herumlief und nach dem Schutzschild suchte, konnte er nie wirklich zur Ruhe kommen. Er war so kurz davor gewesen, den Krieg zu gewinnen, die gesamte Menschheit zu versklaven und der Herrscher aller Vampire zu werden. Doch sie, dieses jämmerliche, kleine Mädchen, stand ihm im Weg. Solange es diesen Schutzschild gab, war seine Macht nicht vollkommen. Also hatte er keine andere Wahl, als Caitlin aufzuspüren und zu töten. Und wenn das bedeutete, dass er eine Zeitreise unternehmen musste, dann würde er auch das tun.

      Schnell zog Kyle eine Hautfolie aus der Tasche und wickelte seine Arme, den Hals und den Rumpf ein. Dann sah er sich um und stellte fest, dass er sich in einem Mausoleum befand – es wirkte irgendwie römisch. Rom.

      Seit einer Ewigkeit war er nicht mehr in Rom gewesen. Doch er war nicht ganz sicher, ob es wirklich in Rom war – durch das Zerschlagen des Marmors hatte er so viel Staub aufgewirbelt hatte, dass er nicht richtig sehen konnte. Erneut atmete er tief durch, sammelte seine Kräfte und ging nach draußen.

      Er hatte recht gehabt, es war tatsächlich Rom. Als er die italienischen Zypressen sah, war ihm klar, dass es kein anderer Ort sein konnte. Er stand mitten auf dem Forum Romanum, vor ihm erstreckten sich das grüne Gras, die Hügel und Täler und die Ruinen der antiken Bauwerke Roms. Der Anblick weckte Erinnerungen – hier hatte er viele Leute getötet, als das Forum Romanum noch genutzt wurde, und einmal war er beinahe selbst ums Leben gekommen. Bei dem Gedanken lächelte er. Er mochte diesen Ort.

      Außerdem war er perfekt für seine Zwecke geeignet. Das Pantheon war nicht weit entfernt, was bedeutete, dass er in kürzester Zeit bei den Richtern des Großen Rates von Rom vorsprechen konnte. Sie standen dem mächtigsten Vampirclan in Rom vor, und von ihnen würde er alle Antworten bekommen, die er brauchte. Sehr bald würde er wissen, wo Caitlin sich aufhielt, und wenn alles gut lief, bekäme er auch die Erlaubnis, sie zu töten.

      Nicht, dass er eine Erlaubnis brauchen würde. Das war bloß Höflichkeit, Vampir-Etikette, die Befolgung von Jahrtausende alten Traditionen. Man bemühte sich immer um eine Genehmigung, wenn man jemanden auf dem Territorium eines anderen Clans töten wollte.

      Doch selbst wenn sie sein Ersuchen ablehnen würden, würde er sich nicht von seinem Plan abhalten lassen. Das könnte die Dinge für ihn schwieriger gestalten, aber er würde einfach jeden töten, der sich ihm in den Weg stellte.

      Kyle atmete die Luft Roms tief ein und fühlte sich sofort heimisch. Er war zu lange nicht mehr hier gewesen. Das New York der Neuzeit, die Vampirpolitik und die moderne Zeit hatten ihn zu sehr in Anspruch genommen. Das hier entsprach viel mehr seinem Stil. Als er in der Ferne Pferde und unbefestigte Straßen sah, vermutete er, dass er wahrscheinlich im achtzehnten Jahrhundert gelandet war. Perfekt. Rom war städtisch, aber noch sehr naiv und hatte noch zweihundert Jahre aufzuholen.

      Als Kyle seinen Körper genau untersuchte, stellte er fest, dass er diesmal die Reise in die Vergangenheit ziemlich gut überstanden hatte. Bei vorhergehenden Reisen war er wesentlich mitgenommener gewesen und hatte mehr Zeit zur Erholung gebraucht. Nicht so bei dieser Reise – er fühlte sich stärker als je zuvor und war bereit, sofort loszulegen. Er spürte, dass seine Flügel sehr bald wachsen würden, und er direkt zum Pantheon fliegen könnte, wenn er wollte.

      Doch er war noch nicht bereit, denn er hatte sich zu lange keinen Urlaub mehr gegönnt. Daher wollte er sich ein wenig umsehen und sich erinnern, wie es gewesen war, hier zu leben.

      Mit unglaublicher Geschwindigkeit sprang Kyle den Hügel hinunter und hatte das Forum im Handumdrehen hinter sich gelassen. Dann mischte er sich unter die Menschen auf den belebten, vollen Straßen Roms.

      Staunend stellte er fest, dass Rom sogar schon zweihundert Jahre früher überfüllt gewesen war.

      Langsam ließ er sich im Gedränge mittreiben. Auf dem breiten Boulevard, der noch unbefestigt war, eilten Tausende von Menschen in alle Richtungen. Überall sah man Pferde aller Größen und Formen, außerdem von Pferden gezogene Karren, Fuhrwerke und Kutschen. Die Straßen stanken nach menschlichen Ausdünstungen und Pferdemist. Jetzt erinnerte Kyle sich wieder an die fehlende Kanalisation und die mangelhafte Körperhygiene – es war der Gestank alter Zeiten. Er machte ihn regelrecht krank.

      Kyle wurde ständig angerempelt, während die Menschenmenge immer dichter wurde. Menschen aller Rassen und Klassen hasteten hin und her. Er wunderte sich über die primitiven Fassaden der Läden, in denen altmodische italiensche Hüte feilgeboten wurden. Kleine Jungen in Lumpen kamen auf ihn zu und boten Obst zum Verkauf an. Manche Dinge änderten sich einfach nie.

      Dann bog Kyle in eine schmale, heruntergekommene Gasse ein, an die er sich gut erinnerte. Er hoffte, dass sie noch das war, was sie einst gewesen war. Zu seinem Entzücken wurde er nicht enttäuscht – an den Hauswänden lehnten Prostituierte, die ihn alle ansprachen, als er vorbeiging.

      Kyle