Превращение / Die Verwandlung. Уровень 4. Франц Кафка. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Франц Кафка
Издательство: Издательство АСТ
Серия: Легко читаем по-немецки
Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 2019
isbn: 978-5-17-113975-9
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mich auch nur im Geringsten für Sie einzusetzen. Und Ihre Stellung ist durchaus nicht die festeste. Ich hatte ursprünglich die Absicht, Ihnen das alles unter vier Augen[37] zu sagen, aber da Sie mich hier nutzlos meine Zeit versäumen lassen, weiß ich nicht, warum es nicht auch Ihr Herren Eltern erfahren sollen. Ihre Leistungen in der letzten Zeit waren also sehr unbefriedigend; es ist zwar nicht die Jahreszeit, um besondere Geschäfte zu machen, das erkennen wir an; aber eine Jahreszeit, um keine Geschäfte zu machen, gibt es überhaupt nicht, Herr Samsa, darf es nicht geben.“

      „Aber Herr Prokurist“, rief Gregor außer sich und vergaß in der Aufregung alles andere, „ich mache ja sofort, augenblicklich[38] auf. Ein leichtes Unwohlsein, ein Schwindelanfall, haben mich verhindert aufzustehen. Ich liege noch jetzt im Bett. Jetzt bin ich aber schon wieder ganz frisch. Eben steige ich aus dem Bett. Nur einen kleinen Augenblick Geduld! Es geht noch nicht so gut; wie ich dachte. Es ist mir aber schon wohl. Noch gestern Abend war mir ganz gut, meine Eltern wissen es ja, oder besser, schon gestern Abend hatte ich eine kleine Vorahnung[39]. Warum habe ich es nur im Geschäfte nicht gemeldet! Aber man denkt eben immer, dass man die Krankheit ohne Zuhausebleiben überstehen wird. Herr Prokurist! Schonen Sie meine Eltern! Für alle die Vorwürfe, die Sie mir jetzt machen, ist ja kein Grund. Sie haben vielleicht die letzten Aufträge, die ich geschickt habe, nicht gelesen. Übrigens, noch mit dem Achtuhrzug fahre ich auf die Reise, die paar Stunden Ruhe haben mich gekräftigt. Halten Sie sich nur nicht auf, Herr Prokurist; ich bin gleich selbst im Geschäft, und haben Sie die Güte, das zu sagen und mich dem Herrn Chef zu empfehlen!“

      Und während Gregor dies alles hastig ausstieß und kaum wusste, was er sprach, hatte er sich leicht dem Kasten genähert und versuchte nun, an ihm sich aufzurichten. Er wollte tatsächlich die Tür aufmachen, tatsächlich sich sehen lassen und mit dem Prokuristen sprechen; er war begierig zu erfahren, was die anderen bei seinem Anblick sagen würden. Würden sie erschrecken, dann hatte Gregor keine Verantwortung mehr und konnte ruhig sein. Würden sie aber alles ruhig hinnehmen, dann hatte auch er keinen Grund sich aufzuregen, und konnte, wenn er sich beeilte, um acht Uhr tatsächlich auf dem Bahnhof sein.

      „Haben Sie auch nur ein Wort verstanden?“, fragte der Prokurist die Eltern, „er macht sich doch wohl nicht einen Narren aus uns?[40]“ „Um Gottes willen“, rief die Mutter schon unter Weinen, „er ist vielleicht schwer krank, und wir quälen ihn. Grete! Grete!“ schrie sie dann. „Mutter?“ rief die Schwester von der anderen Seite. Sie verständigten sich durch Gregors Zimmer. „Du musst augenblicklich zum Arzt. Gregor ist krank. Rasch um den Arzt. Hast du Gregor jetzt reden hören?“ „Das war eine Tierstimme“, sagte der Prokurist, auffallend leise gegenüber dem Schreien der Mutter.

      „Anna! Anna!“ rief der Vater durch das Vorzimmer in die Küche und klatschte in die Hände, „sofort einen Schlosser[41] holen!“ Und schon liefen die zwei Mädchen durch das Vorzimmer und rissen die Wohnungstüre auf. Man hörte gar nicht die Türe zuschlagen; sie hatten sie wohl offen gelassen, wie es in Wohnungen zu sein pflegt, in denen ein großes Unglück geschehen ist.

      Gregor war aber viel ruhiger geworden. Man verstand zwar also seine Worte nicht mehr, trotzdem sie ihm genug klar, vorgekommen waren. Aber immerhin glaubte man nun schon daran, dass es mit ihm nicht ganz in Ordnung war, und war bereit, ihm zu helfen. Die Zuversicht und Sicherheit, mit welchen die ersten Anordnungen getroffen worden waren, taten ihm wohl. Er fühlte sich wieder einbezogen[42] in den menschlichen Kreis und erhoffte von beiden, vom Arzt und vom Schlosser, ohne sie eigentlich genau zu scheiden, großartige und überraschende Leistungen. Im Nebenzimmer war es inzwischen ganz still geworden. Vielleicht saßen die Eltern mit dem Prokuristen beim Tisch und tuschelten, vielleicht lehnten alle an der Türe und horchten.

      Gregor schob sich langsam mit dem Sessel zur Tür hin, ließ ihn dort los, warf sich gegen die Tür, hielt sich an ihr aufrecht – die Ballen[43] seiner Beinchen hatten ein wenig Klebstoff – und ruhte sich dort einen Augenblick lang von der Anstrengung aus. Dann aber machte er sich daran, mit dem Mund den Schlüssel im Schloss umzudrehen. Es schien leider, dass er keine eigentlichen Zähne hatte, – womit sollte er gleich den Schlüssel fassen? – aber dafür waren die Kiefer[44] freilich sehr stark; mit ihrer Hilfe brachte er auch wirklich den Schlüssel in Bewegung und achtete nicht darauf, dass er sich zweifellos irgendeinen Schaden zufügte, denn eine braune Flüssigkeit kam ihm aus dem Mund, floss über den Schlüssel und tropfte auf den Boden.

      „Hören Sie nur“, sagte der Prokurist im Nebenzimmer, „er dreht den Schlüssel um.“ Das war für Gregor eine große Aufmunterung; aber alle hätten ihm zurufen sollen, auch der Vater und die Mutter: „Frisch, Gregor“, hätten sie rufen sollen, „immer nur heran, fest an das Schloss heran!“ Und in der Vorstellung, dass alle seine Bemühungen mit Spannung verfolgten, verbiss er sich mit allem, was er an Kraft aufbringen konnte, besinnungslos in den Schlüssel. Der hellere Klang des endlich zurückschnappenden Schlosses erweckte Gregor förmlich. Aufatmend sagte er sich: „Ich habe also den Schlosser nicht gebraucht“, und legte den Kopf auf die Klinke[45], um die Türe gänzlich zu öffnen.

      Da er die Türe auf diese Weise öffnen musste, war sie eigentlich schon recht weit geöffnet, und er selbst noch nicht zu sehen. Er musste sich erst langsam um den einen Türflügel herumdrehen, und zwar sehr vorsichtig, wenn er nicht gerade vor dem Eintritt ins Zimmer plump[46] auf den Rücken fallen wollte. Er war noch mit jener schwierigen Bewegung beschäftigt und hatte nicht Zeit, auf anderes zu achten, da hörte er schon den Prokuristen ein lautes „Oh!“ ausstoßen – es klang, wie wenn der Wind saust und nun sah er ihn auch, wie er die Hand gegen den offenen Mund drückte und langsam zurückwich. Die Mutter sah zuerst mit gefalteten Händen den Vater an, ging dann zwei Schritte zu Gregor hin und fiel nieder, das Gesicht ganz unauffindbar zu ihrer Brust gesenkt. Der Vater ballte mit feindseligem Ausdruck die Faust, als wolle er Gregor in sein Zimmer zurückstoßen, sah sich dann unsicher im Wohnzimmer um, beschattete[47] dann mit den Händen die Augen und weinte, dass sich seine mächtige Brust schüttelte.

      Gregor trat nun gar nicht in das Zimmer, sondern lehnte sich an den Türflügel[48], so dass sein Leib nur zur Hälfte und darüber der seitlich geneigte Kopf zu sehen war. Es war inzwischen viel heller geworden; klar stand auf der anderen Straßenseite ein Ausschnitt des gegenüberliegenden, endlosen, grauschwarzen Hauses – es war ein Krankenhaus – mit seinen hart die Front durchbrechenden regelmäßigen Fenstern; der Regen fiel noch nieder, aber nur mit großen, einzeln sichtbaren und förmlich auch einzelnweise auf die Erde hinuntergeworfenen Tropfen. Das Frühstücksgeschirr stand in überreicher Zahl auf dem Tisch, denn für den Vater war das Frühstück die wichtigste Mahlzeit des Tages, die er bei der Lektüre verschiedener Zeitungen stundenlang hinzog[49]. Gerade an der gegenüberliegenden Wand hing eine Photographie Gregors aus seiner Militärzeit, die ihn als Leutnant darstellte, wie er, die Hand am Degen[50], sorglos lächelnd, Respekt für seine Haltung und Uniform verlangte. Die Tür zum Vorzimmer war geöffnet, und man sah, da auch die Wohnungstür offen war, auf den Vorplatz der Wohnung hinaus und auf den Beginn der abwärts führenden Treppe.

      „Nun“, sagte Gregor und war sich dessen wohl bewusst, dass er der einzige war, der die Ruhe bewahrt hatte, „ich werde mich gleich anziehen, die Kollektion zusammenpacken und wegfahren. Wollt Ihr, wollt Ihr mich wegfahren lassen? Nun, Herr Prokurist, Sie sehen, ich bin nicht starrköpfig[51] und ich arbeite gern; das Reisen ist beschwerlich, aber ich könnte ohne das Reisen nicht leben. Wohin gehen Sie denn, Herr Prokurist? Ins Geschäft? Ja? Werden Sie alles wahrheitsgetreu[52] berichten? Man kann im Augenblick unfähig sein zu arbeiten,


<p>37</p>

unter vier Augen – с глазу на глаз, наедине

<p>38</p>

augenblicklich – сразу, немедленно

<p>39</p>

Vorahnung f =, -en – предчувствие

<p>40</p>

einen Narren aus j-m machen – потешаться, смеяться над кем-л.

<p>41</p>

Schlosser m -(e)s, =, – слесарь

<p>42</p>

einbezogen – включенный, приобщенный

<p>43</p>

Ballen pl – подушечки (на лапах зверей)

<p>44</p>

Kiefer m -s, = – челюсть

<p>45</p>

Klinke f =, -n – дверная ручка, щеколда

<p>46</p>

plump – неуклюже, неловко

<p>47</p>

beschatten – заслонять от солнца

<p>48</p>

Türflügel m -s, = – дверная створка

<p>49</p>

hinziehen – тянуть время

<p>50</p>

Degen m -s, = – шпага

<p>51</p>

starrköpfig – упрямый

<p>52</p>

wahrheitsgetreu – достоверный