Florens Abentheuer in Afrika, und ihre Heimkehr nach Paris. Zweiter Band. Julius von Voss. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Julius von Voss
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Книги о Путешествиях
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und können sie Tata nicht ganz überwältigen, so wird doch während eines nächtlichen Kampfes, der von der Stadt unterstützt werden muß, es möglich werden, Hundert beladene Kameele in ein Thor zu treiben.

      Flore rief aus: Ich verdanke der Erfindung Perottis in jenem Aufruhr das Leben; Alonzos kühne Einfälle haben mich in der Gunst des Volkes befestigt, und Tatas Angriffe bis jetzt vereitelt; wer nun noch Mittel erdenkt, diese Schaaren dem Hungertode zu entziehn, hat einen gleichen Anspruch auf meinen Dank.

      Alonzo sprach: So viel der Europäer sonst möglich machen kann, hier will mir nichts beifallen. Und die Hoffnung, welche der Neger hegt, scheint sehr unsicher, es wäre denn, der Haufe von Getreuen hätte sich über die Erwartung beträchtlich gemehrt. Dann steh ich für den Anführer ein.

      Aber wer ist denn dieser Anführer? Davon weiß ich ja noch nichts, sagte Flore.

      Alonzo erwiederte lächelnd: Einer unserer Caffern, der viel Talent zum Kriege offenbarte.

      Perotti kratzte den Kopf, und nahm das Wort: Ich habe schon an so vielerlei gedacht. Wären nur Tauben abzurichten, die in ganzen Schaaren zu unsern Freunden flögen, und denen diese kleine Fläschchen mit Wein, oder Ananas an den Hals hingen, oder wenn unsre Anhänger eine Batterie von großen Mörsern zu errichten wüßten, und uns daraus Melonen, Pfauenschinken und Korbflaschen mit Maraskinoliqueuren zuwürfen.

      Ein kühner Ausfall, nahm Alonzo wieder das Wort, muß uns Proviant erkämpfen. Wir bemächtigen uns der Vorräthe, welche der Feind häufte, mit Gewalt.

      Flore war in Traurigkeit versunken. Und wohin führte es am Ende, fragte sie, wenn auch das noch gelänge?

      Sei getrost, sprach der Darkullaner. Dieser Mehemed sprach von Tauben. Es war eine Art Ahnung. Wisse, daß ich schon seit einigen Wochen mit unsern Freunden durch Tauben Briefe wechsle. Was ich vorhin sagte, geschah, dich nach und nach auf eine höchst freudige Botschaft vorzubereiten. Ich brauche nicht von dannen zu schleichen, denn in dieser Nacht kömmt Hülfe.

      Alle schrien froh auf.

      Zum Heer ist das Häuflein im Dattelwalde herangewachsen. Alle Caffern vom Lande und begnadigte Beduinen schlugen sich zu ihm. Besser wurde es schon eingeübt, wie Tatas Krieger. Auch sie haben sich den schwarzen Staub bereitet, der im Kampfe so furchtbar ist. Doch fertigten sie auch Röhre aus Giraffengebeinen mit seidnen Strängen, Leder und Eisenwerk überzogen, an, und schleudern geglättete Steine. Genug, die Rettung ist nahe. Wir müssen uns nur bereit halten, einen kräftigen Ausfall durch das Thor zu thun, während Tatas Krieger von rückwärts angegriffen werden, und alles wird gut gehn. Sind wir Ueberwinder, fällt auch Tatas Anhang der Sultanin zu. Alle die noch zaudern, und um der Sicherheit willen, partheilos gelten wollen, schließen sich dann an unsere Sache, Nene ist Meisterin des inneren Darkulla und indem sie den Eingang versperrt, wird Kuku auf immer von der Herrschaft ausgeschlossen.

      „Das würde nimmer geschehn, wie mir auch das Waffenglück lächelte. Dem Sultan darf ich sein Land nicht vorenthalten, nur muß er sich mit mir verständigen, und einen guten Frieden eingehn, dessen Hauptpunkt mein Abzug zu den Meinen ist.“

      So Flore. Alonzo und Perotti dagegen meinten: wenn die Herrschaft befestigt wäre, müsse es sich doch ganz artig in Darkulla leben lassen.

      Zehntes Kapitel.

      Entsatz

      Der Neger hatte keine Unwahrheit gesagt. Gegen die Tiefe der Nacht erhob sich in Tatas Lager jähling ein wildes Geschrei: Zu den Waffen! Wir sind verrathen! In demselben Augenblicke vernahm man auch Artillerieschüsse, Sausen der Wurflanzen, Schwirren der Pfeile, Säbelklang, Wehklage der Sterbenden und Verwundeten, und was der Ripienstimmen noch mehr sind, welche ein Schlachtkonzert zusammensetzen, und die nachzuahmen, doch keinem andern Tondichter gelingen will.

      In der Stadt waren Tausend Mann schon am Abend bereit gestellt worden, um in diesem Fall durch ein Thor auszubrechen, Alonzo bat sich nun die Ehre aus, sie anführen zu dürfen, und lud Perotti ein, die Rolle seines Lieutenants dabei zu übernehmen.

      Gern, recht gern, rief dieser, und nahm einen langen Spieß in die Hand. Aber Cospetto di baco! brach er mit einemmale aus, können wir auch den Ausfall wohl sicher wagen? Kann Tata nicht den Darkullaner gewonnen haben, all das Getöse Kriegslist seyn, und man nur eine Falle legen?

      Der Darkullaner überlieferte sich sogleich der Leibwache Florens, und bedeutete sie, ihm den ärgsten Martertod zu geben, falls er gelogen hätte.

      Bei dem allen, meinte Perotti, sei es doch besser, er bliebe innerhalb, im schlimmen Fall dem Spanier einen gesicherten Rückzug zu bereiten.

      Dieser lächelte. Ich merke, Signor Perotti, ihr seid ein besserer Meister in List, wie in Tapferkeit.

      Kann sein, war die Antwort, verschieden theilte die Natur ihre Gaben aus.

      Nun wurden die Balken, womit man die Thore verrammelt hatte, von einem derselben weggeschafft, mit einem Flosse der Weg über den Graben gebahnt, und Alonzos Trupp, durchglüht von Kampfgier und Verwegenheit, trat den Marsch an.

      Tatas Krieger waren schon in die übelste Verlegenheit gerathen. Nicht in den Rücken erwarteten sie einen Angriff, die Wachen standen alle gegen die Stadt, hinterwärts Zelte, Hütten, Vieh, die Behältnisse der Vorräthe. Um nun gleich etwas entgegen werfen zu können, mußten die Wachen, durchs Lager nach hinten eilen. Da Alonzo aber eintraf, fand er keinen offnen Widerstand, und drang gleich bis ins Lager, wo die aus dem Schlaf erwachten Krieger erst gestellt wurden, und von der Stadt aus keinen Anfall ahnend, den Rücken dahin wendeten. Leicht ward es so, im Gemetzel Herr zu werden, und die Feinde zu Schaaren hinzustrecken.

      Bald war eine große Lücke durchbrochen, und die Bündner, durch ein Loosungswort einander kenntlich, das in des Darkullaners Briefwechsel verabredet war, stießen zusammen. Alles vom Feinde Uebrige wurde in die Seite genommen, und das ist bekanntlich die Schaam des Kriegers, die ja bedeckt gehalten werden muß. Man rollte rund um die Stadt auf. Gnade nahm keiner der Belagerer an, obgleich das zur Wehr stellen, ganz zwecklos war, da gegen die überaus schmale Vertheidigung eine so breite Säule herandrang. Der aufdämmernde Morgen zeigte den Siegern den freudigen Gräuelanblick erst ganz, die Stadt war gleichsam mit einem Gürtel von schwarzen Leichnamen umgeben. Tata war gleich anfangs getödtet worden.

      Wie der Seefahrer, den die ganze gewitterschwere Nacht hindurch, die Furcht vor Klippen und Sandbänken ängstete, am Morgen froh aufathmet, wenn Titans erste Strahlen die Einfahrt des freundlichen Hafens beleuchten, so fühlte Nene den Busen erleichtert, da, nachdem die Finsterniß geendet hatte, ein Bote auf den andern mit Siegesnachrichten erschien. Endlich kam Alonzo selbst und legte Tatas Schwert vor ihr nieder. Er war verwundet, doch nicht schwer. Flore umarmte den kühnen Greis dankbar.

      Nun traf ein Caffer ein. Ihm folgten Hundert Kameele mit Lebensvorräthen, zudem alle dem Feinde abgenommene Waffen und Kostbarkeiten, welche andere Lastthiere trugen. Der Caffer fragte: wohin die Sultanin beföhle, daß alles das gebracht würde?

      Flore überließ es Alonzo, Sorge zu tragen, riß ihre Diamanten vom Halse, sie dem Caffer zu schenken, und rief: Aber wo ist der Anführer des Heeres, dem wir Rettung verdanken? Warum seh ich den Helden nicht, ihm in meinen Freudenthränen die Fülle der Erkenntlichkeit zu weinen? Jener antwortete: Schon zieht er mit den Truppen ab, die hier nicht mehr nöthig sind, da nicht einer von deinen Feinden noch lebt. Er wird den Felsenpaß besetzen, damit kein neuer Widersacher eindringe.

      Und ich soll ihn nicht sehn? Nimmermehr, eile ihn zurückzurufen!

      Er wird sich nur zeigen, Sultanin, wenn dein Streit mit Kuku endete.

      Nun, fiel Alonzo lächelnd ein, da müssen ihn doch wichtige Gründe bestimmen. Wärs auch nur die zarte Bescheidenheit, die keinen Dank ärndten will, gebührt es sich, sie zu ehren.

      O, rief Flore in Feuer, hier ist nicht bloß von meinem Dank die Rede. Die Sultanin muß ihm die Stirn mit einem Lorbeer schmücken. Und den hat ja, wie ich hörte, Cäsar getragen, und er soll doch auch bescheiden gewesen seyn.

      Cäsar, gab der Spanier zur Antwort, hatte ein kahles Haupt; dies Gebrechen zu verbergen, diente ihm die Zweigkrone. Laß deinen Helden ziehn, nöthig ist es, den Felsenpaß zu besetzen.

      Flore mußte