Die Räuber. Friedrich von Schiller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich von Schiller
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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Spiegelberg! He Spiegelberg! – Die Bestie hört nicht.

      Grimm (schüttelt ihn.) Kerl! träumst du, oder? —

      Spiegelberg (der sich die ganze Zeit über mit den Pantomimen eines Projektmachers im Stubeneck abgearbeitet hat, springt wild auf.) La Bourse ou la vie! (und packt Schweizern an der Gurgel, der ihn gelassen an die Wand wirft, – Moor läßt den Brief fallen, und rennt hinaus. Alle fahren auf.)

      Roller (ihm nach.) Moor! wonaus, Moor? was beginnst du?

      Grimm. Was hat er, was hat er? Er ist bleich wie die Leiche.

      Schweizer. Das müssen schöne Neuigkeiten seyn! Laß doch sehen!

      Roller (nimmt den Brief von der Erde, und liest.)

      »Unglücklicher Bruder!« der Anfang klingt lustig. »Nur kürzlich muß ich dir melden, daß deine Hoffnung vereitelt ist – du sollst hingehen, läßt dir der Vater sagen, wohin dich deine Schandthaten führen. Auch, sagt er, werdest du dir keine Hoffnung machen, jemals Gnade zu seinen Füssen zu erwimmern, wenn du nicht gewärtig seyn wollest, im untersten Gewölb seiner Thürme mit Wasser und Brod so lang traktirt zu werden, bis deine Haare wachsen wie Adlers-Federn, und deine Nägel wie Vogelsklauen werden. Das sind seine eigene Worte. Er befiehlt mir, den Brief zu schliessen. Leb wohl auf ewig! Ich bedaure dich —

Franz von Moor

      Schweizer. Ein zuckersüsses Brüdergen! In der That! – Franz heißt die Kanaille?

      Spiegelberg. (sachte herbey schleichend.) Von Wasser und Brod ist die Rede? Ein schönes Leben! Da hab ich anders für euch gesorgt! Sagt' ichs nicht, ich müßt' am Ende für euch alle denken?

      Schweizer. Was sagt der Schafskopf? der Esel will für uns alle denken?

      Spiegelberg. Haasen, Krüppel, lahme Hunde seyd ihr alle, wenn ihr das Herz nicht habt, etwas Grosses zu wagen!

      Roller. Nun, das wären wir freylich, du hast recht – aber wird es uns auch aus dieser vermaledeyten Lage reissen, was du wagen wirst? wird es? —

      Spiegelberg (mit einem stolzen Gelächter.) Armer Tropf! aus dieser Lage reissen? hahaha! – aus dieser Lage reissen? – und auf mehr raffinirt dein Fingerhut voll Gehirn nicht? und damit trabt deine Mähre zum Stalle? Spiegelberg müßte ein Hundsvott seyn, wenn er mit dem nur anfangen wollte. Zu Helden, sag ich dir, zu Freyherrn, zu Fürsten, zu Göttern wirds euch machen!

      Razmann. Das ist viel auf einen Hieb, wahrlich! Aber es wird wohl eine halsbrechende Arbeit seyn, den Kopf wirds wenigstens kosten.

      Spiegelberg. Es will nichts als Muth, denn was den Witz betrifft, den nehm ich ganz über mich. Muth, sag ich, Schweizer! Muth, Roller, Grimm, Razmann, Schufterle! Muth! —

      Schweizer. Muth? Wenn's nur das ist – Muth hab ich genug um baarfuß mitten durch die Hölle zu gehn.

      Schufterle. Muth genug, mich unterm lichten Galgen mit dem leibhaftigen Teufel um einen armen Sünder zu balgen.

      Spiegelberg. So gefällt mir's! Wenn ihr Muth habt, tret einer auf, und sag: Er habe noch etwas zu verlieren, und nicht alles zu gewinnen! —

      Schwarz. Wahrhaftig, da gäb's manches zu verlieren, wenn ich das verlieren wollte, was ich noch zu gewinnen habe!

      Razmann. Ja, zum Teufel! und manches zu gewinnen, wenn ich das gewinnen wollte, was ich nicht verlieren kann.

      Schufterle. Wenn ich das verlieren müßte, was ich auf Borgs auf dem Leibe trage, so hätt' ich allenfalls morgen nichts mehr zu verlieren.

      Spiegelberg. Also denn! (Er stellt sich mitten unter sie mit beschwörendem Ton.) Wenn noch ein Tropfen deutschen Heldenbluts in euren Adern rinnt – kommt! Wir wollen uns in den böhmischen Wäldern niederlassen, dort eine Räuberbande zusammen ziehen, und – Was gafft ihr mich an? – ist euer Bisgen Muth schon verdampft?

      Roller. Du bist wohl nicht der erste Gauner, der über den hohen Galgen weggesehen hat – und doch – Was hätten wir sonst noch für eine Wahl übrig?

      Spiegelberg. Wahl? Was? nichts habt ihr zu wählen! Wollt ihr im Schuldthurm stecken, und zusammenschnurren, bis man zum jüngsten Tag posaunt? Wollt ihr euch mit der Schaufel und Haue um einen Bissen trocken Brod abquälen? Wollt ihr an der Leute Fenster mit einem Bänkelsänger-Lied ein mageres Allmosen erpressen? oder wollt ihr zum Kalbsfell schwören – und da ist erst noch die Frage, ob man euren Gesichtern traut – und dort unter der milzsüchtigen Laune eines gebieterischen Korporals das Fegfeuer zum voraus abverdienen? oder bey klingendem Spiel nach dem Takt der Trommel spatzieren gehn, oder im Gallioten-Paradies das ganze Eisen-Magazin Vulkans hinterherschleifen? Seht, das habt ihr zu wählen, da ist es beysammen, was ihr wählen könnt!

      Roller. So unrecht hat der Spiegelberg eben nicht. Ich hab auch meine Plane schon zusammen gemacht, aber sie treffen endlich auf eins. Wie wär's, dacht' ich, wenn ihr euch hinsetztet, und ein Taschenbuch oder einen Almanach, oder so was ähnlichs zusammensudeltet, und um den lieben Groschen recensirtet, wie's wirklich Mode ist?

      Schufterle. Zum Henker! ihr rathet nah zu meinen Projekten. Ich dachte bey mir selbst, wie wenn du ein Pietist würdest, und wöchentlich deine Erbauungsstunden hieltest?

      Grimm. Getroffen! und wenn das nicht geht, ein Atheist! Wir könnten die vier Evangelisten auf's Maul schlagen, liessen unser Buch durch den Schinder verbrennen, und so gieng's reissend ab.

      Razmann. Oder zögen wir wider die Franzosen zu Felde – ich kenne einen Doktor, der sich ein Haus von purem Quecksilber gebauet hat, wie das Epigramm auf der Hausthüre lautet.

      Schweizer. (Steht auf und gibt Spiegelberg die Hand.) Moriz, du bist ein grosser Mann! – oder es hat ein blindes Schwein eine Eichel gefunden.

      Schwarz. Vortreffliche Plane! honnete Gewerbe! Wie doch die grossen Geister sympathisiren! Izt fehlte nur noch, daß wir Weiber und Kupplerinnen würden, oder gar unsere Jungferschaft zu Markte trieben.

      Spiegelberg. Possen, Possen! Und was hinderts, daß ihr nicht das meiste in einer Person seyn könnt? Mein Plan wird euch immer am höchsten poussiren, und da habt ihr noch Ruhm und Unsterblichkeit! Seht arme Schlucker! Auch so weit muß man hinausdenken! Auch auf den Nachruhm, das süsse Gefühl von Unvergeßlichkeit —

      Roller. Und oben an in der Liste der ehrlichen Leute! Du bist ein Meister-Redner, Spiegelberg, wenn's drauf ankommt, aus einem ehrlichen Mann einen Hollunken zu machen – Aber sag doch einer, wo der Moor bleibt? —

      Spiegelberg. Ehrlich, sagst du? Meynst du, du seyst nachher weniger ehrlich, als du izt bist? Was heist du ehrlich? Reichen Filzen ein Drittheil ihrer Sorgen vom Hals schaffen, die ihnen nur den goldnen Schlaf verscheuchen, das stockende Geld in Umlauf bringen, das Gleichgewicht der Güter wieder herstellen, mit einem Wort, das goldne Alter wieder zurückrufen, dem lieben Gott von manchem lästigen Kostgänger helfen, ihm Krieg, Pestilenz, theure Zeit und Doktors ersparen – siehst du, das heiß ich ehrlich seyn, das heiß ich ein würdiges Werkzeug in der Hand der Vorsehung abgeben, – und so bey jedem Braten, den man ißt, den schmeichelhaften Gedanken zu haben: den haben dir deine Finten, dein Löwenmuth, deine Nachtwachen erworben – von groß und klein respektirt zu werden —

      Roller. Und endlich gar bey lebendigem Leibe gen Himmel fahren, und trotz Sturm und Wind, trotz dem gefrässigen Magen der alten Urahne Zeit unter Sonn und Mond und allen Fixsternen schweben, wo selbst die unvernünftigen Vögel des Himmels, von edler Begierde herbeygelockt, ihr himmlisches Koncert musiciren, und die Engel mit Schwänzen ihr hochheiliges Synedrium halten? Nicht wahr? – und wenn Monarchen und Potentaten von Motten und Würmern verzehrt werden, die Ehre haben zu dürfen, von Jupiters königlichem Vogel Visiten anzunehmen? – Moriz, Moriz, Moriz! nimm dich in Acht! nimm dich in Acht, vor dem dreybeinigten Thiere!

      Spiegelberg. Und das schröckt dich, Hasenherz? ist doch schon manches Universal-Genie, das die Welt hätte reformiren können, auf dem Schind-Anger verfault, und spricht man nicht von so einem Jahrhunderte, Jahrtausende